Innenministerium tauscht seine Islamismus-Berater aus
Im Bundesinnenministerium (BMI) entsteht ein neues dauerhaftes Beratergremium zum Thema Islamismusprävention. Der neue Expertenkreis tritt an die Stelle einer erst im Vorjahr von Ex-Ministerin Nancy Faeser (SPD) gegründeten Task Force. Das erfuhr WELT aus dem BMI. Gemeinsam mit dem Beraterkreis soll im kommenden Jahr ein im Koalitionsvertrag angekündigter Bund-Länder-Aktionsplan gegen Islamismus erarbeitet werden.
Federführend wird sich der Parlamentarische Staatssekretär Christoph de Vries (CDU) um das Thema kümmern. Er sitzt einem Lenkungskreis vor. Dem Beratungsgremium sollen Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Präventionsarbeit und Sicherheitsbehörden angehören. WELT veröffentlicht die Liste der Fachleute, die das BMI künftig beraten sollen.
Bereich Wissenschaft und Forschung:
- Prof. Dr. Christine Schirrmacher, Universität Bonn und Leuven
- Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, Universität Münster
- Prof. Dr. Ruud Koopmans, Humboldt-Universität zu Berlin
- Prof. Dr. Kyrill-Alexander Schwarz, Universität Würzburg
Bereich Prävention, Deradikalisierung und Integration:
- Güner Balci, Integrationsbeauftragte des Bezirks Neukölln
- Gülden Hennemann, Justiz Bayern
- Ahmad Mansour, Geschäftsführer MIND
- Ali Ertan Toprak, Kurdische Gemeinschaft Deutschland
- Dr. Hans-Jakob Schindler, Counter Extremism Project
- Rebecca Schönenbach, Beraterin Extremismusfinanzierung
Bereich Sicherheitsbehörden (Bund und Länder):
- Florian Endres, Leiter des Kompetenzzentrums Islamismusprävention und Deradikalisierung im BAMF
- Aladdin Sarhan, Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz
- Falko Liecke, Staatssekretär für Jugend und Familie in Berlin
- Dr. Nina Dierkes, Bundesamt für Verfassungsschutz
- Lars Rückheim, Bundeskriminalamt
Auffällig ist die neue Ausrichtung des Fachkreises. Zahlreiche Vertreter zivilgesellschaftlicher Präventionsprojekte, die noch Teil der ehemaligen Task Force waren, müssen ihre Stühle freimachen. Darunter etwa die langjährige Salafismus-Expertin Claudia Dantschke und der Geschäftsführer des Violence Prevention Network (VPN), Thomas Mücke.
Stattdessen benennt de Vries mehrere Experten, die als wortgewandte Kritiker des politischen Islams aufgefallen sind. Darunter ist der israelisch-palästinensische Psychologe Ahmad Mansour, die Neuköllner Integrationsbeauftragte Güner Balci, der Migrationsforscher Rud Koopmans, der Präsident der Kurdischen Gemeinde, Ali Ertran Toprak und Falko Liecke, Staatssekretär für Jugend und Familie in Berlin.
De Vries begründete die Neubesetzung mit einem umfassenderen Ansatz des BMI bei einem wichtigen Thema. Das Ministerium wolle in Zukunft nicht nur den gewaltbereiten Islamismus, sondern auch den legalistischen Islamismus ins Visier nehmen, der ebenfalls die Demokratie und den gesellschaftlichen Frieden bedrohe. Ziel sei es unter anderem, der Online-Radikalisierung von Jugendlichen Einhalt zu gebieten. Man wolle der Erzählung, Muslime seien Opfer einer rassistischen Mehrheitsgesellschaft, etwas entgegenzusetzen. Mit dem Narrativ würden radikale Gruppen Anhänger ködern.
Insgesamt soll das BMI für das Thema Islamismusprävention acht Millionen Euro bereitstellen. De Vries hofft unter anderem auf den Ausbau der Forschung in dem Bereich. Bislang sei dies in Deutschland eine Leerstelle. Zudem stellt das BMI die mögliche Entstehung einer Dokumentationsstelle für den politischen Islam nach österreichischem Vorbild in Aussicht. Das neue Beratergremium soll im kommenden Frühjahr die Arbeit aufnehmen.
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