„Diese Feststellung lastet schwer auf uns, auch auf mir“
Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) hat beim Evangelischen Kirchentag mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel gefordert. Es bedürfe noch mehr Mut, Stärke und Beherztheit „von jedem von uns“, sagte Merkel am Donnerstag in Hannover unter Anspielung auf die Kirchentagslosung „mutig, stark, beherzt“. Auf ihre Amtszeit zurückblickend, sagte sie selbstkritisch: „Gerecht werden wir dieser Menschheitsaufgabe bis heute nicht.“
Für sie sei die Frage nach wie vor offen, „ob wir Menschen willens und in der Lage sind“, im Sinne der Vorsorge entsprechend den Warnungen und Einschätzungen von Experten zu handeln. „Der Beweis dafür ist bis heute nicht erbracht“, sagte Merkel und ergänzte, dies gelte für Deutschland wie für den Rest der Welt. „Diese Feststellung lastet schwer auf uns, auch auf mir“, sagte Merkel, die von 2005 bis 2021 deutsche Regierungschefin war.
Der Evangelische Kirchentag hatte die frühere Kanzlerin zur Bibelarbeit eingeladen. Während ihrer Amtszeit habe sie viele Krisen managen müssen. Geholfen habe ihr dabei „ein gewisses Gottvertrauen“. „Darauf zu vertrauen, dass etwas jenseits von uns Menschen existiert, mich selbst nicht so wichtig zu nehmen und nicht in Selbstmitleid zu verfallen“, sagte die CDU-Politikerin.
Merkel erklärte, der Satz „Wir schaffen das“ – ausgesprochen während der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 – sei ihr oft um die Ohren gehauen worden. Sie habe ihn ausgesprochen im Vertrauen auf das „Wir“; dass es viele Menschen in Deutschland geben würde, die in einer solchen Notsituation helfen würden. „Und die gab es. Lassen wir uns das nicht nehmen, darauf können wir stolz sein“, sagte Merkel vor einem applaudierenden Publikum.
„Natürlich wussten wir, dass wir nicht jeden Tag 10.000 Menschen aufnehmen können“
Nach wie vor müsse aber daran gearbeitet werden, die flüchtenden Menschen abzuweisen, die kein Recht auf Bleibe in Deutschland hätten. „Natürlich wussten wir, dass wir nicht jeden Tag 10.000 Menschen aufnehmen können, aber die, die damals vor der Tür standen“, betonte Merkel.
Das Vertrauen in Gott und die Menschen hätten ihr ihre Eltern mitgegeben, so Merkel. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich dieses Gemüt beibehalten konnte.“ Merkels Vater war evangelischer Pfarrer in der DDR. Aber auch der verstorbene Papst Franziskus habe sie in einer Krisensituation „total inspiriert“, sagte Merkel weiter.
Sie habe ihn kurz vor dem G20-Gipfel im Jahr 2017 besucht, nachdem der damals frisch gewählte US-Präsident Donald Trump angekündigt hatte, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen zu wollen. Sie habe Franziskus gefragt, was man machen solle, wenn 19 Staaten wollten, einer aber nicht. „Er hat dann ganz spontan zu mir gesagt: biegen, biegen, aber aufhören, bevor es bricht.“ Den Rat habe sie sich zu Herzen genommen.
Die G20-Staaten hätten daraufhin unerwartet ein gemeinsames Kommuniqué zu Papier bringen können. „Wir sind nicht zerbrochen, 19 Staaten mussten aber die bittere Pille schlucken, dass der zweitgrößte Verursacher von CO2-Emissionen sich dem Pariser Abkommen nicht angeschlossen hat.“ Alle weiteren Themen habe man gemeinsam tragen können, „weil wir nicht in die Kontroverse gegangen sind“, so Merkel. „Es war keine ideale Lösung, aber eine, so dass es weitergehen konnte.“
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