Grünen-Bundestagsabgeordnete Jamila Schäfer hat gewarnt, der neuen versöhnlichen Rhetorik von US-Vizepräsident J. D. Vance gegenüber Deutschland und Europa zu viel Gewicht beizumessen. „Es ist zunächst ein gutes Zeichen, dass Vance rhetorisch umschwenkt. Gut möglich, dass die Trump-Administration inzwischen erkannt hat, dass sie in München zu weit gegangen ist. Aber wir dürfen nicht naiv sein. Trump wird weiterhin eine disruptive Strategie verfolgen und unberechenbar sein“, sagte Schäfer WELT.

Schäfer war mit Fraktionskollegin Agnieszka Brugger und dem Grünen-Europaparlamentarier Sergej Lagodinsky zu der Podiumsdiskussion der Münchener Sicherheitskonferenz nach Washington gereist, bei der Vance sich versöhnlicher als bisher präsentierte. Es gebe, so Schäfer weiter, offenbar unter den Republikanern „inzwischen große Konflikte um die richtige Strategie“.

Das Fazit der Grünen-Politikerin: „Das transatlantische Verhältnis wird wichtig bleiben, aber von einer großen Ambivalenz geprägt bleiben. Deutschland und Europa dürfen jetzt nicht in alte Muster zurückfallen und sich allein auf die USA verlassen, sondern müssen weiterhin an einer eigenständigen sicherheitspolitischen Strategie- und Handlungsfähigkeit arbeiten.“

Vance hatte sich bei der Podiumsdiskussion etwa gesagt, es gehe der US-Regierung nicht um einen Gegensatz „Europa schlecht, Amerika gut“. Sowohl Europa als auch die Vereinigten Staaten seien bei der Meinungsfreiheit „ein wenig vom Kurs abgekommen“. Beide Seiten müssten abwägen „zwischen der Überwachung der Grenzen demokratischer Rede“ und „dem Verlust des Vertrauens unserer Bürger“.

Zudem gratulierte der US-Vizepräsident Kanzler Friedrich Merz (CDU) zu dessen Wahl – auch im Namen von US-Präsident Donald Trump. Über Merz sagte Vance: „Wir werden in den nächsten Tagen ein Gespräch mit ihm führen, und wir freuen uns darauf.“ Der Kanzler will an diesem Donnerstag erstmals mit Trump telefonieren.

Im Februar bei der Münchner Sicherheitskonferenz hatte Vance den Europäern im scharfen Ton Defizite bei der Meinungsfreiheit vorgeworfen und den Umgang der anderen Parteien mit der AfD kritisiert.

Am Freitag legte Vance nach und warf Deutschland vor, die Berliner Mauer wieder aufzubauen. Er übte damit scharfe Kritik an der Verfassungsschutz-Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“. Am Donnerstag wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz die Partei bis zur Entscheidung über eine Klage der Partei weder so behandeln noch so bezeichnen werde.

Kristian Frigelj berichtet für WELT über bundes- und landespolitische Themen.

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