Jenseits vom sommerlich heißen Mittelmeer bieten Spanien und Frankreich eine Gegend an der Biskaya mit angenehmen Temperaturen und drei spannenden Städten: das Baskenland. Bilbao, San Sebastián und Biarritz lassen sich dort ideal in einem grenzübergreifenden Urlaub miteinander kombinieren.

Mit wenigen Klicks lässt sich diese Tour individuell organisieren. Von Stadt zu Stadt nimmt man am besten einen Mietwagen oder steigt in den Zug.

Moderne Kunst in Bilbao

Das müsse sie zugeben, sagt Kuratorin Marta Blàvia gleich zur Begrüßung im Guggenheim Bilbao: „Der eigentliche Star ist das Gebäude.“ Recht hat sie: rundliche und kubische Formen aus Metall oder bunt bemalt, als hätten Riesenkinder ihr Riesenspielzeug nicht aufgeräumt.

Und so liegt es, seit 1997, wie zufällig hingeworfen da am Ufer des Nervión mitten in Bilbao. 2001 bekam das Museum des Architekten Frank O. Gehry für seinen „dekonstruktivistischen Baustil“ den Outstanding Structure Award. Den muss man nicht kennen, er ist gleichwohl vollkommen verdient.

Doch Vorsicht: Im Inneren kann dieser Baustil tatsächlich Schwindelgefühle auslösen. Angesichts schiefer Wände, schräg eingesetzter Lichtöffnungen und abgerundeter Decken kommt man sich als Besucher vor wie in einem futuristischen Kreuzfahrtschiff, das rauen Wellen ausgesetzt ist.

Die finden in vielen Kunstwerken ihre Verstärkung, die in ihrer Schrillhaftigkeit perfekt zum unkonventionellen Gebäude passen, etwa die psychedelischen Videoinstallationen von Refik Anadol oder die verschlungenen Stahllabyrinthe von Richard Serra. Da wirkt Jeff Koons gigantischer Teddybär aus bunten Blumen vor dem Haupteingang geradezu beruhigend.

Das Bauwerk ist eines der spektakulärsten und meistfotografierten im spanischen Teil des Baskenlands, davon zeugen nicht zuletzt die gut 881.000 Museoguggenheim-Fans auf Instagram. Auch das Umland ist für Liebhaber moderner Kunst interessant.

Rund 30 Kilometer entfernt liegt das im Spanischen Bürgerkrieg von Deutschen zerbombte Gernika mit der großformatig auf Kacheln angefertigten Replik des berühmten Picasso-Gemäldes Guernica (das Original hängt in Madrid). Und am Nordrand der Stadt, die unaufgeregt, aber entschieden an die finstere Zeit des Faschismus erinnert, gelangt man nach kurzer Wanderung in den von Agustin Ibarrola erschaffenen „Zauberwald von Oma“. Je nach Perspektive ergeben dessen auf hunderte Fichten aufgesprühte Graffiti in der Tat zauberhafte Gesamtkunstwerke.

Der Rückweg nach Bilbao sollte über Getxo führen, nicht nur wegen Alberto Palacios Hochbrücke von Baskaya. 1893 wurde das stählerne Wunderwerk mit seiner schwebenden Fähre in Betrieb genommen, seit 2006 gehört es zum Unesco-Welterbe. Unweit der Brücke ließen sich Aristokraten, Industrielle und reiche Bürger Bilbaos in der Blütezeit des Bergbaus noble Villen und Paläste errichten – Getxos Stadtteil Neguri gilt als weltweit erste geplante Park City.

Besonders eindrucksvoll thront dort ein hellgrauer Palacio über dem Sporthafen; 1912 bezog es der Graf de Arriluce, seit Kurzem residieren hier die Gäste eines kleinen, feinen Hotels.

Das Ende des Bergbaubooms traf Bilbao anfangs schwer, doch zum Glück setzten die Stadtoberen auf Transformation und konnten Anfang der 1990er das Museumsprojekt an Land ziehen. Das war die Initialzündung dafür, dass die einstige Industriemetropole nicht in der Depression versank, sondern zur Kulturstadt von Weltrang wurde.

Das Museum hat Bilbao eine neue Richtung, eine neue Bestimmung verliehen. Sogar ein eigener Begriff wurde dafür gefunden: der „Guggenheim-Effekt“. Der sorgte auch dafür, dass ein weiterer Baumeister, der Brite Sir Norman Foster, die Stationen von Bilbaos U-Bahn mit viel Glas, Beton und Stahl im Stil der Moderne gestaltete.

Der Volksmund nennt die muschelförmigen Haltestelleneingänge liebevoll „Fosterito“. Und wie es sich für eine Kulturmetropole gehört, gibt es mit „Metro kultura“ an Dutzenden Stationen ein umfangreiches stadtweites Kulturprogramm, das sich monatlich ändert.

