Kopenhagen und Königshaus, das ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Wenn es eine Nation gibt, die sich kaum um Privilegien und Hierarchien kümmert, dann sind das die duzfreudigen Dänen – laut World Happiness Report eines der glücklichsten Völker der Erde. Für einen Monarchen ist das eine Herausforderung.

König Frederik X., seit Januar 2024 auf dem dänischen Thron, gibt sich wie schon seine Mutter Margrethe II. so volksnah, dass es manchmal scheint, der Kellner im Straßencafé wirke majestätischer.

Seine Frau, die in Australien geborene Königin Mary, fuhr einst die Kinder mit dem Lastenfahrrad zur Schule, sogar im Winter. Der sportliche König hat noch als Kronprinz einen „Königslauf“ eingeführt, bei dem dieses Jahr zu Pfingsten fast 100.000 Bürger mitliefen, der 57-jährige Frederik vorneweg.

Ein royaler Traum

Und die königlichen Immobilien, mitten in der Stadt gelegen, sind so zugänglich wie nur wenige aktiv genutzte Schlösser dieser Welt. Man kann die Buchrücken in den Regalen studieren (Stalin, Napoleon, aber auch „Die großen demokratischen Führer der Welt“), den Fuhrpark in der Garage begutachten (Audi, Rolls-Royce) und sogar eine royale Toilette besichtigen. Kopenhagen ist für Reisende mit Interesse an Königshäusern ein Traum.

Gleich drei Schlösser liegen in der dänischen Hauptstadt so nahe beieinander, dass man sie gemütlich auf einem Spaziergang besuchen kann. Da ist zum einen der imposante Palast Christiansborg auf der Insel Slotsholmen, bekannt aus der großartigen Fernsehserie „Borgen“ über den Aufstieg der fiktiven Politikerin Birgitte Nyborg zur ersten Regierungschefin des Landes.

Das von außen wuchtig und düster wirkende Schloss – im Volk nur die „Burg“ genannt, also „Borgen“ – ist ein vergleichsweise junger Bau. Er wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts im neobarocken Stil errichtet, nachdem der Vorgänger abgebrannt war. Der Vorteil ist, dass sein Inneres moderne Weite und Luftigkeit ausstrahlt.

Allein der Große Saal im Obergeschoss, genutzt für Galadiners, mit einem wunderschönen schwarz-weißen Marmorboden und venezianischen Kronleuchtern ausgestattet, ist 40 Meter lang und kann 400 Gäste beherbergen.

Christiansborg ist nicht nur Arbeitsadresse des Königs, sondern auch Sitz des Parlaments und des Obersten Gerichts. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat hier ebenfalls ihr Büro. Zu ihr führt eine Seitentür an der Nordflanke des Palastes, die man mit einem Lieferanteneingang verwechseln könnte.

Wo die Kronjuwelen lagern

Diese Versammlung dreier Staatsorgane unter einem Dach ist weltweit wohl einzigartig. Die prächtigen Schimmel, die vor dem Haupteingang in der Sonne grasen und auf ihren nächsten Einsatz als Kutschpferde warten, scheint das jedoch kaum zu beeindrucken.

Eine halbe Stunde zu Fuß entfernt erhebt sich am Rand eines großen Gartens Schloss Rosenborg. Mit seinen Türmen und Zinnen könnte es für einen tschechischen Weihnachtsfilm erfunden worden sein. Es stammt aber schon aus dem frühen 17. Jahrhundert. Heute dient es als Museum – und als Lagerort für die Kronjuwelen.

Hinter dicken Stahltüren im Keller liegen in Vitrinen ein goldener Reichsapfel, mit Edelsteinen besetzte Schwerter und natürlich eine ganze Kollektion von Kronen; die schönste ist mit Saphiren, Granaten und Diamanten besetzt und wiegt über zwei Kilogramm.

Ein Wächter erzählt, dass es ab und zu Lücken im Sortiment gibt. Denn die Kronjuwelen werden von Frederik und Mary immer mal wieder getragen. Nicht auf dem Fahrrad unterwegs zur Schule, aber zum Beispiel beim Neujahrsempfang.

