Mit Lamine Yamal begeistert einst ein 16-jähriger ganz Europa – doch nun beweist eine Frau, dass Spaniens Wunderkinder nicht nur aus dem Männerfußball kommen. Salma Paralluelo ist 21, ehemalige Leichtathletin und spielt für denselben Klub wie Superstar Yamal.

Ihr rasanter Aufstieg zur Ausnahmeathletin ist gepflastert mit Titeln: Weltmeisterin in allen Altersklassen, Quadruple mit dem FC Barcelona und zweimal Platz drei beim Ballon d’Or. Salma Paralluelo ist in Rekord-Geschwindigkeit durch den spanischen und den internationalen Fußball gen Spitze geflogen – und doch stand sie im Herbst 2024 kurz vor dem Ausstieg. Probleme mit dem Knie und ihrer mentalen Gesundheit, zu selten steht sie im Mittelpunkt. Ist sie bei dieser EM endlich mehr als nur ein Versprechen?

"Ich bin einfach glücklich, mich wieder wie eine Fußballerin zu fühlen. Glücklich, wieder mit meinen Teamkolleginnen auf dem Platz zu stehen und meine ersten Minuten zu bekommen." Mit diesen Worten beschreibt Paralluelo ihren Weg zurück nach einer Auszeit, die sie so dringend gebraucht hat. Mit gerade einmal 20 Jahren legt die frühere Sprinterin und Ausnahmeathletin eine Pause ein. Vier Monate ohne Spiele, ohne Mannschaft, ohne mediale Präsenz. Stattdessen Reha, Ruhe und der Versuch, körperlich und mental wieder in die Balance zu kommen. Kein Comeback-Plan– nur die Entscheidung, sich selbst wiederzufinden.

Zwischen Spikes und Fußballschuhen

Paralluelo wird 2003 in Zaragoza geboren, als Tochter eines spanischen Vaters und einer Mutter aus Äquatorialguinea. Da ihre Mutter längere Zeit in der Schweiz arbeitet, wächst Paralluelo überwiegend bei ihrem Vater in Spanien auf. An ihrer Seite: ihre beiden Brüder José Jaime und Lorenzo – die beide maßgeblich an der sportlichen Karriere ihrer Schwester beteiligt sind. "Meine Brüder und ich haben früher immer zusammen Fußball gespielt und haben Wettrennen gemacht", erzählt Paralluelo in einem Interview mit der FIFA.

Eventuell nimmt sie es deswegen mit allen auf – im Fußball und auf der Tartanbahn. Während andere Teenager sich zwischen Sportarten entscheiden, sprintet Paralluelo sowohl auf dem Fußballplatz als auch in der Leichtathletikbahn der Konkurrenz davon. Mit 15 Jahren steht sie bereits für den Zweitligisten Zaragoza CFF auf dem Feld, während sie gleichzeitig Medaillen auf nationaler Ebene über 400 Meter Hürden und in Staffeln sammelt. Eine "Gazelle", wie ihr Ex-Trainer Felix Laguna im Interview mit "The Athletic" sie beschreibt. 2018 wird Paralluelo mit Spaniens U17 sowohl Europa- als auch Weltmeisterin im Fußball – ein Doppelschlag, der das Land und andere Klubs aufhorchen lässt.

Unter der Bedingung, weiterhin der Leichtathletik nachgehen zu dürfen, entscheidet sich Paralluelo 2019 für einen Wechsel zum Zweitligisten FC Villarreal – und nimmt familiäre Verstärkung mit: Ihr jüngerer Bruder Lorenzo tritt fast zeitgleich in die Jugendmannschaft des Klubs ein. Für beide beginnt damit ein gemeinsames Kapitel in Gelb.

