PSG brilliert, gewinnt hochverdient und mit einem Rekord die Champions League gegen Inter Mailand. Doch dieser geniale Sieg ist befleckt, denn Klubeigentümer Katar hat ihn mit Blutgeld bezahlt. Während Paris mit Fußball zum Verlieben dominiert, regiert im Emirat das Leid.

Paris Saint-Germain hat eine grandiose Mannschaft und einen schlauen Trainer. Das Team ist - und war das Jahr über - das beste in Europa. Mit einer Machtdemonstration gewinnen die Franzosen ihren ersten Champions-League-Titel gegen Inter Mailand mit einem atemberaubenden 5:0 (2:0). Rekord! Episch! Ein Abend für die Geschichtsbücher! Fußball zum Verlieben! Nach dem Abgang der Superstars Messi, Neymar und zuletzt Kylian Mbappé hat Coach Luis Enrique eine gut geölte Maschine gebaut, ein mannschaftliches Gefüge ohne Egos, das wunderschön und erfolgreich spielt.

Fünf Tore für ein wahres Fußball-Fest und den höchsten Endspielsieg in der Geschichte der Königsklasse. Der Henkelpott für PSG nach dem vielleicht besten Finale jemals ist also hochverdient. Die Spieler und Fans sollen ihn von München bis Paris gebührend genießen. Doch ist dieser Sieg befleckt. Blut klebt am Henkelpott.

Seit der katarischen Übernahme im Jahr 2011 will der französische Klub genau diesen großen Triumph. Er ist nach diesem Zauber-Finale nun gelungen - und zwar weil PSG dem Emirat Katar gehört. Nicht einem privaten Investor, sondern dem Staat, der für weitreichende Menschenrechtsverletzungen und -verbrechen verantwortlich ist.

Das Leid muss auch an diesem Abend gehört werden

Seit Nasser Al-Khelaifi das Präsidentenamt übernahm, hat PSG über eine Milliarde Euro verbrannt. Petro-Dollars, die nach dem qualvollen Leid vieler Menschen in Katar stinken. Jene Migranten, die unter missbräuchlichen Verhältnissen arbeiten und hausen müssen. Frauen, die unterjocht werden. Regimegegner, die ihre Stimme nicht erheben dürfen. Ihre Schreie dürfen auch - oder: gerade - am Abend dieses großen Erfolgs nicht verstummen. Sonst geht der Plan der Machthaber vollends auf.

Denn teilweise hat die Investitionsstrategie schon funktioniert. Die PSG-Übernahme hat wie geplant die Softpower Katars und den geopolitischen Einfluss gestärkt. Sportlich lief es bisher zwar nur auf nationaler Ebene, elf Meisterschaften seit 2011, den Wert des Vereins vervielfachte man aber von 50 Millionen Euro auf nun knapp vier Milliarden.

Zwar änderten PSG und die katarischen Geldgeber jüngst ihre Strategie und kauften nicht mehr die ganz großen Stars, nachdem die Megastar-Dollarverbrennerei gefloppt war. Doch wer sagt, PSG habe dieses epische Endspiel ohne das große Geld gewonnen, also lediglich mit vielversprechenden Nachwuchstalenten, der irrt. Der obszöne Petro-Kapitalismus hat den Katar-Klub überhaupt erst an diesen Punkt getragen. Ohne diese Infrastruktur wären weder Erfolgstrainer Enrique in die französische Hauptstadt gekommen noch die wichtigen, wenn auch namentlich nicht ganz so bekannten Teile des Teams: Die Khvicha Kvaratskhelias (70 Millionen Euro) und Vitinhas (40 Millionen) und Achraf Hakimis (70 Millionen).

Dazu gibt es ja auch noch Ousmane Dembélé (90 Millionen), den vielleicht besten Spieler der Champions-League-Saison. Die Champions-League-Gewinner kosteten zusammen rund 700 Millionen Euro - mehr als das Doppelte des Inter-Teams (291,3 Millionen Euro). Und Mindestlohn zahlen sie in Paris auch nicht.

