Keine passenden Räume für Abschiebehaft – Gericht stoppt Rückführung von Clan-Mitglied
Die Großfamilie Barbakh steht bei der Berliner Polizei unter besonderer Beobachtung. Denn einige ihrer Mitglieder fallen nicht nur immer wieder mit diversen Straftaten auf. Sie gehören auch zum harten Kern der pro-palästinensischen Protestbewegung und tragen die antisemitische und israelfeindliche Hetze der Hamas bei Kundgebungen und anderen Aktionen in die deutsche Hauptstadt.
Den Berliner Behörden gelang es zuletzt, einige der besonders auffälligen Barbakhs des Landes zu verweisen. Ein 21 Jahre altes Mitglied der Familie scherte sich allerdings nicht darum. Er war Anfang Februar im Rahmen des Dublin-Verfahrens aus Berlin nach Griechenland abgeschoben worden, weil er nach seiner Einreise aus Gaza dort erstmalig registriert worden war. Doch hierzulande gefiel es ihm offenbar besser. Er kehrte in die deutsche Hauptstadt zurück.
Der Berliner Polizei ist der Mann gut bekannt. Er fiel mit Delikten der Alltagskriminalität auf, soll bei einer Palästinenser-Demonstration aber auch einen Polizisten angegriffen haben. Als die Beamten ihn nach seiner Rückkehr nach Berlin vor gut einer Woche in der Stadt bemerkten, hielten sie ihn also fest, wollten ihn zur Sicherung einer neuerlichen Abschiebung in Abschiebehaft nehmen. Am Osterwochenende scheiterte dies jedoch daran, dass die Polizei aufgrund der Feiertage keinen Ansprechpartner für den Justizvollzug erreichen konnte, der die Unterbringung hätte in die Wege leiten können.
Am vergangenen Freitag trafen die Beamten den jungen Mann dann erneut in der Stadt an und nahmen ihn auch dieses Mal in Gewahrsam. In Abschiebehaft befindet sich der 21-Jährige aber weiterhin nicht. Denn diesmal verhinderte ein Beschluss des Berliner Amtsgerichts Tiergarten die Maßnahme. „Der Antrag auf Anordnung von Abschiebehaft wurde abgewiesen“, bestätigte eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage von WELT.
Der Grund für die Entscheidung: Die Abschiebehaft ist keine Strafe. Sie soll lediglich die Durchführung der Abschiebung sicherstellen. Laut EU-Recht dürfen Abzuschiebende daher nicht gemeinsam mit inhaftierten Kriminellen untergebracht werden, auch die Bedingungen der Unterbringung von Abzuschiebenden müssen sich von denen der Strafhaft grundlegend unterscheiden.
Das Land Berlin brachte Abzuschiebende daher bis vor kurzem in einer gesonderten Einrichtung am südlichen Stadtrand unter. Das Gebäude musste allerdings saniert werden, seit Juni 2024 ist es geschlossen. Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres bestätigte auf Anfrage, dass es erst im Herbst dieses Jahres wieder in Betrieb genommen werden soll.
Erfordernisse des EU-Rechts
Bis es so weit ist, bringt das Land Berlin Personen, die abgeschoben werden sollen, in den Räumen der sogenannten Sicherungsverwahrung auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel unter. Die dortigen Bedingungen genügen allerdings nicht den Erfordernissen des EU-Rechts. So sah es jedenfalls das Amtsgericht Tiergarten. Der Antrag auf Unterbringung des 21-Jährigen aus der Barbakh-Familie in der sogenannten Abschiebehaft sei daher abzulehnen, heißt es in dem Beschluss. Die Folge: Der Mann musste entlassen werden.
Das Gericht monierte die Bedingungen in der improvisierten Unterbringung auf dem Gelände der JVA Tegel nicht zum ersten Mal. Die Berliner Innenverwaltung bestätigte, dass eine abzuschiebende Person deswegen bereits zuvor aufgrund eines richterlichen Beschlusses entlassen werden musste.
Nun ist auch das ausreisepflichtige 21-jährige Mitglied der Familie Barbakh wieder auf freien Fuß. Das für das Verfahren zuständige Berliner Landesamt für Einwanderung will laut Innenverwaltung gegen die Entscheidung des Amtsgerichts vorgehen. Dann muss das Landgericht als übergeordnete Instanz entscheiden. Dort gebe es eine andere Rechtsauffassung, hieß es in Behördenkreisen. Doch selbst wenn das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts kassiert und grünes Licht für die Abschiebehaft geben sollte: Ob sie durchgeführt werden kann, ist ungewiss. Denn in Polizeikreisen hieß es, dass das 21-jährige Mitglied der Barbakh-Familie nun vorgewarnt ist – und angesichts der drohenden Abschiebung womöglich versucht, unterzutauchen.
Nach Informationen von WELT zählt die Berliner Polizei mehr als 130 Personen zum harten Kern des Barbakh-Clans. Der Name der Familie taucht demnach mittlerweile in mehr als 360 Polizeivorgängen auf. In 80 Prozent der registrierten Fälle gehe es dabei um den Nahost-Konflikt, heißt es. In den sozialen Medien kursieren Videos, in denen Mitglieder der Familie auf Anti-Israel-Demonstrationen Hamas-Terroristen verherrlichen, Polizisten angreifen und Politiker attackieren.
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