Szenen wie diese gab es im Alexandra Palace bislang noch nicht. Luke Littler ist seit zwei Jahren nicht nur der uneingeschränkte König der Darts-WM, er war auch stets der Liebling des Publikums. Ein englischer Teenager erobert die Szene und krönt sich zum Weltmeister – die einzigartige Aufsteiger-Story kippt in diesen Tagen. Der 18-Jährige erfährt im Ally Pally Gegenwind.

Während seines 4:2-Achtelfinalsiegs gegen Rob Cross wurde Littler ausgebuht. Nicht übertrieben laut, aber gut hörbar. Warum dies geschah, ist nicht ganz klar. Vielleicht, weil er seine sportliche Überlegenheit durchaus auch in seiner Körpersprache zum Ausdruck bringt. Littler ist kein strahlender Sympathieträger, seine Spielweise kann arrogant wirken. Möglich, dass das Publikum einen derart dominanten Spieler auch mal verlieren sehen will.

Littler reagierte unsouverän, legte sich mit dem Publikum an. Später sagte er: „Es war feindselig, niemand wollte, dass ich gewinne, aber wieder einmal habe ich ihnen das Gegenteil bewiesen.“ Dann rief er den Fans von der Bühne im Sieger-Interview zu: „Ihr bezahlt für Tickets, und ihr bezahlt mein Preisgeld. Danke, dass ihr mich ausbuht!“

Das kam nicht nur bei den Anhängern nicht besonders gut an. Der deutsche Profi Florian Hempel sagte bei DAZN: „Wenn wir uns darauf beschränken, was wir mitbekommen haben: Ich finde diese Reaktion völlig überzogen. Kleiner Arroganz-Anfall – kann man machen, muss man halt auch nicht machen.“

„Kannst nicht die Leute anmaulen, die dein Geld bezahlen“

Hempel fügte erklärend an: „Sorry, das geht nicht, das ist too much. Du kannst doch nicht die Leute anmaulen, die dein Geld bezahlen. Er darf nicht vergessen, wo er herkommt.“ Buhrufe und Pfiffe hätten schon andere aushalten müssen.

So sieht es auch die englische Presse. Der „Guardian“ schreibt: „Littlers Wandel zum Bösewicht ist vollzogen. Im fiebrigen, feindseligen Alexandra Palace treibt genau jenes Publikum, das Luke Littler als 16-jährigen Jungen noch gefeiert hatte, den inzwischen 18-jährigen Mann nun mit Spott und Häme zum Sieg. Die Charakterentwicklung hat sich geschlossen, der Rollenwechsel ist vollzogen. Littler ist noch drei Siege davon entfernt, seinen WM-Titel zu verteidigen, und weiterhin der klare Favorit. Doch von jetzt an wird er es alleine tun müssen.“

Vielleicht habe dies sogar mit den vielen deutschen im Publikum zu tun, mutmaßt das Medium. Das Publikum sei launischer und aufgeheizter als in früheren Jahren, keine Darts-Fans, sondern das Spektakel suchende Zugereiste: „Viele von ihnen sind buchstäblich Touristen, zahlreiche aus Deutschland, wo Littler in der Vergangenheit bereits mehrfach Probleme mit dem Publikum hatte. Er mag sie nicht, und sie mögen ihn nicht (...) Und nach Littlers Wortmeldung nach dem Match dürfte nun ein Barbra-Streisand-Effekt einsetzen.“

Die Sängerin wollte 2003 gerichtlich verhindern, dass ein Luftbild ihres Hauses veröffentlicht wird. Das Bild war zuvor kaum beachtet worden – erst durch die Klage wurde es millionenfach aufgerufen und weltweit bekannt. Wer also öffentlich auf Kritik, Spott oder Provokation reagiert, verstärkt deren Wirkung. Littler jedenfalls ahnt schon sehr genau, was er da angestoßen haben könnte. „Ich werde mich für das Viertelfinale auf das Schlimmste vorbereiten“, sagte er.

Welches Problem hat Littler mit deutschen Fans?

Sportlich muss er nicht zittern. Weder der Engländer Luke Woodhouse, noch der Pole Krzysztof Ratajski dürften das Niveau haben, Littler in einem Match auf fünf Gewinnsätze Paroli bieten zu können. Die beiden spielen ihr Achtelfinale im Laufe des Dienstags.

Und welches Problem hat Littler mit deutschen Fans? Er wurde bei mehreren Turnieren in Deutschland ausgebuht. So geschehen unter anderem beim World Cup of Darts in Frankfurt am Main und beim European-Tour-Turnier in München. Nach seinem dortigen Halbfinalaus äußerte Littler in einer Instagram-Story, dass er nicht unbedingt in Deutschland spielen wollte.

Diese Wogen versuchte er vor der WM, für die über 10.000 Tickets nach Deutschland verkauft wurden, zu glätten. „Wir hatten keinen guten Start, aber mittlerweile ist es okay“, sagte der Teenager gegenüber „Sport Bild“: „Die deutschen Fans kommen immer in großer Anzahl nach London. Es wird immer dieses Duell Deutschland gegen England sein. Hoffentlich haben wir weiterhin den Heimvorteil. Fairerweise muss man aber sagen, dass die Deutschen immer für gute Stimmung sorgen.“

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