Sensationelle europäische Götterdämmerung bei der Klub-WM
Schwarzer Tag für die europäischen Topteams bei der Klub-WM: Mit Inter Mailand und Manchester City scheiden gleich zwei Giganten völlig überraschend aus.
Die Klub-WM erlebt an einem Tag gleich zwei gewaltige Überraschungen - und das sehr zum Leidwesen gleich zweier europäischer Giganten: Der krasse Außenseiter Al-Hilal aus Saudi-Arabien hat in einem packenden Achtelfinal-Krimi das Star-Ensemble von Manchester City um Torjäger Erling Haaland geschockt. Das Team aus Riad besiegte die klar favorisierte Mannschaft von Trainer Pep Guardiola in Orlando mit 4:3 (2:2, 0:1) nach Verlängerung. Schon zuvor hatte Champions-League-Finalist Inter Mailand gegen Außenseiter Fluminense verloren.
Der herausragende Angreifer Marcos Leonardo avancierte für Al-Hilal mit seinem zweiten Treffer in der 112. Spielminute zum Matchwinner. Zuvor hatte Phil Foden (104.) die 3:2-Führung von Al-Hilal durch Kalidou Koulibaly (94.) ausgleichen können. Das Camping World Stadium brodelte, die Zuschauer gingen begeistert mit.
"Wir wollten unsere Fertigkeiten zeigen gegen eine der besten Mannschaften der Welt", sagte der 34 Jahre alte Koulibaly, der wie viele Hilal-Profis früher in Europa spielte, unter anderem in England für den FC Chelsea: "Wir wollten zeigen, dass Al-Hilal viel Talent hat und wir zurecht hier bei der Klub-WM dabei sind." Es war ein großer Tag für den saudischen Fußball.
In der regulären Spielzeit hatten Bernardo Silva (9.) und Erling Haaland (55.) zum 2:2 für ManCity getroffen. Marcos Leonardo (46.) und Malcom (52.) wendeten nach der Pause in nur sieben Minuten die bis dahin einseitige Partie. Torwart Bono hatte den Außenseiter bis zur Halbzeit im Spiel gehalten. Der Marokkaner hielt mehrfach prächtig, unter anderem gegen den früheren DFB-Kapitän Ilkay Gündogan (29.). "Es ist wirklich schade, wir waren so gut aufgestellt", sagte der enttäuschte Guardiola, der von einem "schwierigen Spiel" sprach. "Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft gut spielt, aber wir fahren nach Hause, und jetzt ist es Zeit, uns auszuruhen, neue Kraft zu tanken und in der nächsten Saison wiederzukommen."
Der Sieg von Al-Hilal war auch das Werk des neuen Trainers Simone Inzaghi, der nach dem 0:5 mit Inter Mailand im Champions-League-Finale Ende Mai gegen Paris Saint-Germain nach Saudi-Arabien gewechselt war. Al-Hilal, das im laufenden Turnier noch ungeschlagen ist, trifft im Viertelfinale überraschend nicht auf seinen Ex-Verein, sondern Fluminense. Die Brasilianer hatten Stunden zuvor ebenfalls völlig überraschend Inter mit 2:0 besiegt.
"Heroischer Sieg" für Fluminense
Der Außenseiter um Kapitän Thiago Silva startete besser in die Partie. Fluminenses German Cano (3.) brachte seine Mannschaft bereits in der Anfangsphase mit einem Kopfballtor in Führung. Inter dominierte in der Folge zwar das Spielgeschehen, im letzten Drittel fehlte es aber an Genauigkeit. In der Nachspielzeit der zweiten Hälfte sorgte dann Hercules (90.+3) für die Entscheidung.