Frühe Erfolge und erste Rückschläge

In ihrer ersten Saison schießt Paralluelo Villarreal mit 23 Toren in 37 Spielen in die höchste Liga und dominiert als Teenagerin den spanischen Zweitliga-Fußball. Sie ist auf der Überholspur – und alle Wege stehen ihr offen. Es ist die perfekte Saison. Die spanische Zeitschrift "La Gardona" titelt: "Salma Paralluelo, der einzigartige aufgehende Stern, der Spanien revolutionäre Kräfte verleiht". Doch dann der Rückschlag: 2021 reißt ein Kreuzband. Statt des nächsten Schritts folgt der Stillstand.

Neun Monate lang kämpft sie sich durch Reha und Physiotherapie, Tag für Tag. Auf Instagram schreibt sie damals: "Ich hatte als kleines Mädchen den Traum, die beste Athletin und die beste Fußballspielerin der Welt zu werden – und dieser schwierige Schritt wird mir diesen Traum nicht nehmen." Paralluelo soll recht behalten, denn kurz nach ihrem Comeback meldet sich der amtierende Champions-League-Sieger FC Barcelona bei ihr und will sie verpflichten.

Ein Traumangebot. Doch es kommt mit einer Bedingung: volle Konzentration auf den Fußball, die Spikes müssen an den Nagel gehängt werden. Die Entscheidung fällt ihr nicht leicht. Jahrelang schaffte sie den Spagat zwischen Tartanbahn und Fußballplatz, war in beiden Welten zu Hause. Doch nun muss sie wählen.

Ein neuer Abschnitt – Barça statt Bahn

"Wenn sie sich für die Leichtathletik entschieden hätte, wäre sie mit Sicherheit in ein Olympia-Finale gekommen. Und dort hätte sie eine Medaille gewonnen", schwärmt Ex-Trainer Laguna. Die Sportzeitung "Sport" analysiert die Lage aber unromantisch: "Wenn du beide Sportarten machst und dann kommt Barcelona und will dich verpflichten – das ist wie ein Zug, der nur einmal im Leben vorbeifährt. Das ist eine Situation, in der du denkst: ‚Ich muss diese Chance ergreifen.‘ Es war eine Jetzt-oder-nie-Entscheidung." Paralluelo ergreift die Chance – und entscheidet sich für Barcelona.

Dort wächst sie fortan nicht nur sportlich, sondern auch mental. Die Bedingungen sind professionell, die Anforderungen hoch. Sie muss sich an ein Leben gewöhnen, das mehr ist als Training: Videoanalyse, Taktik, Teamroutinen. Eine Zeit der Umgewöhnung für die gerade einmal 18-jährige Salma. Tona Is, Paralluelos frühere Trainerin bei der spanischen U17-Nationalmannschaft, ist sich nach dem Transfer trotzdem sicher, dass das der richtige Weg ist: "Seit ihrem Wechsel nach Barcelona hat sie enorm an Spielverständnis gewonnen, ihr taktisches Gespür hat sich stark verbessert. Sie hat nun die Reife, die ihr in jungen Jahren noch gefehlt hat."

Nach kurzer Eingewöhnungszeit blüht sie im Trikot der Katalanen förmlich auf. In ihrer ersten Saison (22/23) trifft sie als Stürmerin 15-mal, liefert zahlreiche Vorlagen und holt mit ihrem Team sogar das Triple. Ihre Geschwindigkeit, ihre Dynamik und ihr Wille machen sie im Angriff zu einer festen Größe. Und zu einer Hoffnungsträgerin – nicht nur für Barcelona, sondern auch für die spanische Nationalteam.

Höhenflug und tiefer Fall

Die WM 2023 in Australien wird zum nächsten Höhepunkt ihrer Karriere: Im Viertelfinale gegen die Niederlande erzielt sie als Einwechselspielerin den entscheidenden Treffer, im Halbfinale gegen Schweden trifft sie erneut. Im Finale gegen England steht sie in der Startelf und trifft sogar beinahe – nur das Aluminium verhindert ihren Treffer. Spanien wird trotzdem Weltmeister und holt mit einem 1:0 das erste Mal einen großen Titel im Frauenfußball. Paralluelo ist da gerade einmal 19.