Unflätige Geräusche im Palast

Wer so einen Schatz im Keller hat, der sollte sich um seinen Ruf keine Sorgen machen. Und doch scheint es, als hätten Christian IV., der Erbauer von Rosenborg, und seine Nachfolger unter einer gewissen Profilneurose gelitten. Kaum ein Zimmer auf den drei Etagen, in dem es nicht von Krönchen an den Wänden und Decken nur so wimmelt. Kaum ein Spiegel ohne Krone auf dem Rahmen, als ob der Monarch bei jedem Blick hinein noch einmal versichert haben wollte: Der König bin immer noch ich.

Vergleichsweise unterdekoriert ist im Schloss Rosenborg nur die 400 Jahre alte Toilette. Die Kammer im Erdgeschoss neben den Schlafgemächern, im Schlossplan nüchtern als Raum 3A bezeichnet, ist wandhoch gefliest, keine Krone in Sicht, immerhin stammen die Kacheln aus Delft. Das königliche Geschäft wurde direkt in den Burggraben abgeleitet, möglicherweise zur Abschreckung von Eindringlingen. Den Graben gibt es heute nicht mehr.

Eine Überraschung auch im großen Rittersaal im obersten Stock: Man steht im weiten Raum, bewundert die silbernen Löwen, die Gewölbedecke mit den alten Wappen und die Wandteppiche, die Dänemarks Siege gegen die Schweden zeigen, und plötzlich rülpst jemand laut und vernehmlich. Es folgt Gelächter.

Dann entdeckt man die kleinen Lautsprecher, über die simulierte Geräusche alter Ritterpartys eingespielt werden. Ein kleiner Streich, der zeigt, wie die Dänen mit ihrer Monarchie umgehen. Rülpsen vom Band bei den Briten in Buckingham Palace? Undenkbar.

Die Besucher amüsieren sich über die Unverfrorenheit, unter ihnen viele junge Touristen, die beweisen, dass das adelige Kopenhagen nicht nur ergraute Monarchisten interessiert. Pärchen zwischen 20 und 30, Gruppen junger Rucksackträger warten in der Schlange vor dem Schlosseingang, als sei Rosenborg genauso Teil der dänischen Lebensart wie Lakritz, Hygge-Gemütlichkeit und die autonome Freistadt Christiania.

Vermutlich ist es ja auch so. Zwei Seiten derselben Medaille. Königreich und sozialer Wohlfahrtsstaat, Tradition und Moderne, sie gehören zusammen.

Junge Besucher wollen Geschichte spüren

Die Online-Buchungsplattform GetYourGuide, Vermittler von Touren und Führern, bestätigt die Beobachtung. Es sei vielleicht etwas unerwartet, sagt Sprecherin Laetitia Delorme, aber die Buchungszahlen zeigten, dass „royale Sehenswürdigkeiten gerade auch unter den Jüngeren beliebt sind.“ Ihre Vermutung: „Junge Touristen wollen heute nicht mehr nur von Geschichte hören, sondern sie in Schlössern, historischen Stallungen oder Schatzkammern unmittelbar erleben und spüren.“

Schlendert man von Rosenborg zurück Richtung Wasser, erreicht man nach 20 Minuten den Wohnsitz des Königs: Schloss Amalienborg. Auf dem Weg dorthin liegt rechts an der Frederiksgade die Garage mit dem königlichen Fuhrpark. Wenn man Glück hat, steht das Tor offen, und man kann bei der Wagenpflege zuschauen.

Auf dem Platz zwischen den vier kreisförmig angeordneten Palästen von Amalienborg findet jeden Mittag der Wachwechsel statt. Die königliche Leibgarde trägt imposante Bärenfellmützen wie die Briten. Aber wenn man genau hinschaut, gibt es doch wieder einen kleinen, aber feinen dänischen Unterschied: In die Seitenwände der hölzernen Wachhäuser der Soldaten sind auf Augenhöhe kleine Herzen zum Durchgucken geschnitten!

Zur Orientierung: Steht man vor der Reiterstatue in der Mitte des Platzes und schaut zum Wasser, dann wohnt in dem Gebäude links der König mit seiner Familie. Nur im Sommer siedelt er um, zum Beispiel ins Schloss Gravenstein nahe der deutschen Grenze.

