Der vom Trump-Team und der russischen Gegenseite erarbeitete "Friedensplan" sieht nicht nur für die Ukraine einen Diktatfrieden vor. Er ist auch eine Ohrfeige für Europa.

Da ist er wieder: Europas Kaninchen-Moment. Der sich längst seltsam vertraut anfühlt, seit Donald Trump erneut das Weiße Haus übernommen hat. Der US-Präsident handelt und lässt seinen Unterhändler einen gemeinsam mit der russischen Seite erarbeiteten "Friedensplan" für die Ukraine vorlegen. Und wie reagiert Europa? Es starrt wieder einmal auf Trump wie ein Kaninchen auf die Schlange, unfähig, selbst zu agieren. Nur zur Beschwerde darüber, dass man nicht eingebunden war, reicht die Kraft noch aus. 

Der amerikanisch-russische Plan umfasst stolze 28 Punkte, von denen einige diskutabel sind. Unterm Strich bleibt er unannehmbar für die Ukraine. Weil sie sich wehrlos machen würde durch die geforderte drastische Reduzierung der Armee. Weil sie ihre Sicherheit und Souveränität vagen "Sicherheitsgarantien" anvertrauen müsste, die der Plan nicht näher benennt. Und weil sie auf die Perspektive einer selbstbestimmten Zukunft verzichten würde, wenn sie der Forderung zustimmen würde, der Nato nicht beizutreten.

US-Vorschlag Das steht im Friedensplan für die Ukraine

Aber auch für Europa ist der Plan eine Unverschämtheit. Wird darin doch verfügt, dass die Europäische Union 100 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen und das eingefrorene russische Oligarchen-Vermögen gefälligst freizugeben hat. Ohne Rücksprache mit der EU wohlgemerkt.

Trumps Plan legt Europas Schwäche schonungslos offen

Was tun die Europäer? Um Handlungsfähigkeit vorzutäuschen, werden eilig Gespräche organisiert, untereinander wie auch mit Wolodymyr Selenskyj. Natürlich ist es nicht verkehrt, dem ukrainischen Präsidenten in dieser schwierigen Situation den Rücken zu stärken. Viel ändern wird das am Lauf der Dinge aber nicht.

Der neue Plan und seine Entstehung legen erneut eine der größten Schwächen Europas offen. Wieder einmal war es im Vorfeld nicht eingebunden – was auch der eigenen Unfähigkeit geschuldet sein dürfte, geschlossen und mit einer Stimme aufzutreten. Derart außen vor gelassen, konnte Europa weder die eigenen Interessen geltend machen, noch darauf hinwirken, dass die Ukraine mit am Tisch sitzt, wenn über ihr Schicksal verhandelt wird. Das Ergebnis: Diese sieht sich wieder einmal mit einem inakzeptablen Diktatfrieden konfrontiert.

Nun mag man einwenden, dass Europa schlicht nicht der entscheidende Player in diesem Konflikt (wie in fast allen anderen) ist, sondern es die USA und Russland sind. 

US-Vorschlag Das steht im Friedensplan für die Ukraine

Dem lässt sich entgegenhalten, dass Europa aber maßgeblich vom Ausgang des Krieges betroffen ist. Es ist kein Spruch, sondern zutreffend, dass in der Ukraine gerade auch um die Sicherheit Europas gekämpft wird. Ein komfortabler Diktatfrieden wird Putins Hunger auf mehr vergrößern. Ein auch für den russischen Präsidenten schmerzhafter Kompromiss dürfte weitere Großmachtambitionen zumindest etwas dämpfen.

Europa hat viel mehr Ahnung von der Ukraine als die USA

Warum hat Europa nicht schon längst seine klügsten Kenner der Region (von denen es auf unserem Kontinent so viele mehr gibt als in den USA) zusammengebracht und diese einen eigenen Friedensplan erarbeiten lassen? Einer, zu dem sich dann Trump und Putin hätten verhalten müssen?

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Selbst wenn erst einmal nichts daraus gefolgt wäre, hätten die europäischen Regierungen doch klargemacht, wo sie stehen, wohin sie wollen und dass sie nicht akzeptieren werden, dass man über ihre Köpfe hinweg verhandelt. Genau das sollte jetzt geschehen, wenn die Diskussionen um den Friedensplan, der keinen Frieden bringen wird, wieder abgeebbt sind.

Es ist die einzige Chance Europas, aus dem Kaninchenloch zu kommen.

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