Während das Schweden-Märchen endet, erfüllt sich die Nummer 86 der Welt seinen Traum
Er kommt „mitten aus dem Nirgendwo“, wie Andreas Harrysson seine schwedische Heimat beschreibt. Beinahe hätte ihn sein Weg mitten ins Rampenlicht der Dartswelt geführt. Harrysson war im Achtelfinale der Darts-WM zwei Satzgewinne davon entfernt, sein Leben beim Debüt im Ally Pally für immer zu verändern. Durch einen Sieg gegen den Waliser Jonny Clayton hätte der Schwede mit dem markanten Bart 100.000 Pfund verdient. Genug Preisgeld, um unter die Top 64 der Weltrangliste zu springen. Am Ende kam es anders, Clayton siegte mit 4:2.
Aufatmen darf durch dieses Ergebnis ein deutscher Dartsprofi. Durch Harryssons Aus steht fest, dass Lukas Wenig seine Karte für die Profitour behalten darf. Wenig war bei der WM Mitte Dezember in der ersten Runde an Wesley Plaisier (1:3) gescheitert. Seitdem saß er 16 Tage auf dem heißen Stuhl. Es galt zwar als sehr unwahrscheinlich, dass er noch aus den Top 64 herausrutscht, dafür hätten sowohl Harrysson als auch Justin Hood und Charlie Manby ihre Achtelfinalpartien gewinnen müssen.
Ungeklärt ist zudem der Fall Dom Taylor, der nach einem positiven Dopingtest von der WM ausgeschlossen wurde. Von einer möglichen Preisgeldstreichung oder Wegnahme der Tourkarte des Engländers hätte Wenig im Zweifel auch noch profitieren können. Dass es so weit gar nicht erst kommt, dürfte aber für Erleichterung bei Wenig sorgen.
Wenig hatte sich durch sein Viertelfinale beim Grand Slam und die Qualifikation für die WM erst zum Jahresende in die Position gebracht, die Tourkarte zu verteidigen. Beim Grand Slam strich er 28.500 Pfund ein, für die kurze WM gab es immerhin 15.000 Pfund. Wenig steht im Live-Ranking der Weltrangliste auf Platz 62.
Harrysson hingegen dürfte sich ärgern. Er hatte seinen walisischen Gegner von Beginn an unter Druck gesetzt. Fünf von sechs Sätzen gingen über die volle Distanz, der Schwede präsentierte sich bis zum Stand von 2:2 vor allem auf die Doppel eiskalt. Clayton hingegen erreichte nie sein Top-Niveau – und hatte Glück, dass Harrysson die Nerven fehlten. Der Schwede verpasste mehr als ein halbes Dutzend Versuche zur 3:2-Führung. Im folgenden Satz hätte er Clayton breaken müssen, um zum Ausgleich zu kommen. Es gelang ihm nicht.
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Harrysson wird seine Steine vorerst weiter in einer Fabrik in Schweden verdienen müssen. „Wir fertigen Hausfassaden und Fensterrahmen. Ich stehe an den Maschinen“, hatte Harrysson nach seinem Sieg gegen den Deutschen Ricardo Pietreczko eine Runde zuvor offenbart. Seit zwei Jahren macht er das. Er möge seine Arbeit. Aber der Traum vom Profidarts schwebe über allem, sagte Harrysson. Er könnte ihn sich Anfang Januar erfüllen. Dann wird er bei der Q-School in Kalkar erneut um ein Ticket für die Profitour spielen.
Seinen Traum schon erfüllt hat sich der englische Außenseiter Justin Hood. Er zeigte als krasser Außenseiter gegen den Nordiren Josh Rock ein fast perfektes Spiel. Hood, Nummer 86 der Welt, verwandelte alle seiner ersten elf Darts auf ein Doppel. Beinahe hätte er ein perfektes Spiel gezeigt, seinen zwölften Pfeil zum Sieg vergab er aber. Dennoch siegte Hood kurze Zeit später mit 4:0. Sein Gegner schaute angesichts dieser Leistung im Hintergrund ungläubig zu, musste seine Niederlage mit einem Lächeln anerkennen.
Hood hatte schon angekündigt, sich bei einem Sieg vom Preisgeld den Traum von einem China-Restaurant erfüllen zu wollen. Dies kann er nun umsetzen. „Wer will chinesisches Essen?“, fragte er die Zuschauer im Alexandra Palace beseelt. Auf der Pressekonferenz führte er zu seinen Plänen aus: „Ich glaube, ich habe keine Wahl mehr. Wir sind jetzt an dem Punkt.“ Er habe aber noch keinen Zeitplan für die Eröffnung des Restaurants. „Wir schauen nach dem Ende der WM mal“, sagte Hood.
Darts-WM 2026, Ergebnisse Achtelfinale
Luke Woodhouse (ENG/25) – Krzysztof Ratajski (POL) 2:4
Jonny Clayton (WAL/5) – Andreas Harrysson (SWE) 4:2
Justin Hood (ENG) – Josh Rock (NIR/11) 4:0
ab 20.15 Uhr:
Charlie Manby (ENG) – Gian van Veen (NED/10)
Michael van Gerwen (NED/3) – Gary Anderson (SCO/14)
Luke Humphries (ENG/2) – Kevin Doets (NED)
Luca Wiecek ist Sportredakteur für WELT. Er berichtet bis Silvester in London aus dem Alexandra Palace.
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