Der russische Präsident Wladimir Putin und sein US-Kollege Donald Trump werden offenbar nicht an den geplanten Ukraine-Gesprächen am Donnerstag in der Türkei teilnehmen. Das Präsidialamt in Moskau veröffentlichte am Mittwochabend eine Liste der Teilnehmer seiner Delegation. Putins Name stand nicht auf dieser Liste.

Stattdessen soll unter anderem der Präsidentenberater Wladimir Medinski in die Türkei reisen. Der 54-Jährige gilt als einer der prägenden Ideologen des Putin-Systems und vermittelte auch in Schulbüchern eine unter Historikern umstrittene Sichtweise der russischen und ukrainischen Geschichte. Wissenschaftler und Kremlkritiker werfen ihm bewusste Fälschungen und Geschichtsklitterung für politisch-propagandistische Zwecke vor.

Zudem werden der stellvertretende Außenminister Michail Galusin, der Chef der Hauptdirektion des Generalstabs der russischen Streitkräfte Igor Kostjukow und der stellvertretende Verteidigungsminister Alexander Fomin an den Gesprächen teilnehmen. Zudem sollen Experten des Verteidigungsministeriums, des Generalstabs, des Außenministeriums und der Präsidialverwaltung dabei sein.

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Kurz nachdem bekannt geworden war, dass Putin nicht anreisen wird, sagte ein US-Regierungsvertreter, Trump werde nicht zu dem in Istanbul vorgesehenen Treffen fliegen. Trump habe verzichtet, nachdem er vom Verbleib des Kremlchefs in Moskau erfahren habe, berichtete Fox News unter Berufung auf eine informierte Quelle. Der US-Präsident hielt sich am Mittwoch im Nahen Osten auf und hatte zuvor noch angedeutet, er könnte nach Istanbul weiterreisen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj brach dagegen nach Angaben eines Insiders in die Türkei auf. „Wir sind auf dem Weg“, sagte die Person der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwochabend. Als Ziel wurde allerdings die Hauptstadt Ankara und nicht Istanbul genannt. Es war nicht klar, ob Selenskyj vorhat, nach Istanbul weiterzureisen.

Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha teilte wiederum mit, er habe sich mit US-Außenminister Marco Rubio getroffen. Er habe Rubio die „Friedensvision“ des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erläutert. Zudem sei es bei dem Gespräch um die „Abstimmung der Positionen in dieser kritischen Woche“ gegangen.

Trumps Sonderbeauftragter Steve Witkoff hatte am Nachmittag angekündigt, er werde zusammen mit US-Außenminister Marco Rubio nach Istanbul reisen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wird dagegen offenbar nicht dabei sein. Dies berichtete die russische Zeitung „Kommersant“ ohne Angabe einer Quelle. Sein Name war am Abend auch nicht auf der Liste des Präsidialamts.

Das Treffen am Donnerstag hatte sich erst vor wenigen Tagen abgezeichnet. Die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, Polens und Großbritanniens hatten am Wochenende den Druck auf den Kreml erhöht. Sie drohten Putin mit einem weiteren Sanktionspaket, sollte er nicht einer 30-tägigen Feuerpause zustimmen.

Der russische Präsident ging nicht darauf ein und konterte mit dem Vorschlag, zwischen der Ukraine und Russland direkte Gespräche abzuhalten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, er werde am Donnerstag in Istanbul auf Putin warten. Rückendeckung erhielt er von US-Präsident Donald Trump, der sich bereit erklärte, möglicherweise selbst nach Istanbul zu reisen.

Putin dagegen, der diese Gespräche vorgeschlagen hatte, befand sich in einer Zwickmühle: Wäre er selbst nach Istanbul gereist, hätte er Selenskyj, der in seinen Augen unrechtmäßig regiert, aufgewertet. Sagt er, wie nun geschehen, ab, könnte auch bei Trump die Einsicht reifen, dass der russische Präsident am Ende nicht ernsthaft an Friedensverhandlungen interessiert ist.

Russland und die Ukraine haben sich immer wieder gegenseitig vorgeworfen, kein echtes Interesse an Friedensverhandlungen zu haben. Moskau warf der ukrainischen Seite vor, mit westlicher Waffenhilfe weiter um die Rückeroberung der von Russland einverleibten Gebiete kämpfen wolle. Kiew wiederum befürchtet, dass Moskau vor allem weitere ukrainische Gebiete besetzen will, um die Staatlichkeit des Landes zu zerstören.

Unter Trump treten die USA als Vermittler in dem Konflikt auf. Zuletzt gab es im März Verhandlungen unter Vermittlung der Amerikaner in Saudi-Arabien - jeweils getrennt mit der russischen und der ukrainischen Seite. Zu direkten Gesprächen zwischen Russen und Ukrainern kam es dabei in Riad ebenso wenig wie zu einer grundlegenden Einigung der Kriegsparteien.

Direkte Gespräche zwischen Russen und Ukrainern über eine Beendigung des Blutvergießens hatte es zuletzt 2022 nach Kriegsbeginn gegeben - in der Türkei. Es waren die bisher letzten und einzigen direkten Gespräche zwischen den beiden Ländern seit Ausbruch des Krieges. Recherchen von WELT AM SONNTAG hatten gezeigt, dass sich beide Seiten recht nahe gekommen waren, bevor die Gespräche scheiterten.

Letztlich scheiterte die Unterzeichnung eines Abkommens damals aber auch daran, dass Russland zwar Garantiemacht für die Sicherheit der Ukraine sein wollte, selbst aber ein Vetorecht gegen das Eingreifen anderer Staaten wie der USA oder Großbritanniens forderte. Damit wäre die Ukraine in völlige Abhängigkeit vom guten Willen des Kreml geraten.

Vor den jetzt anstehenden Gesprächen hatte die EU mit neuen Sanktionen gedroht, sollte es zu keinen deutlichen Fortschritten in Richtung einer Feuerpause kommen. Bundeskanzler Friedrich Merz sagte am Dienstag, es könnten der russische Finanzmarkt und Energiesektor ins Visier genommen werden

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