Wehrhafte Westfalen zeigen Lufthansa, wo der Hammer hängt
Wer in der deutschen Provinz lebt, darf sich als Reisender, der mit dem Flieger in die Ferne will, heute leider wieder ziemlich abgehängt fühlen vom Rest der schönen, weiten Welt.
Wie im Paderborner Land, am östlichen Rand von Nordrhein-Westfalen. Eine herrliche Gegend zum Leben, Arbeiten und Urlauben. Es gibt einen Regionalflughafen namens Paderborn-Lippe, von wo aus im Winter Chartergäste nach Mallorca, Antalya und Alicante unterwegs sind und im Sommer auch nach Hurghada, Kreta, Malta.
Besonders beliebt: die Lufthansa-Zubringerflüge zum Drehkreuz München für Reisen in alle Welt. Man saß dann beim Flug über den Teutoburger Wald gefühlt fast schon im Nonstop-Flieger von München nach New York, Singapur, Tokio oder Windhoek.
Paderborner Weltenbummler waren sehr glücklich; und auch das Erzbistum Paderborn freute sich über die himmlische Verbindung via München nach Rom, um den Papst im Vatikan Hallo zu sagen. Rom ist das Top-Städteziel für Flugreisende aus Paderborn.
Lufthansa lässt Paderborn links liegen
Doch 2025 gerieten die Ostwestfalen unverschuldet in die Abseitsfalle. Denn Lufthansa hat den Flughafen Paderborn-Lippe mal eben von der weiten Welt abgekoppelt und sich vom Standort verabschiedet. Die Zubringerflüge von Paderborn zum Drehkreuz München wurden ersatzlos gestrichen.
Man könnte als Ersatz nun die Bahn nach München nehmen. Doch bedauerlicherweise hat die Deutsche Bahn ebenfalls die Direktverbindung von Paderborn nach München eingestellt. Was bleibt, ist unerfreulich: Mindestens sechs Stunden Bahnfahrt, mindestens zweimal Umsteigen und ständig diese Verspätungsangst im Nacken.
Auch zum Drehkreuz Frankfurt/Main gibt es von Paderborn aus keine Direktverbindung (mehr als drei Stunden, mindestens einmal umsteigen). Das alles macht weder Urlaubern mit viel Gepäck noch Geschäftsreisenden mit wenig Zeit so richtig Spaß.
Neue Airline: Deutschlandweit einmalige Initiative
Aber Westfalen wären nicht Westfalen, schon gar nicht jene aus dem Paderborner Land, wenn sie sich den Abzug der Lufthansa hätten wehrlos gefallen ließen. Clever wie sie nun mal sind, haben sie zusammengehockt, zusammengelegt – und eine eigene Fluggesellschaft gegründet, um die wichtige Verbindung zum Drehkreuz München zu sichern.
Das ist eine deutschlandweit einmalige Initiative zur Selbsthilfe. 79 Unternehmer und Privatpersonen gehören mittlerweile zum „Owner’s Club“ der Airline. Wie Apotheker und Ärzte, Spediteure und Steuerberater, Ingenieure und IT-Experten. Ihre neue Skyhub-PAD ist eine sogenannte virtuelle Fluggesellschaft, die also keine eigenen Flugzeuge besitzt, sondern Crew und Fluggerät anmietet.
Paderborner Skyhub-PAD und dänische DAT
Seit September 2025 geht es in knapp anderthalb Stunden von Paderborn nach München und zurück. Partner ist die dänische Airline DAT, die die Crew und den Flieger mit 72 Sitzplätzen stellt, eine besonders leise, für Kurzstreckenflüge entwickelte ATR 72-600. Im Winterflugplan gibt es acht Umläufe, und zwar montags bis freitags.
Die Flüge ab 149 Euro seien „hervorragend ausgelastet“, sagt Skyhub-PAD-Sprecher Matthias Hack. „Etwa 50 Prozent sind Privatreisende.“ Das Gepäck wird durchgecheckt.
2026 ist ein Codeshare-Abkommen zwischen DAT und Lufthansa in Arbeit. Damit wären an dem Sommerflugplan die Flüge über eine LH-Flugnummer buchbar. Auch Meilensammeln mit dem Miles & More-Programm ist geplant.
Das Paderborner Modell könnte Schule machen. Denn Lufthansa und deren Tochter Eurowings haben noch weitere Flughäfen hängen lassen: Rostock, Friedrichshafen, Dortmund und Karlsruhe/Baden-Baden werden nicht mehr angeflogen. Wackelkandidaten sind die Airports Dresden und Münster/Osnabrück: 2026 stehen deren Verbindungen nach München auf der Kippe.
Nach Angaben der Paderborner Airline gibt es bereits erste Anfragen anderer Flughäfen nach Know-how oder Partnerschaften. Manchmal muss sich die Provinz eben selbst zu helfen wissen.
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