Wenn ich meine Füße wählen lasse, dann tragen sie mich zum Meer.“ So singt der Liedermacher Jorge Drexler in seinem Lied „Montevideo“. Das Leben in der kleinen großen Hauptstadt von Uruguay spielt sich am Ufer ab.

Hier nennen sie den Rio de la Plata den breitesten Fluss der Welt, obwohl es eigentlich ein Meeresarm ist. Aber so genau nehmen es die Montevideanos nicht. Und eins ist ohnehin unumstritten: Die beste Aussichtsterrasse bildet die Uferpromenade Rambla.

22 Kilometer lang zieht sich dieser mehrspurige Boulevard hin, von der Ciudad Vieja, der Altstadt, bis zum Villenviertel Carrasco. Zur Landseite hin wird er gesäumt durch eine Glitzerzeile zehnstöckiger Hochhäuser, meerseitig trennt ihn vom weiten Sandstrand eine bis zu zehn Meter breite Fußgängerpromenade. Auf ihr tobt zu allen Tageszeiten das Leben in Gestalt ganzer Heerscharen von Radfahrern und Joggern, Spaziergängern und Rollerskatern.

Oh, wie schön ist Uruguay

Das schönste Teilstück der Rambla reicht vom Leuchtturm an der Punta Carretas entlang der Playa Pocitos bis zu den Letras de Montevideo: So einen personengroßen Schriftzug braucht man als angesagte Stadt heute ja unbedingt. Dieser steht auf einer Anhöhe inmitten von grünem Gras und tropischen Bäumen.

Da setzt man sich gern auch noch nachts um eins neben die Familien auf der Wiese, trinkt Matetee und lässt es sich gut gehen. Tagsüber reicht der Blick weit aufs Meer. Was für ein Glück und durchaus untypisch für Lateinamerika: Diese Welt scheint entspannt, jeder fühlt sich sicher und gelöst. Montevideo ist bekannt für seine hohe Lebensqualität, die als die beste in Lateinamerika gilt.

Oh, wie schön ist Uruguay. Das kleine Land mit 3,5 Millionen Einwohnern und elf Millionen Rindern hat das höchste Pro-Kopf-Einkommen Südamerikas und die niedrigste Armutsrate. Und es gibt ein funktionierendes Sozialsystem, ganz im Gegensatz zum argentinischen Nachbarn mit der Kettensäge und auch anders als in den Favelas des anderen großen Nachbarn Brasilien. Im Staat Uruguay ist natürlich auch nicht jeder reich, aber ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen gibt es für alle.

Als Tourist besucht man zuerst ja meist die Altstädte. Nebenan liegt der Hafen. Und so kommt es vor, dass am Ende der Marseille-Straße schon mal ein 20-stöckiges Kreuzfahrtschiff vor Anker liegt und vieles überragt. Hauptattraktionen sind die Fußgängerzone Sarandi, der Art déco-Wolkenkratzer Palacio Salvo und der Mercado de Puerto. In den zum Food-Court umgemodelten historischen Markthallen verzehren Geschäftsleute riesige Steaks und trinken dazu „medio y medio“ – Weißwein und Sekt gemischt.

Im Gedächtnis bleiben auch viele Eindrücke vom Straßenrand: Wer kennt schon den überall zur Zierde gepflanzten Florettseidenbaum mit seinen Blüten in zartem Pink? Oder den als Schattenspender eingesetzten Tipubaum mit seinen gingkoartigen Blättern und Früchten wie armlange Bohnen. Und irgendwie scheinen alle Volkswagen zu fahren, allerdings die aus Brasilien importierten, die nicht Golf oder Touran, sondern Gol und Suran heißen.

Ein Hauch von Paris

Wenige Meter von der zentralen Plaza Zabala, die sich auch in Paris gut machen würde, lockt den Gast das Restaurant „Jacinto“. Im ehemaligen Lebensmittelladen speist man heute auf Bistrostühlen Auberginen-Quiche und eine kalte Gazpacho-Suppe, dazu gibt es den lokalen Albariño-Weißwein.

