„Ich bin die Cathy“, sagt Hummels. „Das habe ich befürchtet“, meint Söder
Ihr Gast sei „kein Geringerer als unser Ministerpräsident Doktor Markus Söder“, kündigt Cathy Hummels am Dienstagabend ihren gut 100 Gästen von der Bühne im Festsaal des Münchner Hotels „Marias Platzl“ an. „Dresscode: Tracht“, stand auf der Einladung, und bis auf ein paar Kameraleute halten sich auch die meisten daran. Hummels, 37 Jahre alt, zierlich, optisch eher Mitte oder Ende zwanzig, trägt ein elegantes hellblaues Dirndl und eine kamelfarbene Jacke.„Mir geht es nicht um Politik“, sagte die Ex-Frau des früheren Bundesliga-Profis Mats Hummels. Sondern: „Was ist das für ein Mensch, ganz privat?“
„Cathys Stammtisch“ hat sie die Veranstaltung betitelt und auf Postern die Hashtags #SöderIsst und #CathyKocht ausgehängt. #SöderIsst ist eine Erfindung Söders, der sich auf X oder Instagram gern mit Selfies zeigt, auf denen er in einen Burger beißt oder einen Schweinsbraten auf dem Teller anhimmelt. Cathy dagegen kocht rein vegetarisch und teilt als Influencerin entsprechende Kochtipps. Und damit ist eigentlich auch schon klar, dass das Private auch an diesem Abend sehr wohl politisch und beruflich ist, auch wenn der Talk zwischen den beiden privat verpackt ist.
„Wie darf ich Sie nennen?“, fragt sie den Gast, der sich Söder-typisch eine halbe Stunde verspätet. Der antwortet nicht, sondern fragt zurück: „Das ist privat hier?“ Sie habe ihn doch eher beruflich „angeschleppt“. Darauf Hummels: „Ich werde lieber abgeschleppt“. Lachen im Publikum. „Dafür bin ich nicht zuständig“, erwidert Söder. Nach einer Minute einigen sich beide aufs Duzen. „Ich bin die Cathy“, sagt Hummels. „Das habe ich befürchtet“, meint Söder. Wieder Lacher im Publikum. Ab jetzt ist er der Markus.
Dann berichtet Söder vom ersten Kuss
Bevor der Talk beginnt, muss Cathy ein Bierfass anstechen. Sie fragt Markus, ob er das auch schon mal musste. Ja, „und ich hatte mehr Angst vor dem ersten Fass als vor dem ersten Kuss“. Den ersten Kuss habe er in der U-Bahn erlebt. Das Fass steht auf der Bühne für Cathy schon bereit. Sie hängt sich eine Schürze um, greift den Hahn und den Schlegel und hämmert los. Zuerst zu schüchtern, etwas schief und ohne Wirkung. Dann nochmal, und nochmal, und nochmal und beim fünften Mal ist der Hahn drin, aber nicht ganz. Das Bier spritzt hervor. Ein Helfer springt heran. Sie bändigen das Fass. Cathy legt die Schürze wieder ab. Markus bekommt einen Krug, Cathy nicht. „Ich trinke kein Bier.“ Markus nimmt einen Schluck. Dann gießt er sich Wasser aus einer Flasche vor sich in eine Tasse. Beim Wasser bleibt er dann auch.
Die Show, die die beiden auf der Bühne abziehen, ist unterhaltsam bis lustig. Cathy und Markus sind ja beide Influencer. Markus, der politische Influencer, erzählt aus seinem Leben. Wie er sich als Achtklässler mehr „für das andere Geschlecht und für Politik“ interessierte als fürs Lernen, und der Vater ihm darum sagte, wenn es mit der Schule nicht klappe, dann könne er in das elterliche Handwerkergeschäft einsteigen, Bauhandwerk, aber das wollte er nicht, also lernte er lieber. Erzählt, dass sein Gymnasium zwischen einem Gefängnis und einer Brauerei lag. Wie er dann Jura studierte, sogar seinen Doktor machte, für die Mutter, die ihn gern als Arzt gesehen hätte, also einen Herrn Doktor, jetzt immerhin Doktor der Jurisprudenz.
Was er geworden wäre, wenn es mit der Politik nicht geklappt hätte? „Journalist“, antwortet Söder. Beim öffentlich-rechtlichen Bayerischen Rundfunk habe er volontiert und sich aussuchen können, ob er Sport oder Politik machen wolle. Beim Sport habe aber Waldemar Hartmann wie ein Tyrann geherrscht. Bei der Politik habe es mehrere Tyrannen gegeben, damit käme man leichter klar. Er habe ein paar Mal moderiert. 1994 kam er aber in den Landtag, und statt Journalist wurde er Politiker.