Marta Blàvia kuratiert derweil mit ihren Kollegen bereits die Ausstellungen für 2026 im Guggenheim. Bildhauerin Ruth Asawa wird zu sehen sein; eine Retrospektive gilt dem US-Maler Jasper Jones. „So langsam“, sagt Blàvia hoffnungsvoll, „besuchen uns die Leute nicht nur wegen der Architektur, sondern auch wegen unserer Kunstwerke.“

Kulinarik in San Sebastián

In San Sebastián geht es dagegen um die Kunst des guten Essens. Wenn sich Anna Intxausti vorstellt, gibt sie sich bescheiden als offizielle Stadtführerin zu erkennen. Dabei ist die Dame eine Institution in San Sebastián, vor der viele Gastronomen in der Altstadt zittern: Als Jurymitglied bestimmt sie alljährlich mit, welcher baskische Wirt den „Premio al mejor pintxo“ erhält – wer also von sich behaupten darf, die besten belegten Häppchen weit und breit anzubieten.

Genau darum geht es in der überschaubaren Altstadt von San Sebastián: um belegte Schnittchen – Tapas auf Spanisch und auf Baskisch Pintxos, gesprochen: Pintschos. 150 Lokale hat Anna Intxausti allein in der Gegend zwischen den beiden Stadtstränden gezählt, täglich schließen welche und eröffnen neue, der Konkurrenzdruck sei groß.

Wenn die Jurorin auf Pintxo-Tour geht, macht sie gern einen Bogen um Lokale, vor denen sich Warteschlangen bilden. „Ich verstehe das nicht“, sagt sie mit leicht abschätzigem Blick auf eine Gruppe vor der „Bar Nestor“: „So lange warten, bloß weil es hier angeblich die beste Tortilla geben soll?“ Sie warnt vor Tripadvisor oder einschlägigen Reiseführern und rät zum eigenständigen Blick auf die vielen Theken.

Etwa auf jene der „Bertakoteka“, erst seit Juni 2025 geöffnet. Der Kennerinnenblick sagt: „Sauber, gut beleuchtet, frisches Brot, gute Mayonnaise, frische Zutaten!“ Ihr Urteil: „Das wird sehr erfolgreich.“ Ein paar Ecken weiter, im „Muxumartin“, ist Pintxos-Kreator Diego Postigo Sanz bereits deutlich weiter. Zweimal in Folge hat er sich den baskischen Titel geschnappt, im ersten Jahr reichte es in Madrid sogar zum zweiten Platz in ganz Spanien.

Seine Häppchenkreation mit warmem butterweichem Rindfleisch und einer Soße zum Träumen kostet lediglich 3,50 Euro. Das ist eine Bedingung für Teilnehmer des Wettbewerbs: Ein Jahr lang sind die Preise für preisgekrönte Tapas gedeckelt.

Selbstverständlich beschränkt sich Europas heimliche Kulinarik-Hauptstadt nicht allein auf Pintxos. Auf dem Dach des Kulturzentrums Tabakalera nahe dem Hauptbahnhof hat sich das „LABe“ eingerichtet und wirbt damit, das „Restaurant 4.0“ zu sein. Will heißen: Es gibt digitale Tools von Lagerverwaltung bis Bestellung, smarte, vernetzte Küchengeräte, auch eine Erlebniskammer für „multisensorische Restaurant-Formate“ ist vorhanden. Am Herd stehen Absolventen des Basque Culinary Center, die zur Entwicklung ihrer Menüs sogar auf Geschmacksvorhersagen durch künstliche Intelligenz setzen. Taste-GPT sozusagen.

Entgegen der Befürchtung erwartet den Gast ein großartiges, erstaunlich gering frequentiertes Restaurant und eine bezahlbare Rechnung (etwa 30 Euro pro Person für zwei Gänge). Die Bestellung nimmt eine freundliche, durchaus menschliche Bedienung entgegen, auch die hübsch dekorierten Gerichte werden von ihr persönlich serviert – von den im Webauftritt des „LABe“ erwähnten Servierrobotern keine Spur.

Anna Intxausti ist übrigens keineswegs überrascht, dass ausgerechnet San Sebastián eine Spitzenstellung in der Kulinarik erringen konnte. „Wir haben von der Nähe zu Frankreich profitiert“, sagt sie. Dann hebt sie eine Augenbraue und fügt hinzu: „Doch heute orientiert man sich dort nach uns!“

Kaiserkult in Biarritz

Als ob sie das nötig hätten, gleich hinter der Grenze, in Biarritz, dem eleganten Seebad im französischen Teil des Baskenlands. Elise Le Dily braucht man jedenfalls nicht mit Pintxos zu kommen. Die Dame, die als Einzige das Recht hat, Touristen offiziell durch ihre Stadt zu führen, besitzt einen Schlüssel, um den sie viele Biarritz-Liebhaber beneiden: den zur Chapelle Impériale, zur Kaiserlichen Kapelle.

