Die Sitzung findet jeden Dienstag an der Säbener Straße statt. Anwesend sind sieben Personen. Was sie diskutieren, ist für die Zukunft des FC Bayern von entscheidender Bedeutung. Finanziell, aber genauso unter dem Aspekt der Identifikation mit dem Verein. Sport-Vorstand Max Eberl (51), Sportdirektor Christoph Freund (48), Nachwuchs-Leiter Jochen Sauer (52), der Sportliche Leiter des Campus, Markus Weinzierl (50), Nils Schmadtke (36), der Leiter der Scouting-Abteilung, der Koordinator Talentförderung, Richard Kitzbichler (51), und Nachwuchs-Chefscout Florian Zahn (43) sprechen darüber, wie es mit den Talenten des FC Bayern weitergeht.

Zuletzt soll es von Campus-Seite große Unzufriedenheit gegeben haben. Denn obwohl es Top-Talente gibt und in den Jahrgängen 2006 bis 2009 rund 40 aktuelle Jugend-Nationalspieler auflaufen, klappte es zuletzt bei den Profis nicht mit der Einbindung der Nachwuchskräfte.

Schlag ins Gesicht für Bayern-Talente

In der vergangenen Saison kamen unter Vincent Kompany (39) die U19-Spieler nur auf insgesamt 53 (!) Einsatzminuten bei den Profis. Zwei Vorgänge waren für die Talente und die ganze Abteilung ein Schlag ins Gesicht. Beim 4:0-Sieg am 19. April in Heidenheim stand Offensiv-Juwel Lennart Karl (17) schon umgezogen zur Einwechslung bereit, dann kam jedoch João Palhinha (30) ins Spiel. Der nächste Vorfall bei der Klub-WM: Im Viertelfinale gegen Paris verletzte sich Linksverteidiger Josip Stanisic (25). Anstatt für ihn das umworbene Talent Adam Aznou (19) zu bringen, stellte Kompany lieber komplett um: Konrad Laimer (28) wechselte auf die linke Seite, auf rechts wurde mit Sacha Boey (24) ein Spieler eingewechselt, der eigentlich gehen soll. Boey musste noch vor Ablauf der Spielzeit runter, Aznou kam trotzdem nicht.

Der Frust am Campus ist groß. Wie soll so erreicht werden, was sich Patron Uli Hoeneß (73) sehnlich wünscht: der Einbau von einem Top-Talent – vorzugsweise aus der eigenen Region – bei den Profis?

Der neue Plan

Nach SPORT BILD-Informationen gibt es in der nächsten Saison deshalb einen Philosophie-­Wechsel. Karl, der von Ex-Nationalspieler Michael Ballack (48) beraten wird, ist als feste Alternative für die rechte Offensiv-Seite eingeplant. So soll er von einem Verbleib bei Bayern überzeugt werden, sein Vertrag läuft am Saisonende aus. Zudem sollen permanent sieben Nachwuchskräfte bei den Profis mittrainieren.

„Wir haben bei der Klub-WM in den USA bewusst vielen Talenten die Möglichkeit gegeben, über einen längeren Zeitraum bei den Profis dabei zu sein“, sagt Christoph Freund zu SPORT BILD und zählt auf: „Lennart Karl, Adam Aznou, Leon Klanac, Cassiano Kiala, Jonah Kusi-Asare und David Santos Daiber werden wie auch Wisdom Mike weiterhin regelmäßig mit den Profis trainieren. Wir setzen großes Vertrauen in diese Nachwuchsspieler: Jeder hat die Chance, seinen Weg zu machen. Die Tür ist bei uns generell offen – das gilt auch für weitere Talente.“

Wer sind die neuen Hoffnungsträger?

Klanac (18) ist ein junger Torwart, an Verteidiger Kiala (16) war schon Manchester City interessiert. Kusi-Asare (18) ist ein Stürmer, der 2024 für fünf Mio Euro von AIK Solna aus Schweden kam. Daiber (18) ist gebürtiger Münchner, er fiel im Training wegen seiner Sprint-Stärke und Ballbehandlung auf, Linksaußen Mike (16) trainierte schon vergangene Saison zeitweise bei den Profis mit.

Die Bayern legen Wert darauf, dass sie bei den Bundesliga-Einsatzminuten von Spielern, die schon in der Jugend im Verein waren, vergangene Saison Platz drei hinter Freiburg und Mainz belegt haben. Freund betont: „Knapp 50 Prozent unserer Nachwuchsspieler werden Profis – damit ist die Durchlässigkeit beim FC Bayern für Talente in den Profifußball sowohl im deutschen als auch im internationalen Vergleich sehr gut.“ Und dennoch muss Kompany nun beweisen, dass er junge Spieler einbauen kann. Oder eben die sportliche Führung ihn dazu bringen, auch auf den Nachwuchs zu setzen.

Talente statt Transfers

„Immer wenn der FC Bayern eine Ära geprägt hat, war zuvor ein Trainer da, der auf junge Spieler gesetzt hat“, sagt Sky-Experte Didi Hamann (51) zu SPORT BILD: „Es ist für den FC Bayern auf Sicht nicht tragbar – und auch nicht finanzierbar –, einen Trainer zu haben, der nicht auf Talente setzt. Man kann nicht jedes Jahr 100, 150 Millionen Euro für fertige Spieler ausgeben. Ich würde den Wahnsinn nicht mitmachen und lieber zwei, drei junge Spieler reinschmeißen. Das würden die Fans verstehen, sie würden es honorieren – selbst wenn am Ende einmal eine titellose Saison steht.“

In der neuen Spielzeit soll das nun mit einer neuen Philosophie umgesetzt werden.

Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Sport Bild“ veröffentlicht.

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