Die Entscheidung des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), die AfD als gesichert rechtsextremistisch einzustufen, sorgt für kontroverse Reaktionen.

AfD-Parteivize Stephan Brandner kritisierte den Verfassungsschutz scharf. Die Entscheidung sei „inhaltlich völliger Blödsinn, hat mit Recht und Gesetz überhaupt nichts zu tun und ist eine rein politische im Kampf der Kartellparteien gegen die AfD“, sagte Brandner der „Rheinischen Post“. Die Entscheidung sei „als weitere unfaire Kampfmaßnahme gegen die einzige Oppositionskraft leider so erwartbar“ gewesen.

Der Hamburger Rechtsexperte Joachim Steinhöfel, der verschiedene Verfahren im Zusammenhang mit politischer Meinung geführt und für sich entschieden hat, kommentierte auf X: „Ich bin davon überzeugt, dass ein ganz erheblicher Teil der Bevölkerung diese Einstufung allein darauf zurückführen wird, dass die AfD in den Umfragen sehr erfolgreich ist und der Verfassungsschutz hier als reiner Erfüllungsgehilfe agiert.“

Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt zurückhaltend in der Frage eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens. Nach der Einstufung der Partei als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz sagte Scholz am Freitag auf dem 39. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover: „Ich finde, das ist eine Sache, die man nicht übers Knie brechen darf.“

Der SPD-Politiker verwies auf Parteiverbotsverfahren, die in der Vergangenheit vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert waren, etwa zur rechtsextremistischen NPD. Scholz sagte unter Bezug darauf zu einem AfD-Verbotsverfahren: „Deshalb muss man diese Dinge sehr sorgfältig erwägen, ich bin gegen einen Schnellschuss.“

Söder spricht von „Weckruf“

CSU-Parteichef Markus Söder will am Kampf gegen die Rechtspopulisten festhalten. „Das Ergebnis des Verfassungsschutzes ist ein finaler Weckruf. Die AfD ist insgesamt rechtsextremistisch“, sagte Söder. „Damit ist klar: Für Feinde der Demokratie kann es null Toleranz geben. Die Brandmauer steht weiterhin“, fügte er hinzu. Die CSU habe einen klaren Kurs: „Keine Dämonisierung aber eben auch keine Relativierung.“ Seine Partei wolle die AfD weiter inhaltlich stellen und durch gutes Regieren entlarven.

Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, forderte nach der Entscheidung des Verfassungsschutzes ein AfD-Verbotsverfahren. „Spätestens jetzt müssen alle drei Antragsberechtigten beim Bundesverfassungsgericht, Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag, zeitnah ein Verbotsverfahren initiieren“, sagte Wanderwitz der WELT AM SONNTAG. „Das Offensichtliche hat man nun höchstbehördlich testiert sozusagen. Eine wehrhafte Demokratie muss eine wirkmächtige rechtsextreme Partei vom Spielfeld nehmen, ohne Wenn und Aber.“

Auch die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Serpil Midyatli begrüßte die Einstufung. „Jetzt haben wir schwarz auf weiß, was wir schon vorher wussten: Wo Rechtsextremisten drin sind, steht es jetzt auch drauf“, sagte Midyatli. „Für mich ist klar: Das Verbot muss kommen.“ Das ganze Verfahren müsse weiter in der nötigen Sorgfalt, belastbar und ohne Fehler vorbereitet werden.

Die AfD verstoße mit ihrem Agieren gegen die Menschenwürde, sie stelle den Rechtsstaat in Frage und gefährde die Demokratie, sagte Midyatli. „Gute Umfragewerte und Wahlergebnisse hin oder her: Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben unsere Demokratie genau deshalb wehrhaft gemacht. Damit Rattenfänger wie die alten Nazis damals und die neuen heute unser Land nicht noch einmal in den Abgrund stürzen.“

Auch die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann begrüßte den Beschluss, der überfällig gewesen sei: „Die AfD ist nicht einfach eine Protestpartei, sondern eine rechtsextremistische Bewegung, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zerstören will“, so Strack-Zimmermann. Es sei gemeinsame Verantwortung, dieser Gefahr entschieden entgegenzutreten – politisch, gesellschaftlich und rechtlich. Nötig seien eigene politische Antworten und nicht ein Hinterherlaufen hinter den Themen der AfD.

Strack-Zimmermann sagte weiter: „Die Demokratie ist wehrhaft, und sie muss es auch bleiben. Eine Kooperation mit der AfD verbietet sich für alle demokratischen Parteien.“ Strack-Zimmermann ist Mitglied des FDP-Präsidiums und Mitglied des Europäischen Parlaments.

Führende Politiker der Grünen-Bundestagsfraktion äußerten sich ebenfalls positiv. Die Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz sei auch ein „wichtiger Baustein mit Blick auf die Frage, wie es um die Erfolgsaussichten eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens bestellt ist“, teilten Konstantin von Notz und Irene Mihalic mit.

„Die Partei steht nicht nur in weiten Teilen, sondern in Gänze mit unserer Verfassung und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß. Über Jahre konnte man ihrer weiter voranschreitenden Radikalisierung zusehen. Sie geht unaufhörlich weiter“, erklärten die beiden Politiker.

Die AfD sei eine für Demokratie und Rechtsstaat insgesamt brandgefährliche Partei. Die Sicherheitsbehörden seien verpflichtet, alles rechtsstaatlich Mögliche zu tun, um solche antidemokratischen Entwicklungen zu erkennen und ihren Teil dazu zu leisten, sie aufzuhalten. „Die heutige Entscheidung ist auch ein deutlicher Wink in Richtung derjenigen, die zuletzt für eine Normalisierung der Partei plädierten“, erklärten die beiden - offenkundig mit Bezug auf Stimmen aus der Union.

Grüne richten Erwartungen an Gremien

Der Grünen-Abgeordnete Till Steffen appellierte an Abgeordnete, im Bundestag ein AfD-Verbotsverfahren anzustrengen: „Viele Kollegen haben gesagt, sie wollen das Gutachten des Verfassungsschutzes abwarten“, sagte Steffen dem Nachrichtenportal t-online. Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge sprach sich dafür aus. „Der Verfassungsschutz bestätigt, was wir im Parlament schon lange sehen konnten", sagte Wegge dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. An Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gerichtet, sagte Wegge: „Ich erwarte, dass sich nun alle dafür antragsberechtigten Gremien mit genau dieser Frage beschäftigen." Sowohl Wegge als auch Steffen zählen zu der Gruppe von Abgeordneten, die bereits in den vergangenen Monaten für die Prüfung eines Verbotsverfahrens warben.

Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte, der Verfassungsschutz habe seine Entscheidung selbst getroffen. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat einen klaren gesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus vorzugehen und unsere Demokratie zu schützen“, sagte sie. Dabei arbeite die Sicherheitsbehörde eigenständig. Die neue Einstufung sei das Ergebnis einer umfassenden Prüfung, deren Ergebnisse in einem 1100-seitigen Gutachten festgehalten seien. „Es hat keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben“, versicherte Faeser.

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