Die Küche Uruguays hat der Welt den Chivito geschenkt, einen Hamburger, aber mit richtigem Steak statt Hackfleisch und einem Spiegelei darauf. Als Fast-Food haben sich Empanadas durchgesetzt: frittierte Teigtaschen, de carne (mit Fleisch) oder auch süß mit Dörrobst und Honig.

Pinchos sind so etwas wie südamerikanische Tapas, Feijoadas nennt sich ein Eintopf aus Reis, Bohnen, Fleisch und Maniokwurzel. Zum Frühstück bekommt man eigentlich überall Avocado-Toast mit Spiegelei. Und jedes Viertel hat seine Feria, seinen Straßenmarkt, auf dem es Ananassaft und Papayas gibt, grasgrüne Avocados und riesige Passionsfrüchte.

Wer mehr von Montevideo erfahren möchte, kann die Punta Carretas weiter erforschen. Der Stadtteil ragt als Landzunge in den Rio de la Plata. Vorn in der ersten Reihe stehen wie Wellenbrecher die Hochhäuser der Reichen, aber dahinter wird es schnell gemütlicher.

Junge Leute picknicken im Parque Biarritz, und ein Stück weiter hinten gibt es einen Markt mit Bio-Obst und -gemüse. Maracujas sind aufgetürmt, ein Lastenrad als Streetfood-Suppenstand wartet auf Kundschaft, dazwischen sitzt ein Mann mit seiner Klampfe und zupft die Saiten.

Wenn die Montevideanos etwas zelebrieren, dann sind es ihre Kaffeehäuser. Frühstückscafés gibt es so chic wie in Paris und New York. Eines davon heißt „Oro del Rhin“ – ja, Rheingold, gegründet vor hundert Jahren von einem pfälzischen Einwanderer. Wenige Meter weiter lockt das „Brothaus“ mit einer weltberühmten Spezialität: schwäbischen Brezeln.

Eine Institution ist das „Café Brasilero“, das seit 1877 existiert. Die Art nouveau-Einrichtung gibt es noch immer, und die tarta de manzana (Apfelkuchen) ist zu empfehlen. Nicht ganz so berühmt, aber auch gemütlich ist „La Farmacia“: Das Café in einer ehemaligen Apotheke zelebriert Bio-Küche. Daneben verkauft einer der besten Eismacher Montevideos seine kalte Ware von einem kleinen Stand.

Irgendwie verstehen sie es in Uruguay, sich stets auf die Sonnenseite zu legen. Einst war das berühmteste Gebäude von Punta Carretas das legendäre Gefängnis, aus dem in den Achtzigerjahren 100 Tupamaros ausbrachen, das waren damals die linken Guerilleros. Zwischenzeitlich war ein Ex-Tupamaro Präsident, und das einstige Gefängnis wurde zur schicken Shopping-Mall.

Dort gehen die Einwohner ihrer Lieblingsbeschäftigung nach: der Schnäppchenjagd. Jeden Tag gibt es in den Shops der Stadt mit einer anderen Kreditkarte 25 Prozent Rabatt. Touristen bekommen immer den gleichen Rabatt – die Mehrwertsteuer wird ihnen automatisch abgezogen. So sind sie, die Uruguayos: nett zu jedem, der sie besucht.

Tipps und Informationen:

Reiseziel: Montevideo ist die Hauptstadt und größte Stadt Uruguays mit etwa 1,3 Millionen Einwohnern. Montevideo liegt an der Atlantikküste Südamerikas.

Anreise: Flüge gibt es ab rund 1000 Euro. Ein Nonstop-Flug ab Deutschland nach Montevideo wird derzeit nicht angeboten, man steigt meist entweder in Spanien oder in São Paulo um. Die Gesamtflugzeit dauert mindestens 15 Stunden.

Einreise: Es genügt ein gültiger Reisepass.

Beste Reisezeit: Zwischen November und April liegen die Tageshöchstwerte meist über 25 Grad, im Atlantik kann man baden.

Verkehr: In der Stadt braucht man keinen Mietwagen, man kommt mit den Linienbussen preiswert und gut überall hin.

Zeitunterschied: Während der deutschen Winterzeit liegen 4 , während der Sommerzeit 5 Stunden dazwischen.

Auskunft: uruguay.uy/en/visit

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke