„Man fragt sich immer, wie viele Jahre geht das noch gut?“
Die Handball-Bundesliga legt wieder los: Die TSV Hannover-Burgdorf erwartet den VfL Gummersbach am Mittwoch (19 Uhr/Dyn) zum Saisonauftakt. Bundestrainer Alfred Gislason sieht im Interview keinen klaren Favoriten – sondern gleich fünf.
Frage: Herr Gislason, wer wird Deutscher Meister?
Alfred Gislason: Berlin war letztes Jahr verdient Deutscher Meister, hat sehr konstant gespielt. Das war vor allem eine unglaubliche Leistung von Mathias Gidsel. Aber auch die anderen Füchse waren stabil. Es war erfreulich, dass viele junge Spieler da waren. Magdeburg hatte viel Pech mit Verletzungen. Trotzdem kamen sie am Ende wieder ran. Magdeburg hat sehr gute Karten – wenn sie weniger Verletzte haben. Weil sie breit aufgestellt sind.
Frage: Also macht es der SCM?
Gislason: Na ja, die Flensburger versuchen es wieder nach einer enttäuschenden Saison. Sicherlich mit einem sehr guten Kader. Aber sie haben mit Mensah und Gottfridsson zentrale Spieler verloren. Mit Luca Witzke und Marko Grgic haben sie zwei deutsche Nationalspieler bekommen. Das wird interessant. Flensburg hat einen sehr guten Kader.
Frage: Und Ihr Ex-Klub THW Kiel?
Gislason: Der THW hat sehr wichtige Spieler am Anfang nicht dabei. Patrick Wiencek hat aufgehört, Hendrik Pekeler fällt noch Monate aus. Es ist ein sehr zentraler Umbruch. Dafür hat der THW Harald Reinkind zurück, auch Nikola Bilyk ist wieder gesund im Kader. Es ist auch die Frage, ob Melsungen noch einen Schritt nach oben schafft. Ich bin überzeugt, dass es einen extrem harten Fünfkampf geben wird.
Frage: Aber wenn Sie sich jetzt festlegen müssten?
Gislason: Magdeburg.
Frage: Warum sehen Sie Magdeburg vor Berlin?
Gislason: Magdeburg hat einfach mehr Breite auf die ganze Saison gesehen. Auch Berlin hat einen breiten Kader, aber Magdeburg hat für die Länge der Saison in der Spitze noch mehr. Berlin war sehr angewiesen auf die erste Sieben.
Frage: Und auf Gidsel?
Gislason: Er war der alles überragende Akteur in der Liga. Man fragt sich auch immer, wie schafft er das? Der will ja gar nicht runter vom Spielfeld. Man redet immer über Positionen, die doppelt besetzt werden müssen. Aber man muss ihn fast von der Platte runterzwingen. Auch in der Nationalmannschaft. Man fragt sich immer, wie viele Jahre geht das noch gut? Denn er spielt ja Abwehr und Angriff. Er ist phänomenal. Überragend. Solange er gesund ist, ist für ihn und seine Mannschaften wahrscheinlich alles möglich.
Frage: Welche Mannschaft hat sich in Ihren Augen am interessantesten oder am besten verstärkt?
Gislason: Das ist eine superspannende Frage. Was passiert zum Beispiel in Flensburg? Marko Grgic, der eine phänomenale Entwicklung genommen und super gespielt hat, geht nach Flensburg, wo Simon Pytlick und Lasse Møller auf der gleichen Position spielen. Pytlick kann auch auf der Mitte spielen. Marko kann alles spielen. Alles von Linksaußen bis Rückraum rechts. Auch in der Abwehr hat er sich sehr gut entwickelt. Aber er ist natürlich aufgewachsen im Eisenacher System. Dann ist die Frage, ob er in Flensburg mehr das Eisenacher System spielt, oder ob er komplett das alte Flensburger Spiel adaptieren muss.
Die Verpflichtung von Luca Witzke freut mich natürlich sehr, dass mehr Deutsche in Flensburg auflaufen. Es wird eine sehr gute Aufgabe für Witzke sein. Auch beim THW Kiel, der jetzt mit Nacinovic und Laube zwei Neue im Innenblock hat. Torwart Pérez de Vargas wird, wenn er nach seinem Kreuzbandriss wieder bereit ist, eine Riesenbereicherung für die Liga. Wenn die Neuen die Leistung bringen, bis Peke (Hendrik Pekeler, d. Red.) wieder da ist, dann ist der THW auch ein Kandidat für weiter oben.
Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) geführt und zuerst in BILD am Sonntag veröffentlicht.
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