In der folgenden Saison bei Barcelona legt sie mit 34 Toren noch einmal nach und holt mit ihrem Team das Quadruple – mit dem spanischen Supercup als glänzende Ergänzung zur erfolgreichen Titelverteidigung in Liga, Pokal und Champions League.

Doch nach den Olympischen Spielen 2024 in Paris, bei denen Spanien überraschend im Halbfinale gegen Brasilien ausscheidet, folgt der mentale Zusammenbruch. Salma Paralluelo erzielt zwar noch den Treffer zum 4:2-Endstand, doch nach dem Spiel zieht sie sich zurück. Überlastung, Erschöpfung, Schmerzen – die junge Frau, die zuvor unaufhaltsam wirkte, erkennt: Der Körper sendet Signale, die man nicht ignorieren darf.

Es folgen vier Monate Pause. Kein Teamtraining, stattdessen ein individuelles Programm. Im Dezember 2024 gibt sie ihr Comeback, zunächst nur mit wenigen Minuten. Sie selbst beschreibt diese Auszeit rückblickend als wichtig für ihr eigenes Wohlbefinden. Doch während sie pausiert, nutzt Teamkollegin Claudia Pina die Lücke auf dem linken Flügel und etabliert sich eindrucksvoll.

Pina spielt sich fest, kommt fast doppelt so oft zum Einsatz wie Paralluelo, erzielt zehn Tore auf Barcelonas Weg ins Champions-League-Finale und wird mit dem Goldenen Schuh Europas, als erfolgreichste Torschützin ausgezeichnet. Für Paralluelo gilt es, sich erneut durchzusetzen und ihren Platz zurückzuerobern.

Unklare Rolle bei der EM

Zwei Spiele, zwei Einwechslungen: Paralluelo ist bei der EM 2025 bislang nicht die erste Wahl. Auch in der spanischen Nationalmannschaft hat derzeit Teamkollegin Pina die Nase vorn. Die 23-Jährige steht sowohl gegen Portugal als auch gegen Belgien in der Startelf, bereitet im ersten Spiel gegen Portugal (5:0) einige Aktionen vor und trifft gegen Belgien beim 6:2 sogar selbst. Paralluelo hingegen wird gegen Portugal erst in der 66. Minute gebracht. Gegen Belgien kommt sie in der 82. Minute für Pina, kann aber in der kurzen Zeit kaum Akzente setzen. Zudem sind beide Spiele zu Paraluellos Einwechslung längst entschieden.

Noch ist ihre Rolle im Turnier offen – Startelfkandidatin, Jokerin oder taktische Option für spezielle Spielverläufe? Klar ist: Ihre körperliche Präsenz, ihre Erfahrung auf großer Bühne und ihr Tempo bleiben Qualitäten, die dem spanischen Angriffsspiel jederzeit guttun können.

"Ich denke, es hängt vom Gegner ab. Claudia ist mehr wie eine vierte Mittelfeldspielerin – sie ist zwar Flügelspielerin, zieht aber auch gerne ins Zentrum. Salma hingegen ist schneller und körperlich stärker", erklärte die spanische Sportjournalistin Maria Tikas jüngst der BBC.

Der weitere Turnierverlauf wird zeigen, wie entscheidend Paralluelo noch wird. Gerade in engen K.-o.-Spielen braucht es Spielerinnen, die auf den Punkt liefern können. Paralluelo hat das schon oft getan. Und womöglich ist genau das ihre Rolle bei dieser EM: nicht laut, nicht dauerhaft im Mittelpunkt, aber da, wenn es zählt. Wie schon bei der WM 2023 – mit Toren im Viertel- und Halbfinale, einem Startelfeinsatz im Finale und einem Auftritt, der England zittern ließ.

Damals war sie 19. Heute ist sie 21 – und die Konkurrenz größer. Anders als Lamine Yamal, der längst zum festen Bestandteil der Männer-Startelf zählt, muss Paralluelo ihren Platz im neuen, jungen Spanien noch stärker behaupten. Und doch ist sie Teil einer Generation, die bereits Verantwortung übernimmt und das Team mitprägt.

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