Die deutschen Fußballerinnen haben ihr Lachen und ihre Linie verloren. Am Morgen nach der Abreibung durch die Schwedinnen erschien das Team von Bundestrainer Christian Wück mit ernsten Gesichtern zum Training in Zürich-Buchlern und schrieb eifrig Autogramme für die 350 zugelassenen Fans. Die einstige Gute-Laune-Truppe muss sich nach der höchsten Niederlage in der EM-Geschichte und vor dem Viertelfinale erst mal wieder finden.

„Wir haben uns heute Morgen schon zusammengesetzt als Team“, berichtete Sjoeke Nüsken kurz angebunden nach nur vier Stunden Schlaf und vor eineinhalb freien Tagen. „Umstellungen wird's auf jeden Fall geben“, kündigte die Mittelfeldspielerin an. „Wir liegen jetzt am Boden, aber wir werden auch wieder aufstehen“, hatte Wück nach dem 1:4 (1:3) gegen den WM-Dritten angekündigt.

Der 52-Jährige ist bei seinem ersten Turnier mit den Frauen nun als Krisenmanager gefordert. Eine ganze Woche hat er Zeit, das Debakel aufzuarbeiten und sein Team wieder aufzubauen. Am meisten Kopfzerbrechen wird ihm bereiten, wie er eine vernünftige Abwehr auf den Platz bringt.

Statt des vermeintlich leichteren Turnierweges als Gruppenerster droht dem achtfachen Titelgewinner bei einem erfolgreichen Viertelfinale, eventuell gegen Frankreich, Weltmeister Spanien in einem möglichen Halbfinale – das bislang stärkste Team dieser Europameisterschaft. Erst am Samstag (21.00 Uhr) tritt das deutsche Team in Basel an. Das Halbfinale am 23. Juli würde in Zürich stattfinden.

Die DFB-Auswahl hatte nach Jule Brands frühem Führungstreffer (7.) ein vogelwildes Defensivverhalten hingelegt. Nach den Gegentoren durch Stina Blackstenius und Smilla Holmberg dezimierte sich das Wück-Team selbst: Youngster Carlotta Wamser wehrte auf der Torlinie einen Ball mit der Hand ab und sah Rot (31.). Den Strafstoß verwandelte Fridolina Rolfö. In Unterzahl wehrten sich die Deutschen nach der Pause zwar tapfer, Lina Hurtig legte aber noch ein Tor nach.

Schweden

„Expressen“: „Ein historischer Erfolg. Es war eine blau-gelbe Party in Zürich. Schweden zerstörte ein historisch lausiges Deutschland. Dabei war nach fünf Minuten im Schwergewichtskampf zwischen Schweden und Deutschland noch die Kettensäge auf dem Weg. Danach hat Schweden Deutschland, das teilweise Drehtüren in der Abwehr hatte, zerstört. Eine neue Realität ist da, eine Realität, in der Deutschland nicht mehr als die wirkliche Supermacht angesehen werden kann, auch wenn sie offensichtlich von der Roten Karte betroffen waren.“

„Dagens Nyheter“: „Ein Ergebnis für die Geschichtsbücher. Es war ein Spiel, in dem alle Bälle in die Richtung der Schweden prallten. Es war ein Abend, an dem Schweden Deutschland im Fußball deklassierte.“

„Aftonbladet“: „Schwedens Ekstase. Schweden hat das Spiel auf dem Platz gewonnen. Und auf der Tribüne. Jule Brand brachte die Deutschen in der siebten Minute in Führung, doch dann übernahmen die Blau-Gelben das Spiel komplett.“

