„Ganzes Konstrukt ins Wanken bringen“ – Wie AfD-Kandidat Siegmund ÖRR-Reform „erzwingen“ will
Der Spitzenkandidat der AfD Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, plant bereits für eine mögliche Regierungsübernahme nach der Landtagswahl am 6. September 2026. „Wir haben ein 100-Tage-Programm“, sagte Siegmund im Podcast „Berlin Playbook“ von „Politico“.
Zu seinen ersten Amtshandlungen würde in diesem Fall unter anderem der Ausstieg aus dem Rundfunkstaatsvertrag gehören. „Das kann ja jeder Ministerpräsident zum Jahresende machen“, so Siegmund. So wolle er „eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erzwingen“. Diese wäre damit zwar noch nicht geschafft, aber „irgendwann muss man den Anfang machen. Und den möchten wir von Sachsen-Anhalt aus unternehmen, indem wir als Erste aussteigen.“ Somit könne man „das ganze Konstrukt richtig ins Wanken bringen“, sagte der AfD-Fraktionschef im Landtag.
In Mecklenburg-Vorpommern wird zwei Wochen nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt gewählt. „Wenn es schon zwei sind, bin ich mal gespannt, wie dieses System das auffangen möchte“, sagte Siegmund mit Bezug auf einen möglichen AfD-Sieg im Nordosten. In beiden Bundesländern liegt die AfD in Umfragen mit großem Abstand vorne.
Eine weitere Amtshandlung unter einer AfD-Landesregierung betreffe den Leistungszuspruch für Asylbewerber, so Siegmund. Dieser sei zwar Bundessache, „aber es obliegt den Ländern, wie angenehm ich das mache“. Er kritisierte: „Sachsen-Anhalt nimmt beispielsweise Geld in die Hand für Integrationslotsen. (...) Was soll das? Das ist eine Bringschuld. So etwas wird alles abgedreht, wenn wir hier Regierungsverantwortung übernehmen.“
Überlegungen zu Personalien seines möglichen Kabinetts liefen bereits. Das Kabinett werde gerade „schon mal gedanklich für Gespräche“ aufgestellt. „Wir wollen ja Verantwortung nach dem Wahltag übernehmen. Wir haben nicht viel Zeit. Das wird ein Vertrauensvorschuss. Wir bereiten uns jetzt darauf vor“, so Siegmund. „Wir haben sehr viele gute Leute in den Reihen, die sowohl qualitativ als auch politisch dafür bereitstehen und auch gut einsetzbar sind.“
Ob sein umstrittener Fraktionsvize, der rechtsextreme Hans-Thomas Tillschneider, in diesem Kabinett auch eine Rolle spielen werde, könne er noch nicht sagen. Davon, dass der Landtagsabgeordnete Tillschneider den CDU-Bundestagsabgeordneten und Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter kürzlich auf X als „Nato-Hure“ bezeichnet hatte, distanzierte sich Siegmund nicht.
Zwar mache er sich „keine anderen Bezeichnungen zu eigen“, jedoch müsse er „den Kontext sehen“. Es gebe „Schlimmeres“, so der Spitzenkandidat. „Da muss man mal gucken, in welchem Zusammenhang das gefallen ist.“ Er finde die Äußerungen „jetzt nicht so problematisch“.
„CDU der 90er-Jahre ist die AfD“
Eine Koalition mit der CDU ist für Siegmund aktuell keine Option: „Ich möchte jedem die Hand ausstrecken, der eine gute Politik für unser Land machen will. Die sehe ich aktuell nicht und erst recht nicht mit dieser CDU. Ich will mich nicht verbiegen, und deswegen die Alleinregierung“, sagte er zu seinem Plan.
Als ehemaliges CDU-Mitglied finde er, die Partei habe sich zu stark verändert. „Die CDU der 90er-Jahre ist nicht mehr mit der zu vergleichen, die wir heute haben“, sagte Siegmund. „Ich würde sagen, die CDU der 90er-Jahre ist die AfD.“
Mit Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine will sich Siegmund nicht auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Verantwortlichen festlegen. „Ich maße mir nicht an zu bewerten, wer hier international welche Verantwortung trägt und was nicht. Weil ich viele Hintergründe als Landespolitiker nicht auf dem Tisch habe.“
Er fordere deshalb, „dass wir gute Kontakte sowohl in die Vereinigten Staaten als auch zu Russland haben müssen“. Das Wichtigste sei, dass man auf Augenhöhe diplomatisch Dinge bespricht. Dass diese diplomatischen Gespräche mit Putin zuletzt nicht möglich waren, könne er nicht bewerten, „weil ich Landespolitiker in Sachsen-Anhalt bin. Ich kenne die Hintergründe nicht.“
Gordon Repinski ist Executive Editor bei „Politico“ Deutschland.
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