Rechts hat Alt-Königin Margrethe ihren Wohnsitz, die 85-Jährige verbringt jedoch seit ihrer Abdankung die meiste Zeit auf dem Land in Schloss Fredensborg im Norden der Insel Seeland, mit dem Auto eine Dreiviertelstunde entfernt. Links hinter dem Betrachter befindet sich das Museum des Palastes, das nicht so umfangreich wie Rosenborg ist; das Gebäude rechts daneben nutzt der König für Empfänge und Veranstaltungen.

Ist der Hausherr anwesend, weht über Amalienborg die königliche Flagge. Ab und zu öffnet sich eine Tür auf der rechten Seite des Palais und ein eleganter Wagen rollt heraus. Trägt er ein schwarzes Nummernschild mit Krone, kann es gut sein, dass im Fond hinter den verdunkelten Scheiben der Regent sitzt.

Wenn die Königin shoppen geht

Weitere Möglichkeiten, in Kopenhagen auf königlichen Spuren zu wandeln, gibt es viele. Da wäre die Domkirche, in der Frederik und Mary 2004 heirateten. Oder der Hafen, in dem die königliche Yacht „Dannebrog“ liegt, wenn sie nicht gerade über die Weltmeere schippert. Der Ankerplatz wechselt; die beste Chance, sie zu sehen, ist auf einer Hafenrundfahrt.

Mary ist bekannt für ihre Shoppingtouren durch die Innenstadt mit Freundinnen (und zwei Bodyguards). Sie zieht es zum Beispiel zum Juwelier Dulong an der Ny Østergade 10, nur ein paar Schritte von Amalienborg entfernt.

Noch für einige Jahre findet man über vielen Läden der Stadt den Hinweis „Hoflieferant“, sogar bei einem Brillengeschäft und natürlich am beeindruckenden Hauptsitz der edlen Porzellanmanufaktur Royal Copenhagen am Amagertorv 6. Frederik X. hat jedoch angekündigt, dass er dieses Privileg bis Ende 2029 abschafft.

Reiseführer erwähnen oft das strahlend weiße „Hotel d’Angleterre“ am Kongens Nytorv als bevorzugte Ausgehstätte der Königsfamilie. Doch genauso wahrscheinlich ist es, Mary und ihre Kinder in einer ganz normalen Kaffeehauskette anzutreffen. Das Haus Glücksburg benimmt sich eben, so gut es geht, wie jede andere dänische Familie.

Vor der alten, kettenrauchenden Königin war man in Kopenhagen ohnehin nirgendwo sicher. Sie erschien mittags ohne Vorwarnung in einfachen Lokalen oder trat mit Hotdog und Zigarette aus dem Supermarkt. Das Volk liebte sie dafür.

Die neue Königin Mary muss sich diesen Ruf erst noch erarbeiten. Als sie zum Edel-Thailänder „Kiin Kiin“ im Zentrum wollte, ging das leider schief. Der Palast hatte nicht reserviert. Man erkannte sie nicht und wies sie an der Tür ab. Margrethe wäre das nicht passiert.

Tipps und Informationen:

Wie kommt man hin? Kopenhagen wird nonstop von diversen deutschen Flughäfen angeflogen, Anbieter sind zum Beispiel Lufthansa, SAS Scandinavian Airlines, Easyjet, Norwegian. Von Hamburg fahren EuroCitys nach Kopenhagen (bahn.de), von Berlin und Hamburg aus verkehren zudem Nachtzüge (sj.se/en; snalltaget.se/en).

Wo wohnt man gut? „Hotel d’Angleterre“, nobelste Unterkunft der Stadt, Doppelzimmer ab 737 Euro (dangleterre.com); „Villa Copenhagen“, modernes Hotel am Hauptbahnhof, ab 242 Euro (villacopenhagen.com); „25hours Hotel Indre By“, kombiniert Lifestyle und Design, Doppelzimmer ab 214 Euro (25hours-hotels.com)

Schlösser und Touren: alle Infos zusammengefasst unter denkongeligesamling.dk/en, hier kann man auch Tickets vorbestellen, ratsam vor allem für Schloss Rosenborg. Tägliche Gruppen- und Einzeltouren bietet die Online-Plattform getyourguide.de, hier kann man auch die ein- oder mehrtägige digitale „Kopenhagen-Karte“ kaufen (Eintritt zu Schlössern plus Nutzung des Nahverkehrs).

Weitere Infos: visitcopenhagen.de, visitdenmark.com

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von GetYourGuide. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit

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