Wie Fan Zhendong für Hysterie in Saarbrücken sorgt
Das haben sie beim 1. FC Saarbrücken noch nie erlebt! Der Verein ist sonst eher für seine Fußball-Abteilung bekannt, die 1992/93 zuletzt in der Bundesliga spielte – mit Trainer Peter Neururer und US-Stürmer Eric Wynalda – und aktuell in der 3. Liga aktiv ist. Doch jetzt gibt es im Klub einen Olympiasieger mit Millionen von Fans. Für die Tischtennis-Männer tritt der Chinese Fan Zhendong an. Er war lange die Nummer eins der Welt und zweimal Einzel-Weltmeister. „Die Fanpost ist unzählbar“, sagt Teammanager Nicolas Barrois. „Wir konnten sie noch nicht einmal sichten, wollen das demnächst in der Spielpause machen.“
Die Saarbrücker erleben gerade einen Riesenhype, seit sie am 31. Mai die Verpflichtung von Fan verkündeten. Sonst sind es rund 500 Zuschauer bei Heimspielen gewesen. Diesmal waren die ersten Begegnungen in der Joachim-Deckarm-Halle mit 1880 Fans ausverkauft. „Und wir hätten noch mindestens doppelt so viele Tickets verkaufen können“, sagt Barrois. „Aber wir dürfen nicht mehr Zuschauer reinlassen, haben bereits eine Zusatztribüne aufgebaut.“ Es sind punktuell Spiele in der größeren Saarlandhalle (3500 Fans) geplant – wie am 21. Dezember gegen Borussia Düsseldorf.
Auch bei den Dauerkarten erlebt der Klub einen Boom: „Sonst verkaufen wir 20 bis 50 pro Saison“, sagt Barrois. „Diesmal waren 500 in nur zwei Tagen weg. Die gingen zu 90 bis 95 Prozent nach China.“ Dort ist Olympiasieger Fan ein Superstar, der Polizeischutz braucht. Seine Anhänger nutzen nun die Chance, ihn in Deutschland in einer kleineren Halle zu sehen. Kurios: Die meisten Chinesen kommen trotz Dauerkarte nur zu ein, zwei Spielen. „Wenn man 3000 Euro für einen Flug ausgibt, dann investieren sie auch die 200 Euro für die Dauerkarte, um sicherzugehen, dass man Fan sieht“, erklärt Barrois. „Damit nicht so viele Plätze leer bleiben, haben wir eine Resale-Plattform eingerichtet.“
Fan hat sieben Millionen Follower
Auch der Trikotverkauf zieht an: In zwei Monaten setzte Saarbrücken so viele ab wie sonst im Laufe einer gesamten Saison. „Mit dem Verkauf nach China starten wir erst jetzt“, sagt Barrois. Der nächste Schub steht also an. Auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo, wo Fan sieben Millionen Follower hat, stieg die Abonnentenzahl des 1. FC Saarbrücken von 10.000 auf 280.000.
Doch wie verpflichtet man so einen Tischtennis-Weltstar? Nachdem man gehört hatte, dass sich Fan einen Wechsel nach Deutschland vorstellen konnte, nutzte der Klub seine Kontakte, um direkt mit dem Chinesen zu sprechen. Meist auf Englisch, falls das nicht reichte, wurde per KI übersetzt. Barrois verhandelte mit Fan und sicherte sich parallel im Verein ab, dass man die Verpflichtung stemmen könnte. Es wurde kalkuliert: Was kommt zusätzlich durch Tickets, Sponsoren und Trikots rein? Die Bestandssponsoren wurden gefragt, ob sie mithelfen würden. „Da war die Freude groß“, sagt Barrois.
Starspieler verdienen sechsstellig
Denn Starspieler verdienen in der Bundesliga sechsstellige Gehälter. Ein Tischtennis-Topklub hat einen Etat von bis zu einer Million Euro. Da ist Fan ein großes Investment, selbst für den amtierenden Champions-League-Sieger. Der Chinese wird etwa 15-mal in Bundesliga, Champions League und Pokal zum Einsatz kommen. Die Rückrunden-Planung folgt im November. Zunächst hat er einen Einjahresvertrag.
Wenn ein Block mit mehreren Spielen ansteht, wohnt Fan in Deutschland. Sonst fliegt er regelmäßig nach China, wo er Termine für Auftritte hat. Einen Bodyguard hat er nicht, bei Heimspielen gibt es einen Sicherheitsdienst.
Teamsprache bei Saarbrücken ist Englisch, doch es gibt einen Vorteil: Trainer Wang Zhi, der seit 2014 im Klub ist, ist gebürtiger Chinese. So hat Fan auch im Saarland ein Stück Verbindung zur Heimat.
Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) verfasst und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.
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