Die Leitung der Universität Harvard hatte es kommen sehen. Schon Ende März berichteten US-Medien, dass die Regierung von Donald Trump den Ausschluss ausländischer Studenten erwäge. Auf „Hamasniks“ sollte die Maßnahme abzielen, wie Angehörige der Administration streuen ließen, auf militante Kritiker von Israels Vorgehen im Gazastreifen. Mehr als 300 Studenten haben seit Trumps Amtsantritt bereits ihr Studentenvisum verloren. Jeder ausländische Student sei bald „ein potenzielles Ziel“, ließ sich seinerzeit ein Regierungsvertreter von „Axios“ zitieren.

Am Donnerstag zog Trumps Innenministerin die Schlinge, die die Regierung ohnehin schon um den Hals der Elite-Universität gelegt hatte, noch ein Stück enger. Heimatschutzministerin Kristi Noem entschied, dass die Universität „Gewalt und Antisemitismus fördert und mit der Kommunistischen Partei Chinas auf ihrem Campus zusammenarbeitet" und deshalb sanktioniert werden müsse.

Noem ordnete an, das Zertifizierungsprogramm für die Elite-Universität zu stoppen. Bereits bei Harvard eingeschriebene ausländische Studenten müssten die Uni wechseln oder würden ihre studentische Aufenthaltserlaubnis verlieren. Mit 6800 Studenten kommen 27 Prozent der aktuell in Harvard Eingeschriebenen aus dem Ausland.

Selbst eherne Trump-Anhänger bewerteten das Vorgehen als „ziemlich ungewöhnlich“, etwa der erzkonservative Podcaster und Aktivist Charlie Kirk. „Das ist wie ein Todesurteil für Harvard als globale Elite-Institution.“ Andere „America First“-Fans bekundeten hingegen pure Begeisterung. „Keine Ausbildung mehr für Amerikas Feinde auf Kosten der Steuerzahler. Noch ein großer Sieg!“, erklärte der rechte Kommentator Alex Jones.

Der Bann für ausländische Studenten ist nur eine in einer Reihe von Sanktionen, die Trump verhängen ließ. Schon in den vergangenen Wochen ließ er Fördergelder in Höhe von mehr als umgerechnet zwei Milliarden Euro einfrieren. Die Leitung der Universität ist dagegen vor Gericht gezogen. „Diese Schritte haben Folgen für Patienten, Studenten, die Fakultäten, Angestellte, Forscher und den weltweiten Ruf der höheren Bildung in den USA“, erklärte Präsident Alan Garber.

Zumindest für die betroffenen ausländischen Studenten gibt es vorerst eine Atempause. Ein Richter in Kalifornien legte am Donnerstag eine landesweit geltende einstweilige Verfügung gegen Noems Anordnung ein. Aber Trump wird in seinem Kampf gegen Harvard nicht klein beigeben. Er fordert einen kompletten Umbau der Universität, von der Führung über Einstellungsprogramme bis in den akademischen Betrieb.

Dagegen wird sich Harvards Führung weiter wehren. Die Elite-Universität hat anders als andere Hochschulen des Landes dem Druck aus Washington nicht nachgegeben. Andere Einrichtungen wie die University of Virginia haben bereits Programme für Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Inklusion eingestellt. Harvard hingegen hat sich entschieden, eine Widerstandshochburg der USA zu werden.

Heimatschutzministerin Kristi Noem will sich das nicht gefallen lassen. Weder in Neuengland, noch anderswo. „Harvard hatte genügend Gelegenheit, das Richtige zu tun. Es hat sich geweigert. Das sollte zugleich eine Warnung sein an alle Universitäten und akademischen Einrichtungen des Landes.“

Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel. Hier finden Sie alle ihre Artikel.

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