Selbst Fußballromantiker jubeln jetzt

Katar hat es auch dank genialer Auftritte von PSG wie an diesem Abend geschafft, die westliche Kritik zu durchbrechen. Indem es ein Team der tollen Dribbler und Malocher ohne Egos und mit einer Spielidee geformt hat, für das der Ottonormalzuschauer jubeln möchte. Der Plan geht auf, die bösen Worte über dieses den Fußball missbrauchende Konstrukt sind größtenteils verstimmt, nachdem die Megastar-Bombasterei ein Ende fand. Selbst Fußballromantiker, die PSG den Ruin an den Hals gewünscht haben, jubeln plötzlich weltweit über diese tolle junge Truppe.

Die Mächtigen aus Katar haben das europäische Haus des Fußballs letztendlich doch noch verstanden und erobert - und höhlen es nun auf eine nicht mehr plakative und obszön sichtbare Art und Weise aus. Ihnen gelingt es, ihre Weste mit diesem Epos immer stillschweigender reinzuwaschen. Das ist noch gefährlicher als der laute Pomp nach der Übernahme, das Exempel für Nachahmer ist nun statuiert.

Doch das Leid im Unrechtstaat, aus dem das gesamte Geld für den Erfolg stammt, das bleibt und darf trotz aller tollen Tore nicht vergessen werden, wenn die Mächtigen den Erfolg ihres Plans auf dem Rücken der Schwachen bejubeln.

Missbrauch in Katar hält an

Arbeitsmigranten machen über 91 Prozent der Bevölkerung Katars aus und sind im missbräuchlichen und Sklaverei-ähnlichen Kafala-System noch immer nicht mal Bürger zweiter Klasse. Sie leiden nach wie vor unter extremer Ausbeutung, Lohndiebstahl und fristlosen Entlassungen sowie unter Diskriminierung, unzumutbaren Unterkünften, körperlicher und seelischer Misshandlung und mangelnder Gesundheitsversorgung. Am stärksten betroffen sind Frauen, die als Hausangestellte arbeiten.

Generell unterliegen Frauen in Katar männlichen Vormundschaften, die Frauen diskriminieren und ihr Recht auf autonome Entscheidungen über Ehe, Scheidung und Kinder untergraben. Weitere Gesetze diskriminieren lesbische, schwule, bisexuelle und transgender Personen und die Behörden schränken die freie Meinungsäußerung ein und haben in den vergangenen Jahren ihre Überwachungsmöglichkeiten massiv verstärkt.

Von all dem will der mächtigste Mann in der Allianz-Arena in München an diesem Abend nichts wissen. PSG-Präsident Al-Khelaifi weiß als Minister in der Regierung von Katar, Direktor des Staatsfonds Qatar Investment Authority (QIA) und Vorsitzender von Qatar Sports Investments (QSI) aber natürlich Bescheid. Zusätzlich ist er Vorsitzender der einflussreichen European Club Association und Mitglied des strategischen Exekutivkomitees der UEFA und Chef des katarischen Fernsehsenders beIN Media Group, die die Übertragungsrechte für das Champions-League-Finale im Nahen Osten, Nordafrika und weiten Teilen Südostasiens hielt.

PSG mit Harmonie, Katar mit dem Gegenteil

Während also Al-Khelaifi jubelt - und übrigens auch Qatar Airways, denn die staatliche Fluggesellschaft ist offizieller Sponsor beider Finalisten und von der Champions League selbst -, verliert der Fußball an diesem Abend ein weiteres Stück Seele.

PSG gewinnt dank eines brillanten Auftritts die Champions League, weil die Pariser endlich als Mannschaft funktionieren, weil alle zusammen zaubern und jeder für den anderen rennt und arbeitet. Ein Rädchen passt in das nächste, einer hilft dem anderen. Fußball-Harmonie und -Solidarität, wie sie schöner kaum sein könnten. Fußball zum Verlieben eben.

Doch im Geldgeber-Emirat wird auf genau diese Werte gepfiffen, dort gibt es für viele keine Liebe. In Katar, wo die Machthaber mit einem System der Unterdrückung und Ausbeutung auch den Fußball beschmutzen. Dort zaubert niemand. Dort kauert der eine neben dem nächsten. Schläft zu acht auf dünnen Matratzen in einem verdreckten Zimmer, fürchtet die Misshandlungen der Arbeitgeber oder hockt im Gefängnis.

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