Das Horner-Beben – in einem Londoner Luxushotel wird der Teamchef kalt erwischt
In einem Londoner Luxushotel endet die Red-Bull-Karriere von Christian Horner. Als sich der Teamchef und CEO des österreichischen Rennstalls am Dienstagnachmittag mit Motorsport-Boss Dr. Helmut Marko und Oliver Mintzlaff, Sport-Chef des Energydrink-Konzerns, in einem Zimmer trifft, teilen ihm die beiden Leitbullen mit, dass sie ihn nach 20 Jahren von seinen Aufgaben entbinden. Eine Nachricht, die den 51-Jährigen kalt erwischt, den Briten sichtbar schockt.
Aus dem Nichts kommt das Aus aber nicht. Mintzlaff, der Drahtzieher hinter der Aktion, hat die Entscheidung über Wochen in sich reifen lassen. Am Rande des Heimrennens von Red Bull, dem Großen Preis von Österreich Ende Juni, legt er den Grundstein für die Beurlaubung des Briten. Bei einem Treffen mit den Konzern-Eigentümern Chalerm Yoovidhya und Mark Mateschitz im Teamhaus des Formel-1-Rennstalls teilt Mintzlaff mit, dass er personelle Konsequenzen ziehen möchte. Auch Marko sitzt mit am Tisch.
Am vergangenen Montag kommt die Runde erneut zusammen. Bei einem Zoom-Meeting informiert der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Bundesligisten RB Leipzig Yoovidhya und Mateschitz, dass er Horner am nächsten Tag freistellen wird. Die beiden Eigentümer geben grünes Licht. Mintzlaff und Marko sind da bereits nach London gereist, bereiten das größte Personalbeben in der Geschichte des Rennstalls (seit 2005 in der Formel 1) vor.
Die Gründe für das Aus sind vielschichtig. Sportlich steckt Red Bull seit Monaten in der Krise. In der Konstrukteurs-WM ist das Team nur Vierter, in der Fahrer-Wertung steht Max Verstappen auf Rang drei. Der Holländer ist zwar der beste Fahrer, aber sein Auto ist den McLarens von Oscar Piastri und Lando Norris unterlegen. Eine Situation, die den viermaligen Weltmeister frustriert.
Verstappens Loyalität gilt Red Bulls Motorsport-Boss Marko
Nachdem Verstappen sich zu Saisonbeginn deutlich zu Red Bull für die Saison 2026 bekannt hatte, vermied er zuletzt eine klare Zusage. Mercedes hat Interesse, ist mit ihm und seinem Umfeld in Kontakt. Denn trotz eines Vertrags bis Ende 2028 kann der27 Jahre alte Ausnahmekönner Red Bull bereits nach dieser Saison verlassen. Zählt er Ende Juli nicht zu den Top-3-Fahrern in der WM, kann er eine Ausstiegsklausel ziehen.
Horner und Verstappen hatten zwar ein intaktes Verhältnis, doch die Loyalität des Ausnahmepiloten gilt Motorsport-Boss Marko. Der Österreicher ist der Entdecker und Förderer des Red-Bull-Stars. Als Marko im April 2024 den Machtkampf gegen Horner zu verlieren und aus dem Team auszuscheiden drohte, knüpfte Verstappen seine Zukunft an die des RB-Urgesteins. Der 82 Jahre alte Marko durfte bleiben.
Dass es zwischen Marko und Horner knallte, lag unter anderem am damaligen Skandal um Horner. Gegen den Briten wurde intern wegen „grenzüberschreitendem Verhalten“ gegenüber seiner Assistentin ermittelt. Zwar wurde der Teamchef freigesprochen, doch der Imageschaden war immens.
An Fahrt nahm der Machtkampf aber schon Ende Oktober 2022 auf. Nach dem Tod von Konzerngründer Dietrich Mateschitz (†78), einem engen Vertrauten und Freund von Marko, fing Horner an, immer mehr Verantwortlichkeiten des Motorsport-Bosses abzugraben.
Zuletzt hatte er vier Chefposten bei RB inne. Neben dem Amt des Teamchefs hatte Horner das Sagen in der Technik- und Motoren-Abteilung, führte zudem die Marketing-Sparte. Auch beim Schwester-Team, den Racing Bulls, hatte er den Vorsitz. Horner gab den Posten aber vor Kurzem auf – allerdings nicht freiwillig.
Nach Informationen der „Bild“ wollte der Brite – trotz der Bitte seiner Vorgesetzten – das Marketing weiter führen. Erst als Red Bulls Mehrheitseigner Yoovidhya schließlich Horner mit einem Kontaktabbruch drohte, knickte er ein. Ausgerechnet Yoovidhya. Der thailändische Besitzer war es, der den Teamchef trotz des Skandals rund um die Beziehung zu seiner Assistentin 2024 im Job hielt.
Welche Rolle spielt Verstappens Vater in der Causa Horner?
Doch zuletzt bröckelte das Verhältnis. Das wird Horner spätestens am 2. Juli gemerkt haben. Wie jedes Jahr richtete er vor dem Großen Preis von Großbritannien ein Tontaubenschießen auf seinem Grundstück in der Nähe von Oxford (England) aus. Einer der rund 40 geladenen Gäste: Yoovidhya. Doch Red Bulls Mehrheitseigner kam nicht. Genauso wenig wie Verstappen. Der Weltmeister ließ sich mit einem verstimmten Magen entschuldigen.
Am Wochenende war ihm davon nichts mehr anzumerken. Verstappen raste im Qualifying überraschend auf die Pole-Position. Im Rennen wurde er (nach einem Dreher) nur Fünfter. Ein weiterer Rückschlag im Titelrennen. Doch nach dem Grand Prix sorgte ein anderer Verstappen für Schlagzeilen: Vater Jos.
Der Ex-Formel-1-Pilot (107 Starts zwischen 1993 und 2004) wurde dabei beobachtet, wie er Teamchef Horner in der Garage zur Rede stellte. Der Inhalt? Unbekannt. Aber: Bereits in der Vergangenheit hatte der Verstappen-Vater immer wieder die Führung des Briten scharf kritisiert.
Das hat sich jetzt erledigt.
Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Bild am Sonntag“ veröffentlicht.
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