Unionsnachwuchs beharrt auf Ablehnung des Rentenpakets – und wirft Klingbeil „Basta-Machtwort“ vor
Die Junge Gruppe der Unionsfraktion will dem viel diskutierten Rentenpaket im Bundestag nach wie vor nicht zustimmen. Der Vorsitzende der Gruppe, Pascal Reddig (CDU), sagte dem „stern“: „Wir sehen an dem Gesetzentwurf noch Änderungsbedarf und halten das Gesetz im Moment nicht für zustimmungsfähig. Daran hat sich natürlich nichts geändert.“
Er betonte zugleich, dass man mitten in den Verhandlungen sei. „Was ich nicht verstehe, ist, warum der SPD-Vizekanzler jetzt per Basta-Machtwort beschließt, dass es keine Änderungen am Gesetzesentwurf mehr geben darf“, sagte er mit Blick auf Finanzminister Lars Klingbeil, der sich am Wochenende entsprechend geäußert hatte. Der SPD-Politiker betonte auch am Rande seines Besuchs in China, dass es in der Koalition klare Verabredungen gebe. Im Dezember solle danach über alle sechs Elemente der Rentenpolitik entschieden werden. Reddig meinte: „Es gibt Lösungen, wenn auch die SPD ein Interesse daran hat.“
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel. Er sagte in den ARD-„Tagesthemen“: „Man darf jetzt keine Vorfestlegung bis in die 30er-Jahre treffen mit über 120 Milliarden Euro, die jetzt beschlossen werden sollen.“ Man solle der geplanten Rentenkommission, die Vorschläge für eine große Reform erarbeiten soll, nicht vorgreifen. Die Debatte über den vorliegenden Gesetzentwurf bezeichnete er als normales parlamentarisches Verfahren. Der Entwurf werde auf Fachebene beraten und gegebenenfalls geändert. „Also das ist kein großer Skandal, sondern das ist Demokratie pur.“
Die jungen Abgeordneten der Union stoßen sich an einer Formulierung im Rentengesetzentwurf, nach der auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll. Sie monieren, dass das nicht im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei und 118 Milliarden Euro zusätzlich kosten würde.
Klingbeil und auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) haben eine Änderung am bereits vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf ausgeschlossen. Merz hatte zudem die von der Jungen Gruppe vorgelegten Zahlen angezweifelt und darauf verwiesen, dass die Rentenkommission Vorschläge vorlegen wolle, um diese Mehrausgaben zu vermeiden. Da die schwarz-rote Mehrheit im Bundestag nur zwölf Stimmen beträgt, könnte die junge Gruppe mit ihren 18 Mitgliedern das Rentenpaket kippen – zumal sie nun nach Angaben aus der Fraktion Zuspruch von weiteren Abgeordneten erhält.
Auch die Grünen-Bundestagsfraktion will dem in der Koalition umstrittenen Rentenpaket nicht zustimmen. Zwar teilt die Fraktion das Ziel einer dauerhaften Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent, wie der stellvertretende Vorsitzende Andreas Audretsch auf Anfrage erklärte. Sie vermisse in den Plänen von Schwarz-Rot aber substanzielle Reformen, damit auch die Interessen der jungen Generation gewahrt würden.
„Wir werden länger arbeiten müssen“
Merz beharrt auf dem Gesetzentwurf und hat sich zudem skeptisch zu Forderungen aus den eigenen Reihen geäußert, die Abstimmung im Bundestag über das Rentenpaket der Bundesregierung zu verschieben. Auf dem „SZ-Wirtschaftsgipfel“ in Berlin wies Merz am Montag darauf hin, dass es um mehrere Maßnahmen gehe: Für ein Inkrafttreten besonders der geplanten Aktivrente Anfang 2026 „müssen wir dieses Gesetzgebungspaket durch den Bundestag bringen“, stellte der Kanzler klar. Zudem erklärte Merz, dass sich die Deutschen auf längere Lebensarbeitszeiten einstellen müssten. „Wir werden länger arbeiten müssen“, sagte der CDU-Vorsitzende am Montagabend auf der Euro Finance Week in Frankfurt.
Der Kanzler hat zuvor aber vorgeschlagen, den Bedenken des Unionsnachwuchses in einem Entschließungsantrag Rechnung zu tragen. Er sicherte den Kritikern zu, dass die Rentenkommission für die Zeit nach 2031 über eine grundsätzliche Reform reden werde. „Wir reden nicht mehr nur alleine über die gesetzliche Rentenversicherung. Wir sprechen auch über neue Kennziffern“, betonte er. Dies stehe auch im Koalitionsvertrag. Die Rentenkommission solle noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2026 ihre Vorschläge vorlegen.
Reddig gehen Merz‘ Vorschläge nicht weit genug: „Ein Entschließungsantrag ist viel zu unverbindlich.“ Besser wäre nach seinen Worten, wenn die angekündigte Rentenkommission schnell Vorschläge vorlege, die am besten vor der Sommerpause 2026 beschlossen würden – „mit einem grundlegenden Rezept, wie wir die Rente in Zukunft aufstellen wollen“.
Arbeitsministerin Bärbel Bas und SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf forderten unterdessen, dass die Union zu der Vereinbarung im Kabinett stehen solle. Die Rentendebatte verunsichere die Menschen, sagte Klüssendorf. „Mehr als 50 Prozent haben gar keine andere Altersvorsorge als die gesetzliche Rentenversicherung. Im Osten Deutschlands sind es fast drei Viertel“, mahnte er. Klüssendorf verwies auf den Kanzler, der mit Blick auf die Wahlen vor einem „Unterbietungswettbewerb“ in der Union gewarnt hatte.
Arbeitsministerin Bas engte zudem den Spielraum für die künftige Rentenreformkommission ein: „Ein stabiles Rentenniveau sorgt dafür, dass die Renten auch künftig mit den Löhnen steigen“, sagte sie in einem YouTube-Video zum einen. Zum anderen betonte sie: „Darum kämpfen wir als SPD dafür, das Rentenniveau langfristig auch über 2031 hinaus zu stabilisieren.“
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