Er hat mindestens 67 Länder und 80 real existierende Städte besucht (plus das fiktive Isthmus City). Für seine 27 Filme ist er locker 340.000 Kilometer weit gedüst, was achteinhalb Erdumrundungen entspricht. Unterwegs hat er in zig Luxushotels gewohnt, geflirtet oder seinen geschüttelten Wodka-Martini geschlürft.

In rund 20 Gebirgen weltweit hinterließ er Spuren im Schnee und der Verwüstung. Er liebt rasante Autos und fliegt gern, zigmal war er mit Hubschraubern, Propellerflugzeugen, Privatjets, Linien- und Militärmaschinen unterwegs. Im Orient-Express saß er auch schon.

Von James Bond ist die Rede, dem bekanntesten Agenten des britischen MI6, der im Auftrag von Queen und King rund um den Globus an stets spektakulären Orten im Einsatz ist, um ebendiesen zu retten. Über seine Autos, seine Cocktails, seine Frauen, seinen Stil wurden diverse Bücher verfasst, aber komischerweise ist noch nichts Relevantes über den Vielreisenden Bond erschienen.

2023 gab der New Yorker Verlag Assouline zwar den englischsprachigen Bildband „James Bond Destinations“ heraus, doch dieser Coffeetable-Schinken zeigt überwiegend dekorative Filmfotos – hübsch, aber oberflächlich. Wenig Inhalt für alle, die sich dem Geheimagenten an die Fersen heften und die Schauplätze der Kultfilme inspizieren wollen.

Filmtourismus zu Originalschauplätzen boomt

Und das sind einige: Weltweit wurden bisher gut sechs Milliarden 007-Kinotickets verkauft – und da Filmtourismus boomt, kann man sich vorstellen, wie gigantisch das touristische Potenzial der James-Bond-Reihe ist. 2023 ergab eine internationale Umfrage der Online-Reiseplattform Expedia, dass das sogenannte Set-Jetting, also das Reisen zu Schauplätzen von Filmen und Serien, so angesagt wie nie ist: Danach haben zwei Drittel der Reisenden weltweit schon einmal überlegt, einen Ort zu besuchen, den sie aus Kino oder vom Streamen kennen. 39 Prozent haben mindestens schon eine Tour zu einem Drehort unternommen.

Verlässliche Zahlen, wie viele Set-Jetter auf das Konto von James Bond gehen, gibt es nicht. Doch es dürften bald mehr werden. Dank der Heidelberger Autorin Cornelia Lohs. Die hat die aufregendsten Schauplätze der 007-Reihe besucht und für ihren „Inoffiziellen James-Bond-Reiseführer“ aufbereitet, der gerade im Bruckmann Verlag erschienen ist.

Man fragt sich, wieso niemand vorher auf diese gute Idee gekommen ist. Wahrscheinlich, weil es zu mühsam war. Denn Lohs beschreibt 100 wichtige Schauplätze weltweit, „die durch Bond unsterblich wurden“, an einigen Orten hat sie schon vor Jahren mit der Recherche begonnen.

Das Spektrum reicht von A wie Amsterdam (wo 1971 Sean Connery für „Diamantenfieber“ vor der Kamera stand) bis Z wie Zócalo, dem Hauptplatz in Mexiko-Stadt, auf dem 2015 mit 1500 Statisten die Eingangsszene für „Spectre“ gedreht wurde. I wie Istanbul fehlt leider, obwohl hier drei 007-Streifen gedreht wurden, zuletzt „Skyfall“ (2012). Noch eine kleine Kritik: Die Leser werden in dem Buch geduzt – das mag den einen oder anderen stören, war aber „eine Vorgabe des Verlags“, erklärt die Autorin.

Das Positive überwiegt jedoch bei Weitem. Denn das Buch kombiniert geschickt Filmhistorie, Reiseführer-Know-how und liebevolle Details. So erfährt man zum Beispiel, dass „Spectre“ den Alltag der Mexikaner nachhaltig verändert hat: Die erste Szene ist eine atemberaubende Parade am „Tag der Toten“. Den „Día de los Muertos“ gab es in Mexiko zwar schon ewig, ein Massenspektakel wie im Film aber noch nie. Die Hauptstädter waren von dem 007-Event so begeistert, dass sie an dem Totentag seither jedes Jahr eine knallbunte Parade feiern, schreibt Lohs.

Jamaika kommt gleich im ersten Buchkapitel vor, schließlich wurde James Bond auf der Karibikinsel erfunden: Ian Fleming schrieb hier, in der Abgeschiedenheit seiner Villa „Goldeneye“ an der Nordküste, mehrere 007-Romane. Lohs stellt nicht nur das „paradiesische“ Anwesen vor, sondern erklärt auch Flemings Liebe zu diesem „herrlichen Vakuum“ – und was es braucht, um in der einstigen Residenz des Krimi-Autors zu übernachten: mindestens 7000 Euro. Pro Nacht.

Keine Drehgenehmigung für bestimmte Länder

Wer sich fragt, warum Kuba nicht vorkommt, erfährt im Buch die Antwort: „Tatsächlich wurde nie auf Kuba gedreht“ – es gab keine Drehgenehmigung. Stattdessen dienten Teile Jamaikas und Cádiz in Andalusien als Double für die kommunistische Insel.

