Die Suche nach einem Abi-Motto an der Gießener Liebigschule sorgen für Aufsehen und Entsetzen. Auf einer Website, bei der anonym Vorschläge für ein Motto gemacht werden konnten, tauchte unter anderem die Formulierung „NSDABI – Verbrennt den Duden“ auf, die auf die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) anspielt. Diese Idee erhielt viele positiven Bewertungen. Die „Gießener Allgemeine“ berichtete zuerst darüber und nannte auch weitere Mottos mit NS-Anspielungen.

Der Abiturjahrgang 2026 der Liebigschule distanziert sich in einer Stellungnahme den Vorschlägen. „Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierungen jeder Art haben an unserer Schule keinen Platz!“, heißt es darin. Der Jahrgang stellt auch klar, dass der Link zu der Website nur für die Abikommitee-Gruppe vorgesehen war, aber weiter verbreitet worden sei. Außerdem sei es möglich gewesen, den Link als Einzelperson beliebig oft neu zu öffnen und entsprechende Mottos mehrfach zu liken. Die Mottos seien aber – anders als auch von WELT berichtet – nicht offiziell zur Abstimmung gestanden und seien demnach auch nicht gewählt worden.

Die Organisatoren des Jahrgangs wandten sich an den Schuldirektor und veranlassten die Schließung der Website. „Wir sind überzeugt, dass es sich um wenige Einzelpersonen handelt und der größte Teil unseres Jahrgangs unbeteiligt ist. Im Gegenteil – Mitglieder unseres Jahrgangs haben sich dafür eingesetzt, dass der Vorfall schnellstmöglich gemeldet wird. Wir weisen jegliche Vorwürfe zurück, die unseren Jahrgang oder unsere Schule als rechtsextrem bezeichnen, dies ist nicht der Fall!“, heißt es.

Weiter schreibt der Abiturjahrgang in der Stellungnahme: „Wir – der Abijahrgang 2026 der Liebigschule – schämen uns für die aus unserem Jahrgang, die diese Abimottos verfasst und veröffentlicht haben. Das war weder ein Scherz, noch eines ‚unreife Aktion‘! Wir haben zusammen die gleiche Schulzeit erlebt und sind mittlerweile größtenteils volljährig. In diesem Alter sollte längst jedem und jeder bewusst sein, dass dies absolut inakzeptabel und meilenweit von einem Scherz entfernt ist. Wir distanzieren uns ausdrücklich von diesen Personen und den in den ‚Abimottos‘ vermittelten Botschaften und unterstützen und fordern ausdrücklich Konsequenzen!“

Der Vorfall an der Schule rief auch die Polizei auf den Plan. Nachdem man von der Sache Kenntnis erlangt habe, sei von Amts wegen eine Strafanzeige in der Sache gefertigt worden, hieß es. Auch die Staatsanwaltschaft Gießen hat Kenntnisse von den Vorfällen und werde nach Vorlage der Akten prüfen, ob eine strafrechtliche Relevanz vorliege, sagte ein Sprecher.

Die Schule selbst reagierte mit einer auf ihrer Homepage veröffentlichten Stellungnahme auf die Vorwürfe. Die Schulleitung habe den gesamten Jahrgang zusammengerufen worden, um den Vorfall „in aller Deutlichkeit zu missbilligen und klar Stellung gegen diese demokratiefeindlichen Gedanken zu beziehen“, hieß es. Zudem seien externe Stellen wie DEXT (Demokratieförderung und Extremismusprävention) hinzugezogen worden, die sich mit „Hessen gegen Hetze“ abgestimmt hätten. Auch auf die Polizei und die Staatsanwaltschaft verwies die Schule.

Auch die Schule distanziert sich von Äußerungen

Die Schulleitung dankte „ausdrücklich“ den Schülern, die sie auf die Vorkommnisse aufmerksam gemacht hätten. „Sie haben eine vorbildliche Haltung gezeigt, die ein starkes moralisches Bewusstsein ausdrückt“. Man distanziere sich in aller Form von den Vorschlägen – sie stünden in direktem Widerspruch zu dem Leitbild, „das auf Respekt, Vertrauen, Achtsamkeit, Kooperationsbereitschaft und Freundlichkeit basiert“, hieß es.

Für den Fall, dass es erneut zu ähnlichen Vorfällen komme, werde man die demokratischen Überzeugungen mit Nachdruck vertreten. Die Schule teilte weiter mit: „In unserer Schulgemeinde haben Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung keinen Platz. Hierfür stehen wir gemeinsam ein!“

Der Polizeisprecher erklärte, ergänzend zu den Ermittlungen stehe man im engen Austausch mit der Stadt Gießen als Schulträger sowie der Schulleitung. „Wir prüfen aktuell zusammen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz und den Beteiligten, ob beispielsweise ein erweitertes Präventionsangebot zielführend ist.“

Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU) teilte mit: „Dieser Vorfall hat uns entsetzt und wird von der Schule lückenlos aufgearbeitet.“ Das hessische Bildungsministerium unterstütze bei der Werte- und Demokratiebildung sowie bei Maßnahmen zur Extremismusprävention. Der Politikunterricht sei beispielsweise nicht länger abwählbar.

Die Landesschülervertretung reagierte ebenfalls mit Entsetzen: „Solche Vorschläge sind keine schlechten Witze, sondern Ausdruck einer tief sitzenden Geschichtsvergessenheit und eines Mangels an demokratischer Bildung“, betonte Landesschulsprecherin Nele Vogel. Erinnerung sei keine Option, sondern Pflicht. Und Schule sei kein Ort für NS-Verharmlosung – niemals, hieß es weiter in der Mitteilung.

Hinweis, 21:37 Uhr, 20. Mai: Wir haben den Artikel um die Stellungnahme des Abiturjahrgangs ergänzt und an den entsprechenden Stellen korrigiert.

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