1864 war Kaiserin Eugénie, die Gattin Napoléons III., es leid, auf dem Weg zum sonntäglichen Gottesdienst stets auf das gemeine Volk zu treffen und wegen ihrer extravaganten Kleidung und ihrer luxuriösen Entourage bestaunt zu werden. Also ließ sie sich mitten im kaiserlichen Park eine Privatkapelle errichten, in der exakt 48 Personen Platz finden.

Die Chapelle Impériale ist noch heute ziemlich intim. Gerade einmal vier Gottesdienste werden dort jährlich zelebriert, zu denen auch das gemeine Volk Zutritt hat, wenngleich ab Besucher 49 nur der Garten zur Verfügung steht. „In 35 Jahren habe ich hier erst drei Hochzeiten erlebt“, sagt Elise Le Dily. Man muss also allerbeste Beziehungen haben, um sich hier das Ja-Wort zu geben.

Für etwas weniger illustre (dennoch ausreichend gut betuchte) Glamour-Fans trifft es sich gut, dass Napoléon III. seiner Gattin damals eine Villa in Biarritz errichtete. Die „Villa Eugénie“, in der auch Deutschlands späterer Kaiser Wilhelm und Österreichs Sisi weilten, ist inzwischen zum „Hôtel du Palais“ mutiert, mit 86 Zimmern und 56 Suiten.

Darunter auch die 90 Quadratmeter große „Suite Eugénie“ mit Dreiviertel-Rundblick über Leuchtturm, den Strand samt Casino und große Teile der Stadt. Eine Nacht kann je nach Saison schon mal 4000 Euro kosten, Getränke in der „Bar Napoléon III“ oder Behandlungen im Spa Impérial nicht eingerechnet.

Gelegentlich unternahm Eugénie Ausflüge in die nahe gelegenen Ausläufer der Pyrenäen. Besonders angetan war sie vom 905 Meter hohen Berg „La Rhyne“, ein wunderbarer Aussichtspunkt über die Küste bis nach Biarritz und darüber hinaus.

Es war der 30. September 1859, als Eugénie mit Kutsche und Maultieren dort hinauf transportiert wurde. Die Einweihung der immer noch im Originalzustand befindlichen Zahnradbahn zum Gipfel erlebte sie nicht mehr. Umso mehr erfreute sie sich an dem Obelisken aus Sandstein, der 1860 zur Erinnerung an ihren „Aufstieg“ auf dem Gipfel errichtet wurde. Auf dem Obelisken thront ein Adler aus Bronze.

Eugénie war und ist allgegenwärtig in und um Biarritz, trotz ihrer durchaus fragwürdigen politischen Rolle an der Seite ihres Mannes. Doch ohne die Liebe der gebürtigen Spanierin zu diesem Ort und ohne ihre Überzeugungskraft (sie konnte den Kaiser tatsächlich zum regelmäßigen sommerlichen Umzug an den Golf von Biskaya bewegen), wäre Biarritz wohl bis heute nur ein schmucker, kleiner Fischerort im Schatten der nahe gelegenen Stadt Bayonne.

„Wir haben Eugénie viel zu verdanken“, sagt Elise Le Dily in der Kapelle in beinahe andächtigem Ton. Und stört sich keineswegs daran, dass die Symbole des Kaiserpaars dort mindestens so prominent platziert sind wie die der katholischen Kirche.

Tipps und Informationen:

Wie kommt man hin? Lufthansa und Eurowings bieten Nonstop-Flüge von mehreren deutschen Flughäfen nach Bilbao, Iberia fliegt mit Umstieg in Madrid oder Barcelona. Nach Biarritz fliegt Air Dolomiti im Sommer ab Frankfurt/Main nonstop und Lufthansa ab München oder Air France via Paris. Weiterreise per Mietwagen oder Zug, es gibt gute Verbindungen mit euskotren.eus/en.

Bilbao: Das Guggenheim-Museum ist im Sommer täglich geöffnet, Eintritt 18 Euro (für unter 18-Jährige frei; guggenheim-bilbao.eus/de). Das Picasso-Bild in Gernika ist frei zugänglich, Eintritt in den „Zauberwald von Oma“ kostenlos, man muss aber online reservieren (bizkaia.eus/en/web/bosque-oma-basoa).

San Sebastián: Pintxos-Bars sind in der Altstadt an jeder Ecke zu finden. Plätze im Restaurant „LABe“ im Kulturzentrum Tabakalera können gebucht werden unter labe-dgl.com/en/restaurant. Touristische Auskünfte zu Bilbao, San Sebastián und dem spanischen Baskenland (tourismus.euskadi.eus/de).

Biarritz: Die Kaiserliche Kapelle ist im Sommer geöffnet an zwei Tagen pro Woche (sechs Euro Eintritt; destination-biarritz.fr/en/patrimoineculturel/chapelle-imperiale). Das „Hôtel du Palais“ ist auch ohne Übernachtung zugänglich, etwa zum Restaurant- oder Bar-Besuch (grandhoteldupalaisroyal.com). Die Berg- und Tal-Fahrt im Train de la Rhyne kostet 25,50 Euro, rhune.com. Allgemeine Auskunft: destination-biarritz.fr

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