"Ich denke, der brasilianische Fußball zeigt seine Stärke, oder? Ich sage oft, dass die brasilianischen Vereine finanziell hinter den europäischen Vereinen zurückbleiben", kommentierte Fluminense-Trainer Renato Gaúcho die Sensation. "Sie können es sich leisten, die besten Spieler der Welt zu verpflichten. Aber was auf dem Platz zählt, sind Engagement, Hingabe und Einstellung. Und genau das hat meine Mannschaft heute gezeigt."
Gaúchos Pendant war dagegen naturgemäß wenig euphorisch: "Es ist nicht einfach, nach einer so großen Enttäuschung zurückzukommen, aber ich habe gesehen, dass die Jungs alles geben", sagte Christian Chivu, der die Mannschaft erst kurz vor dem Turnier übernommen hatte. "Aber man kann mehr tun, und ich für meinen Teil verlange das auch, aber wir müssen ehrlich sein und auf dem Boden bleiben, um vorwärts zu kommen."
Kapitän Lautaro Martínez hat nach dem Aus der Italiener scharfe Kritik an seinem team geübt. "Ich will um die großen Titel kämpfen", sagte der argentinische Fußball-Weltmeister, "wir brauchen Spieler, die hier sein wollen. Wer nicht bleiben will, kann gehen." Stürmer Martínez gefiel ganz offensichtlich die Einstellung einiger Mitspieler überhaupt nicht. "Wir tragen ein wichtiges Trikot", betonte der 27-Jährige, es brauche für Erfolge eine "Top-Mentalität". Wer diese nicht habe, solle "bitte gehen".
Die brasilianische Zeitung "O Globo" bejubelte einen "heroischen Sieg" - den Fluminenses Fabio mit mehreren starken Paraden sicherstellte. Der Torwart, der nie für Brasilien spielte, steht mit 44 Jahren und nun 1376 Pflichtspielen kurz davor, den Weltrekord für die meisten Pflichtspieleinsätze als Profi zu brechen. Den hält noch der Engländer Peter Shilton (1390). Bei der Klub-WM wird der Routinier dem Rekord nun völlig überraschend noch mindestens ein weiteres Spiel näher kommen.
"Bedeutender Schub"
Für die Legitimierung der Klub-WM als Wettbewerb ist die europäische Götterdämmerung ein überaus positives Signal: Mit Al-Hilal, Fluminense und Palmeiras stehen mindestens drei nicht-europäische Teams unter den letzten Acht. Die "New York Times" sieht in der Konstellation sogar einen "bedeutenden Schub" für das Turnier. "Dass neben zwei brasilianischen Mannschaften auch ein Verein aus dem Nahen Osten im Viertelfinale steht, ist eine äußerst positive Entwicklung." Auch wenn die Favoriten auf den Sieg bei dem umstrittenen Turnier weiterhin aus Europa kommen, ist die Klub-WM tatsächlich noch in der späteren Turnierphase eine überraschend globale Angelegenheit.
Borussia Dortmunds Trainer Niko Kovac bejubelte diese Entwicklung: "Ich kann schon verstehen, dass es unterschiedliche Meinungen dazu gibt. Für mich ist das ein tolles Turnier", sagte der 53-Jährige. "Es ist zu leicht, es als überflüssig abzutun." Kovac wies auf die Begeisterung hin, mit der vermeintliche Underdogs von anderen Kontinenten bislang aufgetreten seien. "Das sind sehr ernstzunehmende Gegner." Manchester City und Inter Mailand machten diese Erfahrung nun in ihren Millionenspielen: Den Einzug ins Viertelfinale belohnt die FIFA mit zusätzlichen knapp sechs Millionen Euro.
In den beiden noch ausstehenden Achtelfinal-Partien treffen am Abend die europäischen Topklubs Real Madrid und Juventus Turin aufeinander (21 Uhr/DAZN und im Liveticker auf ntv.de), in der Nacht kämpft Bundesligist Borussia Dortmund gegen Monterrey aus Mexiko um den Einzug ins Viertelfinale (3 Uhr/DAZN und im Liveticker auf ntv.de)
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