Erste Bundesländer prüfen Waffenentzug für AfD-Mitglieder
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Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg zum Recht auf Waffenbesitz von AfD-Mitgliedern könnte perspektivisch bundesweite Auswirkungen haben. Grund dafür ist die Begründung des Gerichts für seine Entscheidung Ende März.
Zwei AfD-Politikern sowie einem ehemaligen Parteimitglied war zuvor die Erlaubnis entzogen worden, Waffen zu besitzen. Sie wehrten sich gegen die Entscheidung, scheiterten jedoch am 28. März vor Gericht. Das Gericht attestierte dem als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuften Landesverband Sachsen-Anhalt "eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung".
Weiter begründete es seinen Entschluss, es wäre notwendig gewesen, "dass sich das einzelne Mitglied beziehungsweise der Unterstützer beharrlich von Verhaltensweisen und Aussagen anderer Mitglieder, die das Auftreten der AfD Sachsen-Anhalt prägten, distanziere", berichtete der MDR. Das sei aber nicht geschehen. Die Tatsache, "dass die Kläger seit Jahren über waffenrechtliche Erlaubnisse verfügten, ohne waffenrechtlich auffällig geworden zu sein, genügt für die Annahme des Vorliegens einer Ausnahme von der Regelvermutung nicht", heißt es vom Verwaltungsgericht weiter.
Nun müssten auf Basis dessen weitere AfD-Mitglieder in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus ähnliche Schritte fürchten. In 76 Fällen prüfe die Waffenbehörde des Landes den Entzug von Erlaubnissen für Jagd- und Sportwaffen, teilt das Innenministerium auf eine Anfrage der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) mit. Und das Arsenal der Parteimitglieder und -unterstützer soll beträchtlich sein. Um 330 Schusswaffen allein in Sachsen-Anhalt geht es nach Angaben der SZ.
AfD in Sachsen-Anhalt bereits länger "gesichert rechtsextrem"
"Der Waffenbesitz von Extremisten ist eine Gefahr, sowohl für den demokratischen Rechtsstaat als auch für jeden einzelnen Bürger. Den illegalen Waffenbesitz gilt es in jeder Hinsicht mit polizeilichen und strafprozessualen Mitteln zu bekämpfen", warnte Innenministerin Tamara Zieschang von der CDU kürzlich im Landtag. Deshalb seien "die Waffenbehörden nunmehr in der Pflicht, die waffenrechtliche Zuverlässigkeit der Mitglieder der AfD und der Jungen Alternative zu prüfen", so die Innenministerin weiter.

Karten und Daten Welche AfD-Gliederungen gelten eigentlich (nicht) als rechtsextrem?
Die Entscheidung in Sachsen-Anhalt könnte bald bundesweit Schule machen. "Wenn eine Partei als gesichert rechtsextremistisch eingestuft ist, ist das natürlich von Bedeutung: Waffen gehören nicht in die Hände von Feinden unserer Demokratie", sagte beispielsweise Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl der SZ. Der Verfassungsschutz des Landes hatte die AfD in Sachsen-Anhalt bereits Ende 2023 als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Kürzlich entschied der Verfassungsschutz, die Partei bundesweit entsprechend einzustufen. Derzeit ist die öffentliche Einstufung jedoch ausgesetzt - vom Tisch ist sie allerdings nicht.
Im Nachbarbundesland Thüringen ist der AfD-Landesverband bereits seit März 2021 als erwiesen rechtsextrem durch den Landesverfassungsschutz eingestuft. Dort wird ebenfalls eine dreistellige Zahl von Waffen Mitgliedern der AfD zugerechnet - um 154 Pistolen und Gewehre soll es sich laut SZ handeln. Dort hätten die Prüfungen der Waffenscheine ebenfalls begonnen. In 22 Fällen hätte das Land bereits ein Widerrufsverfahren gegen Waffenerlaubnisse eingeleitet, teilte das Innenministerium der SZ mit.
Anfang Mai entschied das Oberverwaltungsgericht Münster noch zugunsten eines AfD-Mitglieds und seiner Frau, berichtet Legal Tribune Online (LTO). Begründet wurde dies damit, dass die AfD in Nordrhein-Westfalen zum Entscheidungszeitpunkt noch als Verdachtsfall geführt wurde und nicht als "gesichert rechtsextrem". Die Einstufung als Verdachtsfall reiche demnach nicht. Allein das AfD-Mitglied besitze nach Angaben von LTO 197 Waffen. Er wollte eine weitere auf seiner Waffenbesitzkarte eintragen lassen. Seine Ehefrau besitzt dem Bericht zufolge 27 Schusswaffen.
Experte ist skeptisch
Aber selbst die Einstufung als "gesichert rechtsextremistisch" durch den Verfassungsschutz sei keine Garantie, dass ein solcher Entzug Bestand hat, erklärt Michael Brenner, Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Jena, gegenüber der SZ. "Einen pauschalen Entzug bei AfD-Mitgliedern wird die Rechtsprechung so wohl nicht mitmachen. Allerdings dürften die Anforderungen für den Entzug der Waffenerlaubnis nicht mehr so hoch sein wie bisher." Man wird jedes Mal "den Einzelfall prüfen und eine Entscheidung jeweils individuell begründen müssen", so der Experte. In Thüringen will man genau so verfahren. Jeder Einzelfall würde von der zuständigen Waffenbehörde geprüft, heißt es dort.
Aufgrund der Unsicherheit und der ausgesetzten öffentlichen Einstufung der Bundes-AfD als "gesichert rechtsextremistisch" durch den Bundesverfassungsschutz, warten andere Bundesländer - Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz - noch ab. "Noch ist die Hochstufung nicht rechtskräftig, deshalb wird man beim Thema Waffen umso vorsichtiger vorgehen müssen", sagte Brenner der SZ. Sollte die Hochstufung bestätigt werden, müsste allerdings geprüft werden, ob künftig "die reine Mitgliedschaft in der AfD bereits zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führt", teilte etwa das bayrische Innenministerium der "Süddeutschen Zeitung" mit.
Baden-Württemberg strebt ein geschlossenes Vorgehen der 16 Bundesländer an. Eine Abstimmung darüber könnte bei der nächsten Innenministerkonferenz vom 11. bis 13. Juni in Bremerhaven stattfinden.
Und was sagt die AfD selbst dazu? Sie sieht das Vorgehen als Versuch, die Partei unter Druck zu setzen. "Das Vorgehen der Behörden in Sachsen-Anhalt sowie auch in anderen Bundesländern dient offensichtlich vor allem der Einschüchterung von AfD-Mitgliedern mittels repressiver Maßnahmen der Exekutive", teilte die Bundes-AfD auf Anfrage der SZ mit. Nach Kenntnis der Parteizentrale sei bisher kein AfD-Mitglied wegen einer Straftat im Zusammenhang mit Waffenbesitz rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Umstand allein genügt aber nicht, um Waffen besitzen zu dürfen, wie die Entscheidung in Magdeburg gezeigt hat.
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