Sie ist die Beste der Welt – und das zeigt sie gegen Deutschland im entscheidenden Moment. Aitana Bonmatí katapultiert Spanien mit einem cleveren Treffer in der Verlängerung ins EM-Finale. Dabei hätte sie beinahe die ganze EM verpasst.

Spanien drückt, Deutschland verteidigt mit allem, was noch im Tank ist. Die Zeichen in der 113. Minute stehen auf Elfmeterschießen– bis Aitana Bonmatí plötzlich und hart zum Schuss ansetzt. Kein Zaudern, kein Zögern. Aus halbrechter Position zieht sie ab, flach, hart, am kurzen Pfosten vorbei. Deutschlands Torhüterin Ann-Katrin Berger, die bis dahin ihre Mannschaft im Spiel hält, kommt nicht mehr ran. 1:0 für Spanien.

Deutschland hatte alles in diese Partie hineingeworfen. Doch gegen diese Spielmacherin, diese Strategin mit dem zweifachen Ballon d’Or im Gepäck, reichte selbst eine abermals herausragende kämpferische Leistung nicht. Bonmatí war der Endboss in diesem Turnierspiel – und Deutschland scheiterte an ihm.

"Wir werden auf sie warten"

Dass Bonmatí überhaupt bei der EM auf dem Platz steht, ist ein kleines Wunder. Wenige Wochen vor dem Start erschüttert eine Nachricht Spaniens Fußball: Bonmatí, 27, liegt im Krankenhaus – Diagnose: virale Meningitis, umgangssprachlich Hirnhautentzündung genannt. Der Verband spricht von einem "ungewissen Verlauf", ihre Teilnahme steht auf der Kippe. Bonmatí selbst meldet sich aus dem Krankenhausbett, postet ein Foto, auf dem sie das letzte Testspiel vor der EM gegen Japan (3:1) im Fernsehen verfolgt.

Ein herber Rückschlag und eine ernstzunehmende Diagnose für die Fußballerin, die im Zentrum des spanischen Spiels steht und viel über Präzision und Spielrhythmus kommt. "Aitana ist sehr wichtig für uns und wir werden auf sie warten", sagt Trainerin Montse Tomé in dieser Phase. Wie die 27-Jährige selbst mit der Situation umgeht, zeigt sich erst später – und lässt erahnen, was sie in diesen Wochen getragen hat. "Ich glaube nicht an Schicksal", sagt Bonmatí nach ihrem Siegestreffer im Halbfinale. "Ich glaube an meine Arbeit, an meine Mentalität."

Eine Haltung, die viel über ihre Rückkehr und ihre Rolle im Turnier verrät. Auf die Frage, wie es sich anfühlt, erst im Krankenhaus zu liegen und dann ein EM-Halbfinale zu entscheiden, antwortet sie nur: "Darüber könnte ich ein Buch schreiben."

Der Weg zurück zur Weltklasse

Ihr Comeback bei der EM ist gut durchdacht. Bonmatí wird nicht ins kalte Wasser geworfen – Tomé baute eine ihrer wichtigsten Spielerinnen klug und dosiert auf. Im ersten Gruppenspiel gegen Portugal (5:0) steht sie gerade einmal neun Minuten auf dem Platz, ein vorsichtiger Anfang. Beim zweiten Gruppenspiel gegen Belgien (6:2) darf sie zur Halbzeit ran. Ab der dritten Partie, einem 3:1 gegen Italien, gehört Bonmatí wieder zum Stammpersonal.– 90 Minuten voller Kontrolle, voller Präsenz.

Besonders im Viertelfinale gegen die Schweiz zeigt Bonmatí, wie nah sie schon wieder an ihrer Topform ist. Spanien dominiert, Bonmatí zieht die Fäden – und wird zur Spielerin des Spiels gekürt. Auch Deutschlands Torhüterin Ann-Katrin Berger erhielt diese Auszeichnung nach dem Viertelfinale gegen Frankreich. Das Halbfinale zwischen Spanien und Deutschland wurde so auch zu einem Kräftemessen zweier Spielerinnen in Bestform – nur, dass Bonmatí am Ende triumphiert. Ihr Schuss ins Herz der deutschen Träume lässt keinen Zweifel: Sie ist zurück und das zum richtigen Zeitpunkt.

Dabei hatte die Spielerin des FC Barcelona zwischenzeitlich Zweifel, ob es noch was werden würde mit dem Finale am Sonntag (18 Uhr, ZDF, DAZN und im ntv.de Liveticker) gegen Titelverteidiger England - wegen Berger. "Sie hat auf sehr hohem Niveau gespielt. Wir hatten das Gefühl, dass sie jeden unserer Schüsse halten würde."

Siegtor mit Ansage

Der Treffer gegen Deutschland ist kein Produkt des Zufalls. Es ist das Ergebnis gezielter Vorbereitung, genauer Beobachtung und konsequenter Umsetzung. Schon im Vorfeld hat sich das Team intensiv mit Deutschlands Torhüterin beschäftigt. "Zusammen mit Carlos, dem Torwarttrainer, haben wir beobachtet, dass Berger bei Flanken oder Schüssen einen Schritt nach rechts macht und damit die kurze Seite ungeschützt lässt", erklärte Trainerin Tomé nach dem Spiel.

Die amtierende Ballon d'Or Gewinnerin Bonmatí bestätigt die Analyse und setzt sie gewinnbringend um. "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass der kurze Pfosten manchmal verwaist ist." Als sich in der 113. Minute die Gelegenheit bot, nutzt sie den Raum. "Ich habe keine Sekunde gezögert." Diese Entschlossenheit unter Druck ist es, die Bonmatí auszeichnet.

Entsprechend groß fällt die Resonanz in der spanischen und internationalen Presse aus. Die Zeitung "Marca" titelt: "Aitana schreibt Geschichte." Die "Mundo Deportivo" nennt sie eine Heldin, die Spanien mit einem "fulminanten Treffer" in ein historisches Finale führt. Und das Portal "The Athletic" bringt es auf den Punkt: "Aitana Bonmatí zeigt, warum sie weltklasse ist."

Spaniens Chance auf den Titel

Mit dem Sieg gegen Deutschland zieht Spanien zum ersten Mal in ein EM-Finale ein. Zuvor war der größte Erfolg das Halbfinale 1997. Nun trifft das Team von Tomé auf Titelverteidiger England – und will dem WM-Titel von 2023 den nächsten großen Triumph folgen lassen.

"Wir haben eine brutale Europameisterschaft gespielt. Das verdient, gefeiert zu werden. An England denken wir erst morgen", sagte Bonmatí nach Abpfiff. Der Blick geht trotzdem längst nach vorn. „Wir standen noch nie in einem EM-Finale“, erzählt Bonmatí – und kündigt an: "Wir haben gegen Deutschland Geschichte geschrieben. Am Sonntag wollen wir ein weiteres Kapitel hinzufügen."

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