Wer waren die Abweichler? Das sagen Union und SPD
Paukenschlag im Bundestag: Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz ist überraschend im ersten Durchgang bei der Wahl zum Bundeskanzler durchgefallen. Wie Bundestagspräsidentin Julia Klöckner am Dienstag mitteilte, erhielt Merz in geheimer Abstimmung nur 310 Stimmen – und damit sechs weniger als nötig. Es ist ein einmaliger Vorgang in der bundesdeutschen Geschichte, dass ein Kanzlerkandidat im ersten Wahlgang scheitert.
307 Abgeordnete votierten gegen Merz, drei enthielten sich, eine Stimme war ungültig. Am ersten Wahlgang hatten nach Klöckners Angaben 621 der 630 Abgeordneten des Bundestags teilgenommen.
Union und SPD verfügen zusammen eigentlich über 328 Stimmen und damit über zwölf Stimmen mehr als für die Kanzlerwahl nötig. Viele Beobachter stellen sich die Frage: Wer sind die Abweichler? Eine Antwort darauf wird es wohl nicht geben.
Die SPD weist die Schuld von sich
Die SPD-Bundestagsfraktion geht von voller Zustimmung der eigenen Abgeordneten aus. Es habe auch kein Abgeordneter gefehlt, erklärten Fraktionskreise der Nachrichtenagentur dpa. Die Fraktion hatte sich nach dem ersten Wahlgang zu Beratungen zurückgezogen und in einem Zählappell das Meinungsbild zu einem Kanzler Merz aktualisiert.
Der SPD-Vorsitzende und designierten Vizekanzler Lars Klingbeil sagte nach Angaben aus Fraktionskreisen, er habe nicht den geringsten Hinweis, „dass die SPD nicht vollständig gestanden hat. 85 Prozent beim Mitgliedervotum sind ein Auftrag an die Fraktion und sie erfüllt diesen. Auf uns ist Verlass.“
Doch sicher kann auch Klingbeil nicht sein, denn die Wahl war geheim – es lässt sich also nicht überprüfen, ob nicht doch jemand anders abgestimmt hat, als er oder sie es angekündigt hat. Einige Sozialdemokraten könnten gegen Merz gestimmt haben, um dem SPD-Chef und designierten Vizekanzler einen Denkzettel zu geben. Klingbeil habe „viele Verletzungen verursacht“, berichtet der „Spiegel“. Er habe etwa verdiente Sozialdemokraten bei der Regierungsbildung zur Seite geschoben.
Linnemann: „Ich war mir ziemlich sicher, dass das rund läuft“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte, mit der gescheiterten Kanzlerwahl im ersten Wahlgang nicht gerechnet zu haben. „Ich war mir ziemlich sicher, dass das rund läuft.“ Er wolle nicht philosophieren, aber natürlich habe der eine oder andere vielleicht ein Zeichen im ersten Wahlgang setzen wollen und im zweiten nicht, sagte Linnemann dem TV-Sender Phoenix.
Fraktionschef Jens Spahn betonte, Merz habe in einer Unions-Fraktionssitzung nach der gescheiterten Kanzlerwahl „langen stehenden Applaus bekommen“. CDU und CSU würden „gemeinsam geschlossen in den zweiten Wahlgang gehen“.
Die vielen Zugeständnisse an die Sozialdemokraten während der Koalitionsverhandlungen haben bei der Union für Unruhe gesorgt. Wollten Unionsabgeordnete dem Kanzler noch einen Denkzettel mitgeben?
Wie dem auch sei: Jetzt geht es für Union und SPD darum, die Reihen zu schließen und die Kanzlermehrheit in einem zweiten Wahlgang zu sichern.
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