Capraia, Pianosa oder Gorgona? Selbst Kenner Italiens zucken bei diesen Namen oft mit den Schultern. Sie gehören zu einer Inselgruppe im Tyrrhenischen Meer, zu der auch Elba zählt. Wer hierher kommt, muss sich auf skurrile Begegnungen gefasst machen – von endemischen Ziegen bis zu Ex-Sträflingen.

Giglio: Faules Strandleben und Maultierpfad

Giglio ist nur neun Kilometer lang – und doch die größte der Inseln. 2012 rückte die „Lilieninsel“ kurz in die Weltnachrichten, als das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia an ihren Klippen auflief. Das ist lange her. Achtmal täglich tuckert die Fähre eine Stunde lang von Porto Santo Stefano herüber.

Ein Auto mitzunehmen lohnt nicht: Der Inselbus fährt regelmäßig vom Hafenort Porto hinauf ins alte Burgdorf Castello und auf der anderen Seite wieder hinunter nach Giglio Campese. Grober Sand schimmert goldgelb in der beschaulichen Bucht. Hinter einem Sarazenenturm rekeln sich Sonnenanbeter auf rund ausgewaschenen Steinen, glatt wie Nilpferdrücken.

Bunte Sonnenschirme, Pensionen und Strandtavernen vermitteln Kykladen-Stimmung. Abwechslung ins faule Strandleben bringt eine Wanderung zum Südleuchtturm, vorbei an wildromantischen Weinstöcken auf handtuchgroßen Terrassen zwischen monumentalen Granitblöcken, oder hinüber zum skurrilen Öko-Hotel „Pardini’s Hermitage“, das bis heute ausschließlich zu Fuß oder per Boot erreichbar ist.

Unbedingt besuchen sollte man Giglio Castello. Eingefasst von einer trutzigen Mauer drängt sich das uralte Dorf auf eine Bergkuppe. Treppen um Treppen führen durch enge Gassen zwischen verwinkelten Häusern. Morsche Holztüren leuchten in kräftigem Rot, Gelb und Blau. In einigen der halb verfallenen Gemäuer haben junge Leute Cafés und Bars eröffnet.

Der schönste Weg zurück zum Hafen führt zu Fuß über den alten, gepflasterten Maultierpfad – durch Felder und Weinberge, vorbei an Lavendel und Ginster, huschenden Eidechsen und kleinen Winzerhäuschen.

Infos: Nach Giglio verkehren ganzjährig Fähren ab Porto Santo Stefano. In der Hochsaison ist der Autotransport Hotelgästen vorbehalten. Vor Ort lassen sich Roller, E-Bikes und ein ramponiertes Auto mieten. Zu den abgelegenen Stränden gelangt man per Wassertaxi (giglioinfo.it).

Capraia: Felsbuchten und Seehunde

Noch eine Spur herber und unberührter als Giglio ist die kleine Schwester Elbas. Von Livorno aus braucht das Schiff zwei Stunden bis Capraia. Vom einzigen Ort der Insel geht es nur zu Fuß weiter. Wanderer steigen auf einem Saumpfad hinauf zum seerosenbedeckten Kratersee unter dem Gipfel oder beobachten Seehunde an der zerklüfteten Westküste.

Bei der unbedingt empfehlenswerten Inselrundfahrt beeindruckt die Cala Rossa – ein feuerroter Überrest eines ins Meer abgebrochenen Vulkankraters. Capraia hat, wie die meisten Nachbarinseln, eine bemerkenswerte Karriere hinter sich: Noch bis Mitte der 1980er-Jahre war sie eine landwirtschaftliche Strafkolonie, 1989 wurde die wilde Insel mit ihren bezaubernden Felsbuchten zum Nationalpark erklärt.

Mittlerweile sind ihr alle anderen Inseln gefolgt. Die Nationalpark-Ranger bieten ein abwechslungsreiches Programm – von Bootsfahrten im Morgengrauen zur Cala della Mortola bis zu Trekkingtouren bei Sonnenuntergang.

Infos: Details zu Capraia finden sich unter infopark.sl3.eu. Führungen kann man buchen unter Tel. 0039/320/9606560 oder 0039/347/7714601.

Pianosa: Kristallklares Wasser und Römer-Relikte

Flach wie ein Pfannkuchen ist diese Insel. Auf Pianosa empfangen heute ehemalige Schwerverbrecher Urlauber – so erfolgreich, dass es dafür nicht einmal mehr Wachpersonal braucht. Bereits zu Zeiten von Kaiser Augustus war Pianosa Verbannungsort seiner Nichte Agrippa, in den 1970er-Jahren diente sie als Hochsicherheitsgefängnis für Mafiosi und Mitglieder der Roten Brigaden.

Heute kümmern sich nur noch 20 Ex-Sträflinge um den Schutz von Schildkrötennestern am Strand und helfen im charmanten „Hotel Milena“ sowie in der Bar Brunello. Praktisch: Gleich daneben beginnt der Badestrand von Cala Giovanna. Das kristallklare Wasser der Insel zieht die meisten Besucher weit mehr an als die zahlreichen Relikte aus der Römerzeit, die noch immer unter Aufsicht der toskanischen Archäologiebehörde ausgegraben werden.

