Grenzkontrollen: Wenige Zurückweisungen von Asylbewerbern und Bundespolizei am Anschlag
Inhalt des Artikels:
- Wo und in welchem Umfang finden Grenzkontrollen statt?
- Bis wann gibt es Grenzkontrollen?
- Was sind Zurückweisungen an der Grenze?
- Was ist der Unterschied zwischen Zurückweisung und Zurückschiebung?
- Wie läuft eine Zurückweisung an der Grenze ab?
- Werden alle Asylbewerber an der Grenze abgewiesen?
- Wer wird an der Grenze kontrolliert?
- Was bringen die Grenzkontrollen?
- Was ist mit der grünen Grenze?
Wo und in welchem Umfang finden Grenzkontrollen statt?
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat am Mittwoch vergangener Woche verstärkte Kontrollen an Deutschlands Außengrenzen angewiesen. Zugleich ordnete der CSU-Politiker an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden sollen.
Nach Aussage von Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) wurden rund 3.000 zusätzliche Einsatzkräfte der Bundespolizei abgestellt. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) handelt es sich um Kräfte der Bereitschaftspolizei und um mobile Einheiten. Kontrolliert werde an 50 stationären Kontrollpunkten.
Bis wann gibt es Grenzkontrollen?
Ein festes Datum für das Ende der verstärkten Kontrollen gibt es nicht. Kanzleramtsminister Frei sprach am Mittwoch bei einer Fragestunde im Bundestag jedoch von einer "enorme Belastungsprobe" und eine "massive Herausforderung" für die Bundespolizei. Sie könnten deshalb auch "nicht in alle Ewigkeit" fortgesetzt werden.
Der Vorsitzende der GdP, Andreas Roßkopf, sagte am Donnerstag: "In diesem Umfang können wir die Kontrollen nur wenige Wochen oder ein paar Monate durchführen." Die Beamtinnen und Beamten würden nun teils 12-Stunden-Schichten machen, Fortbildungen seien gestrichen, ein Abbau von Überstunden nicht mehr möglich.
Was sind Zurückweisungen an der Grenze?
Zurückweisungen an der Grenze sind gängige Praxis. Versucht eine Person unerlaubt einzureisen, kann sie zurückgewiesen oder bei bereits erfolgter Einreise zurückgeschoben werden. Das ist etwa der Fall, wenn ein Visum fehlt oder eine Einreisesperre nach Deutschland vorliegt.
Neu ist, dass die Bundespolizei durch das Innenministerium aufgefordert wurde, auch Asylsuchende abzuweisen. Damit bricht Deutschland europäisches Recht. Denn das verpflichtet Deutschland, den Asylanspruch zu überprüfen. Dies gilt auch, wenn die Person aus einem sicheren Drittstaat wie einem anderen EU-Land einreist. Deutschland muss dann in einem sogenannten Dublin-Verfahren zunächst prüfen, welches Land für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. An der Grenze ist dies nicht möglich.
Inwieweit die Anordnung der Zurückweisungen legal ist, ist Gegenstand einer juristischen Debatte. Fachleute halten es für wahrscheinlich, dass letztlich Gerichte entscheiden müssen.
Was ist der Unterschied zwischen Zurückweisung und Zurückschiebung?
Entscheidender Unterschied ist der Ort, an dem eine unerlaubt anreisende Person aufgegriffen wird. Eine Zurückweisung kann erfolgen, wenn eine Person unmittelbar an der Grenze durch die Polizei angehalten wird. Dann ist rechtlich gesehen noch kein Grenzübertritt erfolgt. Eine Zurückschiebung ist möglich, wenn eine Person nach dem Grenzübertritt aufgegriffen wird und insofern aus juristischer Sicht bereits eingereist ist.
Juristischer Unterschied ist, dass Deutschland bei Zurückweisungen theoretisch kein Einverständnis des Nachbarlandes einholen muss, wenn es die Einreise blockiert. Die Polizei könnte die Person ins Grenzgebiet zurückschicken beziehungsweise dort stehen lassen, da die Einreise noch nicht stattgefunden hat. In der Praxis nimmt die Bundespolizei jedoch immer Kontakt zum Nachbarstaat auf. GdP-Chef Roßkopf sagt: "Andernfalls könnte das zu einem Pingpong führen. Denn das andere Land könnte die Person wiederum zurückschicken. Deshalb sind Absprachen hier unumgänglich."
Es handelt sich um ein festgelegtes Prozedere mit festen Ansprechpartnern bei sogenannten Überstellungsdienststellen. Nach Angaben der GdP kann es mehrere Stunden dauern, ehe die Polizei des Nachbarlandes auf ein Überstellungsangebot reagiert. Lehnt das Nachbarland die Zurückweisung beziehungsweise Zurückschiebung ab, kommen die Personen in eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber.
Aktuell passiert das bereits. Polen hat sich beispielsweise bereits geweigert, Asylsuchende wieder zurückzunehmen, wie die "Welt" am Donnerstag berichtete.
Wie läuft eine Zurückweisung an der Grenze ab?
Wird eine Person an der Grenze kontrolliert, überprüft die Bundespolizei nach Angaben der GdP zunächst die Papiere, also den Pass und gegebenenfalls das Visum. Es findet eine kurze Befragung statt, woher die Person kommt und wohin sie reisen möchte. Wer Asyl in Deutschland beantragen will, wird erkennungsdienstlich behandelt. Die Beamtinnen und Beamten nehmen also etwa Fingerabdrücke, die dann mit dem Ausländerzentralregister und der europäischen Datenbank für die Identifizierung von Asylbewerbern (Eurodac) abgeglichen werden. Wenn die Bundespolizei keine Einreiseerlaubnis erteilt, kann eine Zurückweisungsverfügung ausgestellt werden. Die Zurückweisung oder Zurückschiebung an das Land, aus dem die Person gekommen ist, folgt (siehe oben).
Werden alle Asylbewerber an der Grenze abgewiesen?
Nein, es gibt Ausnahmen für sogenannte vulnerable Gruppen, also für besonders verwundbare Personen. Als vulnerable Menschen sind nach Angaben der GdP Schwangere und Frauen mit kleinen Kindern anzusehen, ebenso allein reisende Minderjährige sowie hilfsbedürftige oder kranke Menschen. Die Beamten der Grenzpolizei seien geschult und erfahren, um zu erkennen, ob eine Person vulnerabel sei. Der stellvertretende GdP-Vorsitzende Sven Hüber, zuständig für den Bereich Bundespolizei und Zoll sagt: "Nach meiner Erfahrung wird hier ein großzügiger Maßstab gewählt, denn der Beamte muss seine Entscheidung am Ende auch rechtfertigen können". Im Zweifel würden zusätzlich Fachleute vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) oder medizinische Sachverständige hinzugezogen.
Wer wird an der Grenze kontrolliert?
Die Polizei kann an der Grenze nur eine begrenzte Anzahl an Personen kontrollieren. Die meisten Fahrzeuge passieren die Kontrollstellen, ohne angehalten zu werden. Wie also wählt die Bundespolizei aus, wen sie kontrolliert? "Das hat sehr viel mit Ausbildung und Erfahrung zu tun", sagt GdP-Vorsitzender Roßkopf. An den Kontrollstellen werde die Geschwindigkeit reduziert, damit die Beamtinnen und Beamten Zeit hätten, um mehrere Parameter zu überprüfen. "Dazu zählen etwa, um welchen Fahrzeugtyp es sich handelt, wie sich die Personen darin verhalten oder ob das Fahrzeug überhaupt einsehbar ist."

Was bringen die Grenzkontrollen?
Die Gewerkschaft der Polizei bezweifelt den Nutzen der verstärkten Grenzkontrollen zur Senkung der Asylbewerberzahlen. Die Zahl der Zurückweisungen sei sehr gering im Vergleich zur Gesamtzahl der Asylanträge. GdP-Experte Hüber: "Der Ertrag hält sich in sehr engen Grenzen. Die Schleuser sind hochprofessionell und beobachten unsere Aktivitäten. Daher lassen diese Organisationen die Asylsuchenden momentan schlicht in ihren Zwischenunterkünften im Ausland und warten ab, wie sich die Lage entwickelt."
Effektiver wäre es daher aus Hübers Sicht, die mobile Schleierfahndung intensiver und vor allem mit modernsten Fahndungshilfsmitteln durchzuführen. "Hier fehlt seit vielen Jahren die moderne, notwendige Ausstattung wie Drohnentechnik, Kameratechnik, moderne schnelle Fahndungsfahrzeuge, mobile Kontrollstellen sowie Kennzeichenerfassungstechnik. Hier muss sehr schnell gehandelt werden, um Personal einzusparen und die Bundespolizei zu einer modernen flexiblen Grenzpolizei aufzubauen."
Das Bundesinnenministerium sieht die stationären Grenzkontrollen hingegen als erfolgreich an. Minister Dobrindt bilanzierte am Donnerstag: "Die Kontrollen wirken." Innerhalb von sieben Tagen seien 729 Versuche der illegalen Einreise zurückgewiesen worden, darunter 32 Asylbewerber. In der Vorwoche habe die Bundespolizei ohne den verstärkten Einsatz lediglich 511 Zurückweisungen durchgeführt.
Die ehemalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach im Dezember ebenfalls davon, dass sich die Kontrollen aller Außengrenzen bewährt hätten. Asylgesuche seien zurückgegangen, viele Schleuser festgenommen worden.
Was ist mit der grünen Grenze?
Polizeivertreter betonen immer wieder, dass es nicht möglich sei, die 3.800 Kilometer lange Grenze Deutschlands umfassend zu kontrollieren. Da Migrantinnen und Migranten bei einem Zugriff schlimmstenfalls mit einer Zurückweisung rechnen müssen, können sie recht risikolos immer wieder an unterschiedlichen Stellen versuchen, die Grenze nach Deutschland zu überqueren.
mit Material von AFP
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