Großbritannien gibt Inseln ab – was hinter dem Chagos-Deal steckt
Die Malediven sind 500 Kilometer entfernt, Indien fast 2000 Kilometer und London annähernd 10.000 Kilometer: Mitten im Indischen Ozean liegen die Chagos-Inseln, ein Archipel mit Sandstränden und Kokos-Palmen. Doch die Atolle sind von entscheidender geopolitischer Bedeutung.
Als Überbleibsel des Kolonialreiches gehörten die Chagos-Inseln als Überseegebiet bisher zu Großbritannien – bis jetzt. Am Donnerstag unterzeichnete Premierminister Keir Starmer eine Vereinbarung, die die Übergabe des Archipels an den Insel-Staat Mauritius vorsieht, etwa 2000 Kilometer entfernt. Das britische Parlament muss den Deal noch billigen, was als wahrscheinlich gilt.
Bedingung für die Übertragung ist, dass Großbritannien über 99 Jahre lang Zugang zum Militärstützpunkt Diego Garcia auf dem gleichnamigen Atoll erhält. Die Basis nutzt Großbritannien gemeinsam mit den USA. Im Gegenzug zahlt Großbritannien im Schnitt 101 Millionen Pfund (120 Millionen Euro) pro Jahr an Mauritius.
Diego Garcia ist eine der weltweit wichtigsten Basen der britischen und der US-Armee. Auch bei den Kriegen in Vietnam, im Irak und in Afghanistan spielte die Insel eine Rolle. Luftschläge gegen die Huthi-Miliz im Jemen wurden von B-2 Spirit-Bomber von der Basis ausgeführt.
Starmer bezeichnete die Lage des Militärstützpunkts daher als von „größter Bedeutung für Großbritannien“. Der Stützpunkt sei einer der wichtigsten Beiträge, die das Land in der Sicherheitspartnerschaft mit den USA mache.
Zu den „einzigartigen und unverzichtbaren“ Fähigkeiten, die der Standort biete, gehören demnach ein Flugplatz- und Tiefwasserhafen sowie Einrichtungen, die den weltweiten Betrieb des Satellitennavigationssystems GPS unterstützen und die Überwachung von Objekten im Erdorbit ermöglichen. Außerdem sei dort Ausrüstung zur Überwachung des Verbots von Nuklearversuchen.
Großbritannien deportierte Bewohner der Chagos-Inseln
Großbritannien kontrolliert die Chagos-Inseln seit der Übernahme von Frankreich im Jahr 1814. Sie wurden gemeinsam mit der früher ebenfalls britischen Kolonie Mauritius verwaltet. Bevor die britischen Kolonialherren Mauritius 1968 in die Unabhängigkeit entließen, trennten sie die Chagos-Inseln administrativ ab und beließen sie unter britischer Kontrolle.
In den 1960er- und 1970er-Jahren deportierte Großbritannien die Bevölkerung – etwa 2000 Personen – wegen des Baus der Militärbasis zunächst von Diego Garcia, später vom gesamten Archipel nach Mauritius. Geschätzt 10.000 ursprüngliche Bewohner und ihre Nachfahren leben nun in Mauritius, Großbritannien und auf den Seychellen. Sie forderten teils ein Recht auf Rückkehr. Eine Frau, die dort geboren worden war und gegen die Übertragung an Mauritius klagt, verzögerte die Unterzeichnung der Übergabe kurzzeitig gerichtlich.
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag und auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen unterstützten den jahrzehntealten Anspruch von Mauritius auf die Inseln. Konservative Politiker in Großbritannien kritisierten die Pläne dagegen als Ausverkauf strategischer britischer Interessen und warnten, man laufe Gefahr, das Gebiet chinesischem Einfluss zu überlassen. Mauritius hat 1,2 Millionen Einwohner und sich zuletzt China angenähert.
US-Außenminister Marco Rubio lehnte den Deal im vergangenen Herbst, damals noch als Senator, ab und sprach von einer „ernsten Gefahr“ für die Sicherheit der USA. Verhindern konnte die US-Regierung das Abkommen aber nicht mehr. Premierminister Starmer verteidigte den Deal. Die Vereinbarung sei der einzige Weg, die Militärbasis auf lange Sicht zu erhalten.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke