Wer von Paris über die mautpflichtigen Autobahnen in die Normandie fährt, staunt: Wo sind denn all die Mauthäuschen geblieben? Freie Fahrt, und das seit ein paar Monaten auf gut 210 Autobahnkilometern bis zur Hafenstadt Caen.

Endlich kein Abbremsen mehr vor diesen vielen Straßensperren, die seit 1955 abschnittsweise den Verkehr lahmlegen. Nie wieder diese ständigen „Péage à 2000 m“-Warnschilder, um unterwegs den nervigen Wegezoll abzudrücken.

Keine Wartezeiten mehr, kein Ticket ziehen, keine Karte oder Geld zücken, auch keine Quittung mehr.

Staufalle Mautstellen

Vorbei auch die nervigen Spurwechsel vor den vielen Schaltern, weil alle Reisenden die kürzeste Schlange suchen. Auch kein Aussteigen mehr, wenn der schlecht gezielte Wurf in den Münztrichter daneben geht und die Euros über den Asphalt kullern. Adieu Mautstellen, diese Staufallen mit Ansage, die seit den 1950er-Jahren die Autobahnen blockierten.

Nein, jetzt geht es ohne Schranken in einem Rutsch bis zur Küste. Nach dem Motto: Zeit ist Geld auf der Urlaubsfahrt. Der Zeitgewinn fällt nach ersten Erfahrungswerten stattlich aus. In den Ferien und an Wochenenden erspart den Reisenden dann bis zu anderthalb Stunden Stau, heißt es beim französischen Autobahnbetreiber Sanef.

Gebühr steigt

Falls nun die Hoffnung aufflackern sollte, diese beliebte Strecke sei neuerdings netterweise gratis befahrbar: Mais non, keineswegs! Die Straßennutzungsgebühr bleibt – und wird jedes Jahr teurer. Sie kostet auf dieser Strecke derzeit gut 20 Euro Maut für einen Pkw. Die Gebühr wird weiterhin fällig, wird jetzt aber automatisch erfasst.

Das funktioniert so: Man fährt unter Mautbrücken durch, ohne zu bremsen oder anzuhalten. Diese Portale sind mit Kameras und Sensoren ausgestattet, welche die Kennzeichen, die gefahrene Strecke und den Fahrzeugtyp bei der Durchfahrt automatisch kontrollieren und auswerten. Das neue schrankenlose Mautsystem nennt sich „Péage à flux libre“.

Bis 2030 soll es, so der ehrgeizige Plan, auf den wichtigsten Autobahnen gelten, etwa Richtung Mittelmeer oder über Bordeaux zur Atlantikküste. Bereits jetzt kennt man es auch auf einer Teilstrecke der A4 zwischen Saarbrücken und Metz, auf der A79 in Zentralfrankreich bei Montmarault. Als Nächstes werden Autobahnen bei Toulouse, Chamonix, Grenoble und Lyon umgerüstet. Auch andere Mittelmeerländer, etwa Italien (bei Asti und Como nördlich von Mailand), in Spanien und Portugal, setzen bereits auf einigen Strecken auf Free Flow statt Schranken.

Der Nachteil für Urlauber

Allerdings gibt es eine Neuerung, die manche Urlauber verunsichert: Man muss sich nämlich schleunigst selbst um die Bezahlung der angefallenen Autobahngebühren kümmern, und zwar innerhalb von 72 Stunden. Das geht online mit Kreditkarte ratzfatz, man gibt dafür das Kfz-Kennzeichen auf der Website oder der App des Autobahnbetreibers ein; man kann sich auch vorab registrieren und bekommt dann eine Erinnerung für die Mautzahlung per Mail (autoroutes.sanef.com). Vielfahrer, die vielleicht ein Ferienhäuschen in Frankreich haben, nutzen lieber eine Mautbox, wie man sie aus Mietwagen kennt. Dann wird der Betrag automatisch mit der hinterlegten Bankverbindung oder Kreditkarte abgerechnet.

Zu den fünf bekanntesten Anbietern gehören Bip & Go, Maut 1/ADAC, Tolltickets Westeuropa, Go by Telepass und noch relativ neu der Anbieter Tollbird. Die Mautboxen funktionieren wie ein Abo, man zahlt also mindestens eine Jahresgebühr, ungefähr 20 Euro. Wer partout die Péage analog bezahlen möchte, für den gibt es Automaten an Raststätten und in „Bar Tabac“-Läden.

Strafgebühr bis zu 375 Euro

Wer aber die Bezahlung verbummelt, bekommt Post. Nach drei Tagen wird eine Zahlungsaufforderung an den Halter, auch im Ausland, versendet und eine Strafgebühr von zehn Euro berechnet. Wird die Rechnung trotz dieser Mahnung nicht innerhalb von 15 Tagen beglichen, steigt die Strafgebühr auf 90 Euro. Ist die Mautgebühr nach zwei Monaten weiterhin nicht bezahlt, sind 375 Euro fällig.

Denn wenn auch die Schranken fallen, bei der Begleichung der „Péage“ kennen die Franzosen kein Pardon.

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