Infos: Pianosa ist in der Saison per Schiff von Piombino und Marina di Campo aus erreichbar. Ausflüge und Führungen lassen sich über die touristische Nationalpark-Website (parcoarcipelago.info) buchen.

Gorgona: Naturschutz und Häftlingswein

Gorgona, die nördlichste Insel des Archipels, bietet neben einem kleinen Kiesstrand mit bunten Sonnenschirmen, dem Benediktinerkloster und einer alten pisanischen Festung auch heute noch eine Strafkolonie. Hier waren die Naturschützer schneller als Bauspekulanten und Ferienhauskäufer: Bereits in den 1980er-Jahren übernahm die Cooperativa del Parco Naturale dell’Isola di Gorgona das ökologische Kleinod mit seiner einzigartigen Flora und Fauna.

Einen prominenten Fürsprecher fand das Projekt in Marchese Lamberto Frescobaldi, Spross des toskanischen Weinadels. Gemeinsam mit der Gefängnisverwaltung startete er vor einigen Jahren ein Wiedereingliederungsprojekt: 70 Häftlinge in den letzten Monaten vor ihrer Entlassung bauen hier den einzigen Häftlingsinselwein Europas an, renovieren die Trockenmauern der terrassierten Rebhänge und erlernen das Winzerhandwerk.

Und wer mag, den übernimmt der Marchese nach der Strafverbüßung gern für seine „normalen“ Weinberge. Urlauber, die Weinberge, Vögel und Blumen besichtigen wollen, müssen sich auf Gorgona einer Führung anschließen.

Infos: Führungen sind nur mit Genehmigung der Justizvollzugsverwaltung und in Absprache mit der Parkverwaltung möglich – für maximal 100 Besucher pro Tag. Fotografieren ist nicht erlaubt.

Giannutri: „Schiffe versenken“ mit echten Galeeren

Schlank ragen vier antike Säulen in den Mittelmeerhimmel. Zikaden zirpen in der Mittagshitze, ein Segelboot zieht einsam seine Spur in die Wellen. Was wirkt wie eine Filmszene aus Griechenland, ist in Wahrheit ein Stück Toskana: Giannutri, die südlichste der toskanischen Inseln, liegt vor dem Monte Argentario im Tyrrhenischen Meer.

Wer die Fähre in Porto Santo Stefano oder Porto Ercole besteigt, bekommt Spektakuläres zu sehen: Die Villa Nerone ist eine vollständig erhaltene Urlaubsvilla aus der römischen Kaiserzeit. Ein Restaurant gibt es derzeit nicht auf Giannutri – Gäste müssen ihren Proviant selbst mitbringen.

Als Picknickplatz dient eine unvergleichliche Kulisse: In der Bucht Cala Maestra sitzt man auf einem gewaltigen Ankerstein aus der Römerzeit und blickt in Neros Seetheater. Die Felsküste wurde offenbar eigens so behauen, dass der Kaiser bei perfekter Akustik „Schiffe versenken“ spielen konnte – mit echten Gladiatoren und Galeeren.

Infos: Giannutri ist in der Saison täglich per Schiff von Porto Santo Stefano, Porto Ercole und Giglio aus erreichbar. Der Inseleintritt von 2,50 Euro ist im Schiffsticket enthalten. Führungen durch die römische Villa können direkt an der Anlegestelle gebucht werden.

Montecristo: Zwei Einwohner und 200 Ziegen

Nein, der Graf aus dem berühmten Roman hat hier nie gelebt. Dennoch ist der gewaltige Granitblock mit Traumblick auf Elba und Korsika die geheimnisumwittertste der sieben toskanischen Inseln. Wer hier ankommt, darf sich glücklich schätzen: Montecristo ist das Herz des Nationalparks und darf nur von 1700 Menschen pro Jahr betreten werden.

Unterwegs umkreisen Delfine und Mantas das Schiff – als wüssten sie genau, dass ihnen hier nichts geschehen kann. In der Cala Maestra schließlich empfangen Palmen, Oleander und sattes Grün die Besucher. Dazu kommt weißer Sand wie in der Karibik.

Baden ist trotzdem tabu – auf Montecristo soll man ernsthaften Interessen nachgehen. Botanik und Geologie wären gute Gründe, denn die meisten Orte sind ausschließlich Wissenschaftlern vorbehalten.

Luciana und ihr Mann Giorgio begrüßen die Gäste herzlich. Seit 17 Jahren sind sie die Custodi, die Wächter, und die einzigen beiden, die ganzjährig auf der Insel leben. Ihr Zuhause ist die Villa Reale, einst Herrschaftssitz von Vittorio Emanuele III., dem letzten König Italiens, der auf Montecristo leidenschaftlich gern jagte – und zwar die Montecristo-Ziegen. Von ihnen gibt es weltweit nur noch rund 200, alle leben hier.

Infos: Der Zugang zu Montecristo ist streng geregelt. Baden sowie die Mitnahme von Pflanzen, Tieren und Steinen sind verboten. Kinder unter zwölf Jahren dürfen generell nicht auf die Insel. Für Führungen muss man sich mehrere Monate im Voraus anmelden – die 23 Termine für 2025 sind bereits ausgebucht.

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