• Worauf sich Dobrindt rechtlich beruft
  • Innenminister Schuster zufrieden mit Dobrindts Ankündigung
  • Kritik von Grünen aus der SPD
  • Haseloff erwartet Wechsel in der Migrationpolitik

Nach der Anweisung des neuen Bundesinnenministers Alexander Dobrindt (CSU) zu schärferen Regeln an den deutschen Grenzen laufen in den ersten Bundesländern verstärkte Kontrollen an. In Bayern etwa kontrolliert die Bundespolizei ab sofort die Grenzen zu Österreich und Tschechien stärker. Das wird nach Angaben eines Sprechers für Reisende wahrnehmbar sein. Auch an den sächsischen, niedersächsischen und nordrhein-westfälischen Außengrenzen sind laut Bundespolizei zusätzliche Beamte im Einsatz. In Rheinland-Pfalz und im Saarland sollen die Kontrollen in Kürze anlaufen.

Dobrindt hatte angekündigt, schärfer kontrollieren zu lassen. Wenige Stunden nach seinem Amtsantritt kündigte er an, künftig sollten auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Dobrindt setzt damit um, was Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Wahlkampf für den ersten Tag seiner Regierungszeit versprochen hatte: Einen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik und ein "faktisches Einreiseverbot".

Dobrindt sagte, er beziehe sich auf Paragraf 18 des Asylgesetzes. Dort ist geregelt, dass die Einreise verweigert werden kann, wenn jemand aus einem sicheren Staat einreist. Alle Nachbarstaaten in Deutschland gelten als sicher. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist vereinbart, dass dies nur in Abstimmung mit den Nachbarländern geschehen soll. Dobrindt erklärte, dass er in ständigen Gesprächen mit den Nachbarn sei.

Doch Polens Ministerpräsident Donald Tusk forderte Merz bei einem Treffen am Mittwoch auf, keine einseitigen Schritte vorzunehmen. Polen haben massiv in den Schutz der EU-Außengrenzen investiert, aber nicht den der Binnengrenzen, in denen der Pendlerverkehr nicht behindert werden sollte, sagte Tusk.

Systematische Zurückweisungen an der Grenze verstoßen gegen geltendes Recht.

Justizministerium der Schweiz

Die Sorge um Pendler teilen die Schweizer. Der Nachbarstaat kritisierte die strengeren Regeln für Migranten als rechtswidrig. "Systematische Zurückweisungen an der Grenze verstoßen gegen geltendes Recht", schrieb das Schweizer Justizministerium auf der Plattform X. Die Behörden "prüfen gegebenenfalls Maßnahmen". Justizminister Beat Jans habe bereits ein Treffen dazu auf Ministerebene vorgeschlagen.

Jans hat sich bislang nicht dazu geäußert, wie die Schweiz mit zurückgewiesenen Asylbewerbern umgehen will. Deutschland hatte die Grenzkontrollen 2023 unter anderem zur Schweiz verstärkt. Dort haben Kontrolleure nach einem Bericht des Senders SRF im vergangenen Jahr rund 10.000 Menschen zurückgewiesen.

Innenminister Schuster zufrieden mit Dobrindts Ankündigung

Dagegen zeigte sich Sachsens Innenminister Armin Schuster zufrieden mit Dobrindts Ankündigung. Der CDU-Politiker sagte, die Intensivierung der Grenzkontrollen sei eine gute Nachricht für Sachsen und ein "längst überfälliger Schritt, den wir und andere unionsgeführte Länder lange eingefordert haben".

An den Übergängen von Sachsen nach Polen und Tschechien gibt es ebenfalls bereits seit 2023 Grenzkontrollen. Seitdem sind die unerlaubten Einreisen rückläufig, wie aus Zahlen der Bundespolizei Pirna hervorgeht. Bundespolizeipräsident Dieter Romann nannte die bisherigen Grenzkontrollen bereits außerordentlich erfolgreich. Dabei sei nicht nur illegale Migration eingedämmt worden. Es sei auch eine Vielzahl von Menschen aufgegriffen worden, die etwa per Haftbefehl gesucht wurden.

Die Zahl der Bundespolizisten werde daher an den Grenzen erhöht, sagte Dobrindt. Eine Zahl nannte er nicht. Der Chef der Bundespolizei-Gewerkschaft, Heiko Teggatz, forderte im Interview von MDR AKTUELL, mindestens 3.000 Bundespolizisten zusätzlich einzustellen, um die Kontrollen und Datenerfassung sicherzustellen.

Kritik von Grünen und aus der SPD

Dagegen hat die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, die verschärften Grenzkontrollen kritisiert. "Es wäre unverantwortlich, wenn Innenminister Dobrindt die Beamtinnen und Beamten an den Staatsgrenzen in den Rechtsbruch treibt", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Pauschale Zurückweisungen von Asylgesuchen an den Grenzen seien europarechtswidrig und stellten die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern grundsätzlich in Frage.

"Es wäre unverantwortlich, wenn Innenminister Dobrindt die Beamtinnen und Beamten an den Staatsgrenzen in den Rechtsbruch treibt.

Irene MihalicGrünen-Bundestagsfraktion

"Das nun angekündigte massive Hochfahren von Grenzkontrollen wird außerdem zu einer nie dagewesenen Überlastung der Bundespolizei führen." Die Bundespolizei sei nie dafür ausgelegt gewesen, 4.000 Kilometer Grenze zu kontrollieren, sagte die Grünen-Politikerin. "Wenn die Bundespolizei massiv an die Grenze verlegt wird, reißen Merz und Dobrindt an anderer Stelle Sicherheitslücken auf. Denn sie ziehen die Kräfte von Kriminalitätsschwerpunkten wie Bahnhöfen, aber auch von Flughäfen ab."

4.000 Kilometer Grenze wären zu kontrollieren

Dass die deutschen Grenzen mit einer Länge nicht lückenlos zu überwachen seien, erklärte der SPD-Innenexperte Lars Castellucci. Hinzu käme, dass wenn Asylsuchende an den Grenzen zurückgewiesen würden, müsse auch der Nachbarstaat einverstanden sein. "Wenn dies nicht gesichert ist, tauchen Migranten ab und reisen später auf anderem Wege wieder ein. Damit wird die illegale Migration nur scheinbar bekämpft." Auch Castellucci sieht das Risiko, dass der humanitäre Grundgedanke an den Grenzen verletzt werde.

Um dies zu verhindern, soll laut Dobrindt nicht jeder Asylsuchende, den die Bundespolizei an der Grenze antrifft, zurückgewiesen werden. Allerdings soll allein die Tatsache, dass jemand ein Asylgesuch äußert, künftig nicht mehr automatisch eine Zurückweisung verhindern. Man strebe eine Balance zwischen "Humanität und Ordnung" an, sagt der Minister. Schwangere und Kinder werde man beispielsweise nicht zurückweisen.

Haseloff erwartet Wechsel in der Migrationpolitik

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erwartet von der neuen Bundesregierung den Wechsel in der Wirtschafts- und der Migrationspolitik. Haseloff sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es müsse wieder eine strukturierte und rechtskonforme Migrationspolitik betrieben werden. Diese müsse auch die Belastungsfähigkeit berücksichtigen – sowohl in Kommunen, bei den Bürgern als auch bei den Finanzen. Derzeit sei man überfordert.

Haseloff erklärte weiter: "Viele sehen auch, was tagtäglich an Illegalität passiert." Deutschland sei ein Rechtsstaat und die Menschen erwarteten einfach, dass dieser Rechtsstaat funktioniere, so der Landeschef.

AFP/ Reuters/ dpa (mpö)

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke