Nichts für Fußball-Romantiker, doch dieses PSG hat große Anerkennung verdient
Es war ein Moment, über den noch lange gesprochen werden wird. Nasser Al-Khelaifi, Präsident von Paris Saint-Germain, streckte Samstagnacht den Champions-League-Pokal in die Höhe. Und trug ihn mit den Spielern seines Klubs strahlend durch das Münchner Stadion. Mission completed. Ein Traum erfüllt. Investment zahlt sich aus.
Nach 14 Jahren Arbeit und rund zwei Milliarden Euro, die das Emirat Katar über seinen Staatsfonds in den 1970 gegründeten Klub gesteckt hat. 2010/2011 kaufte es den französischen Klub und schickte Al-Khelaifi nach Paris. Katar krempelte die Fußballwelt um. Und triumphiert nun. Es ist der erste Champions-League-Sieg der Klubgeschichte.
5:0 gegen Inter Mailand im Finale der Königsklasse – solch ein einseitiges Endspiel hat es in dem Wettbewerb seit 1994 nicht gegeben. PSG gewann den Titel hochverdient. Der Triumph war eine Demonstration der Stärke. Es war rauschender Fußball, PSG ist ein würdiger Sieger. Mit dem spanischen Trainer Luis Enrique als Architekt des Erfolgs. Der Eiffelturm strahlte in den Vereinsfarben. Und doch ist es vor allem ein Erfolg Katars.
Al-Khelaifi ist für viele Fußballfans ein Feindbild. Sinnbild der Kommerzialisierung des Sports. Vor dem Spiel klebten Fans die Stadt München mit Bildern mit seinem durchgestrichenen Konterfei zu. Und sahen sich mitunter bestätigt, als sich der 51-Jährige aus Katar früh rund um die Siegerehrung mit dem Pokal zeigte.
Doch PSG ist mehr als Al-Khelaifi. So sympathisch wie in dieser Saison war die Mannschaft lange nicht. Sie sammelte mit Spielwitz bei vielen Sympathiepunkte. Und die Pariser Fans waren enorm, in der Münchner Arena wurde es am Samstagabend ungewöhnlich laut. In Bezug auf diese Aspekte taugt PSG eigentlich nicht zum Feindbild.
Auch der FC Bayern wollte Désiré Doué
Es mutet skurril an: Erst als alle Superstars – Kylian Mbappé, Neymar, Lionel Messi, Zlatan Ibrahimović, Edson Cavani – nicht mehr da waren, gewann PSG den langersehnten Titel. Auch dank des Teamgeists. Mit einer jungen Mannschaft. Und einem enorm starken Teenager namens Désiré Doué. Den 19-jährigen Offensivprofi wollte auch der FC Bayern haben – doch Doué wechselte vor einem Jahr von Stades Rennes zu PSG.
Es war also in dieser Hinsicht bitter für die Bayern-Bosse um Ehrenpräsident Uli Hoeneß auf der Tribüne, dieses Finale in ihrem Stadion ansehen zu müssen. Ihr Klub war nicht dabei, schied im Viertelfinale gegen Inter aus, der Traum vom „Finale dahaom“ platzte. Und im Endspiel nun war Doué der entscheidende Mann, Inter im Endspiel überfordert – es wäre mehr möglich gewesen für die Bayern in dieser Spielzeit.
Al-Khelaifi konnte an diesem Abend eindrucksvoll erleben, was eine erfolgshungrige Gemeinschaft erreichen kann. Paris trat in dieser Saison viel mehr als Team auf. Ein neuer Spirit war zu spüren und zu sehen. Die Folge: Unter anderem Siege gegen den FC Liverpool, den FC Arsenal und nun eben gegen Inter.
Teil der Wahrheit ist aber auch: PSG setzt nicht nur auf Talente – sondern immer noch auf viel Geld. Rund 240 Millionen Euro investierte der Klub in dieser Saison, der Kader ist rund eine Milliarde wert, Gianluigi Donnarumma, Marquinhos und Ousmane Dembélé sind (teure) Stars. Für den georgischen Offensivprofi Khvicha Kvaratskhelia zahlte Paris 70 Millionen Euro an Neapel.
So attraktiv PSG spielte und so verdient der lang ersehnte Triumph ist – für viele Fußballfans bleibt ein Geschmäckle. Die Mannschaft bekommt zwar Anerkennung. Wegen der jüngeren Geschichte des Klubs ist es für sie aber weiter schwierig, alle Herzen der Fans außerhalb des PSG-Kosmos zu gewinnen. Dabei hat die Mannschaft sich fußballerisch Liebe verdient. Aber: Traditionalisten und Sportromantiker holt der Klub nicht ab, für sie ist und bleibt PSG ein Konstrukt. Viele junge Fans weltweit begeistert der Klub. PSG zuzuschauen ist Genuss, die Marke ist auch dank der Kooperation mit dem Nike-Label Jordan angesagt.
Doué, der zum Spieler des Finales gewählt wurde, sagte nach dem Abpfiff, der Erfolg sei historisch. Und erst der Anfang. Das gefällt längst nicht jedem Fan. Ist aber Realität.
Julien Wolff ist Sportredakteur. Er berichtet für WELT seit vielen Jahren aus München über den FC Bayern und die Nationalmannschaft sowie über Fitness-Themen. Er war beim Finale der Champions League in München im Stadion. Und auch schon bei Heimspielen von PSG.
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