Söder: „Ego und Eitelkeiten spielen in der Politik eine große Rolle“
Das Gespräch auf der Bühne entwickelt sich immer mehr zur gut gemachten TV-Talkshow ohne TV. „Du hast ja eigentlich kein Privatleben“, meint Cathy und will wissen, wie und mit wem er seine Geburtstage feiere. „Mit der Familie.“ Ob es Geschenke gebe? „Ja, Duschgel vom Sohn“. Lacher im Publikum.
Er verstehe Leute nicht, die andere dafür kritisierten, dass sie sich als Politiker zu sehr in der Öffentlichkeit präsentieren, sagt er. „Die Leute leben ja auch von der Öffentlichkeit“. Cathy nickt. Das haben beide gemeinsam. Sie sind öffentliche Menschen. „Ego und Eitelkeiten spielen in der Politik eine große Rolle“, bekennt Söder. An einem der Tische sitzen ein halbes Dutzend Mitarbeiter seiner Staatskanzlei. Sie schauen belustigt zu. Früher habe er auf Berater gehört, die ihm einbläuten, was er in Talkshows sagen solle, und als er in der Talkshow saß, habe er nicht mehr gewusst, was er eigentlich sagen solle.
„Dinge, die bei uns witzig sind, sind in Berlin Schockstarre“, sagt Söder. „Bayern, das ist große Gefühle und große Schönheit –“, dabei schaut er Cathy an. Das Publikum lacht und applaudiert. Söder fährt fort: „– der Natur“. Das Publikum lacht und applaudiert lauter.
Er erzählt von den Koalitionsverhandlungen. Bei der SPD habe es immer veganes Essen gegeben, „Wie bei mir“, wirft Cathy ein. „Und schlechte Stimmung“, schiebt Söder grinsend nach. Wenn die Verhandler sich dagegen in der bayerischen Landesvertretung in Berlin trafen, sei aufgetischt worden: „Weißwurst, Leberkäse, Schweinebraten… und da haben die alles unterschrieben.“
Cathy fragt, ob seine „Söder-Isst“-Postings auf Instagram und X echt seien, ob er die also selbst schreibe und fotografiere. Alles echt und authentisch, versichert Söder. „Was ich poste, meine ich.“ Seine Kritiker – er schaut zu dem Tisch, an dem ein halbes Dutzend Journalisten sitzt – würden übersehen, dass es in den meisten seiner Postings um Politik gehe und nur in wenigen ums Essen. Und dass seine Lieblingskost auf Social Media einfach besser funktioniere. „Ein Salat hat echt miese Klickzahlen.“ Nürnberger Bratwürste und Schweinsbraten laufe besser. „Was viele Leute begeistert hat: Döner.“
Zum Schluss muss Söder essen, was Cathy nach ihren Rezepturen für ihn in der Hotelküche kochen ließ. Eine Kellnerin bringt einen Teller. Söder guckt wenig begeistert. „Ist das ein Steak?“ Cathy erklärt: „Ein Affenkopfsteak“. Daneben liegen Fritten oder etwas, das aussieht wie Fritten. „Petersilienwurzelfritten“, erklärt Cathy. Söder kostet. „Und?“ Söder sagt: „Ich muss es doch nicht aufessen?“ Dann ein Stück frittierten Blumenkohl. „Schmeckt’s?“ „Schmeckt suuuper“, lobt Söder, ein wenig sarkastisch, und das Publikum lacht wieder.
Das Affenkopfsteak will er zuerst nicht anrühren, wagt es dann aber doch und schiebt sich ein Häppchen in den Mund. „Hat’s Dir geschmeckt?“, fragt Cathy. „Gibt’s was zum Nachspülen?“, fragt Söder zurück. Die Stimmung ist jetzt allgemein sehr amüsiert. Cathy löst das Rätsel um das Affenkopfsteak, das natürlich nichts mit einem Affenkopf zu tun hat. „Das ist ein asiatischer Heilpilz. Der fördert die kognitiven Fähigkeiten.“
„Die funktionieren bei mir auch so“, sagt Söder. Und fügt hinzu, quasi als Schlusswort: „Döner macht schöner“.
Christoph Lemmer berichtet für WELT über bundes- und landespolitische Themen, vor allem aus Bayern.
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