Gleiches gilt für Vietnam: Szenen von „Der Morgen stirbt nie“ sollten eigentlich in der spektakulären Halong-Bucht in Nordvietnam aufgenommen werden, doch die Regierung lehnte aus politischen Gründen ab. Die Filmemacher wichen nach Thailand in die Phang-Nga-Bucht mit ihren markanten Kalksteinfelsen aus.

Lohs stellt weitere exotische Drehorte vor, die Fernweh und Fantasien zugleich entfachen, an denen man sich perfekt in die Filmgeschichten zurückversetzen kann, und würzt ihre Texte mit praktischem Nutzwert. Man erfährt beispielsweise, in welchem Hotel auf den Bahamas man Bonds „Casino Royale“-Cocktail an der Bar einnehmen kann, ohne als Gast eingecheckt zu haben (in „The Ocean Club“ von Four Seasons). Oder warum man in New Orleans, wo „Leben und sterben lassen“ gedreht wurde, das Restaurant „Fillet of Soul“, in dem Bond einen Sazerac-Cocktail trank, nicht suchen sollte: Es ist fiktiv und existiert nicht.

Neben glamourösen Inseln zählen Metropolen zu den Top-Kulissen. Paris, Rom, Wien, New York und Bangkok kommen in dem Reiseführer vor. Und auch Berlin, das 1982 Schauplatz für „Octopussy“ war – Roger Moore wurde während der Dreharbeiten am Checkpoint Charlie von aufgeregten DDR-Grenzern mit Ferngläsern beobachtet.

Lohs’ Tipp für Filmfans: Im Deutschen Spionagemuseum sind Originalrequisiten aus 007-Streifen ausgestellt. Für Venedig empfiehlt sie ihr Lieblingshotel: das „Danieli“. Eine Nacht kostet in dem Palazzo zwar mindestens 650 Euro, dafür wohnt man an einem Ort, der in „Liebesgrüße aus Moskau“ und „Moonraker“ Bonds Quartier war.

Bonds Privatadresse in London wird verraten

Eine Hauptrolle in den Filmen und im Reiseführer spielt London. Schließlich ist James Bond hier zu Hause: Lohs verrät, dass er in „Spectre“ in 1 Stanley Gardens im Stadtteil Notting Hill wohnt – allerdings diente das Haus lediglich den Außenaufnahmen, gedreht wurde in den Pinewood Studios. Was Fans nicht davon abhält, den noblen Altbau abzulichten.

Ein Highlight ist auch der Sitz des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 mit seiner markanten Fassade, gelegen am Südufer der Themse neben der Vauxhall Bridge. Besuchen kann man das Spionagehauptquartier leider nicht, Lohs verrät aber die besten Fotospots am anderen Ufer. Wer ein Selfie mit 007 machen will, dem empfiehlt sie Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett, hier stehen „sechs Bond-Darsteller in einer Reihe nebeneinander, drei sogar schussbereit“.

Natürlich kann Alleskönner Bond auch perfekt Skifahren – das hat er seinem Erfinder Ian Fleming zu verdanken, der in Tirol eine Privatschule besuchte, dort die Berge für sich entdeckte und deren Reize in seine Romane einfließen ließ. Kein Wunder also, dass die schönsten alpinen Verfolgungsszenen in „Spectre“ am Gaislachkogel 3048 Meter über Sölden im Ötztal stattfinden. Den futuristischen Glaswürfel der Filmklinik gibt es wirklich, er ist eigentlich ein Nobelrestaurant, das „ice Q“.

Gleich nebenan hat 2018 „007 Elements“ eröffnet, eine interaktive Inszenierung des James-Bond-Kosmos, die pro Jahr an die 100.000 Gäste anlockt. Das Museum ist einer der wichtigsten Orte weltweit, an dem es nicht nur den reinen Schauplatz gibt, sondern viel Hintergrundinfo und filmische Installationen aus fast allen Bond-Streifen.

Auch die Färöerinsel Kalsoy im Nordatlantik empfiehlt das Buch als Reiseziel. Sie diente in „Keine Zeit zu sterben“ als Double für eine fiktive Pazifikinsel und war Schauplatz für Bonds Abgang. Mit ihren steilen Klippen und dunklen Wolken passt sie perfekt zum düsteren Finale: Daniel Craig wird hier von einer Rakete getroffen und stirbt – inszeniert als Selbstaufopferung, um die Welt zu retten.

Tatsächlich war Craig selbst nie vor Ort, „er wurde digital in die Schlussszene montiert“, schreibt Lohs. Den Insulanern ist das egal. Sie haben am Film-Sterbeort auf einer Klippe einen Gedenkstein errichtet („In Memory of James Bond, 1962–2021“).

Den Touristen ist die Realität ebenfalls egal. „Der Grabstein kurbelt den Tourismus an“, heißt es in dem Buch, „seit er 2022 aufgestellt wurde, strömen Bond-Fans aus aller Welt auf die abgelegenen Färöer“.

Zum Glück ist 007 trotz des Filmtods unsterblich – wahrscheinlich 2028 kommt der nächste Bond-Streifen mit frischem Hauptdarsteller in die Kinos. Set-Jetter können sich schon jetzt auf neue bombige Reiseziele freuen.

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