England

„BBC“: „Mit ihrem Platzverweis wurde Wamser von der Heldin zur Nullnummer.“

„Guardian“: „Es war ein Spiel, das ein Spektakel versprach, und es hielt, was es versprach. Schweden blamierte Deutschland, nachdem Carlotta Wamser mit einem bizarren Handspiel die Mannschaft von Christian Wück auf zehn Spielerinnen reduziert. Es war ein ermutigender Sieg für Schweden, das trotz einiger Schwächen in der Defensive eine der vielversprechendsten Mannschaften des Turniers bleibt. Deutschland muss sich nun neu formieren und einen Weg finden, ohne seine beiden besten Rechtsverteidiger auszukommen.“

Deutschland

„Spiegel“: „Erheblichen Schaden hatte die deutsche EM-Mission an diesem Abend auch ohne ein Ausscheiden genommen. Die 1:4-Pleite gegen Schweden brachte die DFB-Auswahl nämlich nicht nur um den Gruppensieg, sie war auch eine große Niederlage, in der noch viele kleine steckten.“

„taz“: Das deutsche Team hinkt auch im dritten EM-Spiel seinen Ansprüchen hinterher. Nur nagt die erste Niederlage, gerade auch in ihrer Deutlichkeit, weit mehr am eigenen Selbstvertrauen. Zudem muss im eh schon wackelnden Abwehrverbund nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Giulia Gwinn und der rotgesperrten Stellvertreterin Wamser eine C-Lösung für die rechte Außenverteidigerposition gefunden werden. Fragt man die Betroffenen, ist das freilich alles kein Problem. All das hörte sich aber sehr nach dem Pfeifen im Walde an. Die Verunsicherung ist nicht zu übersehen. Auch Torhüterin Ann-Katrin Berger, deren riskantes Torhüterspiel Christian Wück schon vorab kritisiert hatte, fiel zweimal mit Fehlern auf, die zu weiteren Gegentreffern hätten führen können.

„Bild“: „Wir haben im Frauenfußball mal alles gewonnen. Jetzt überholt uns die ganze Welt. Spott gibt es inklusive. „Sie schlugen sich auf die Brust und sagten: Wir sind sowieso die Besten, wir müssen nichts tun“, sagte Schwedens Ex-Torhüterin Lindahl schon vor dem Anpfiff. Sie hat recht! ... In Sachen Technik, Taktik und Tempo sind wir oft Lichtjahre von der Spitze entfernt. Spanien, Frankreich, England fördert Mädchen im Fußball ähnlich intensiv wie Jungs. Bei uns gab es bis Januar nicht mal weibliche Nachwuchsleistungszentren. Die bittere Wahrheit ist: Wir haben die Entwicklung verpennt und müssen dringend handeln!“

ZDFheute: „Herber Dämpfer für die DFB-Frauen. Beim 1:4 (1:3) gegen Schweden präsentierte sich das Team in der Defensive taktisch naiv, die Skandinavierinnen siegten völlig verdient.“

sportschau.de“: „Bundestrainer Wück bezeichnete die Rote Karte als „entscheidend“. Aber auch ohne Wamsers Hand-Rettungsaktion hätte es 3:1 für Schweden gestanden. Und Jule Brand, die einzige deutsche Torschützin, betonte: "Sie kann nichts dafür. Sie war am Ende die Leidtragende."Für Deutschland war alles viel zu schnell gegangen - eben besonders auf der linken Seite. Genauso wie das Team verpasste es auch der Bundestrainer, frühzeitig auf das sich abzeichnende Desaster mit einer Umstellung oder einem Wechsel zu reagieren. Das Tempo-Defizit war nicht zu übersehen. Erst, als es schon zu spät war, reagierte Wück - gezwungenermaßen.“

Schweiz

„Blick“: „Gruppensieg futsch – Deutschland im roten Bereich!“

Österreich

„Krone“: „Das davor rasante Spiel verlor nach dem Ausschluss deutlich an Tempo – Deutschland konnte in Unterzahl nicht mehr zusetzen, Schweden hatte kein Problem, den Vorsprung zu verwalten und sorgte durch Lina Hurtig für den Endstand (80.).“

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