Im unionsinternen Rentenstreit hat sich Kanzler Friedrich Merz spontan am Sonntagabend zu Wort gemeldet – und der Jungen Union einen Kompromiss angeboten. Der CDU-Vorsitzende lehnte in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ zwar eine Änderung des Gesetzes zur Renten-Haltelinie von 48 Prozent bis 2031 ab. Er bot aber an, dass sich Union und SPD in der Gesetzeserklärung oder einer Begleiterklärung zu einer grundlegenden Rentenreform ab 2032 bekennen.

Merz kündigte zudem an, dass die geplante Rentenkommission ihre Arbeit weiter beschleunigen werde. „Die Rentenkommission wird vor der Sommerpause 2026 ihre Arbeit bereits abschließen, und wir werden unmittelbar danach auch ins Gesetzgebungsverfahren gehen“, betonte er.

Hintergrund des Streits ist die Drohung der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag, das Rentenpaket im Bundestag scheitern zu lassen. Die Gruppe hat 18 Mitglieder. Die Mehrheit der schwarz-roten Koalition liegt bei zwölf Stimmen. Die Junge Union hatte auf ihrem Deutschlandtag im badischen Rust am Wochenende gefordert, den Gesetzentwurf zu ändern, weil er ihrer Meinung nach Festlegungen für das Rentenniveau nach 2032 enthält.

Sowohl Merz als auch Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) betonten am Wochenende aber, dass sie für den Gesetzentwurf stimmen werden. CSU-Chef Markus Söder sagte am Sonntag, dass er Merz und CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn nicht in den Rücken fallen werde. Vizekanzler und SPD-Co-Chef Lars Klingbeil unterstrich seinerseits, dass es keine Änderungen am Gesetzentwurf geben werde.

Unterstützung erhielt er dafür vom rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer. „Diese Rentendebatte schafft Verunsicherung. Das ist Gift in dieser Zeit“, sagte der SPD-Politiker der Funke-Mediengruppe. „Für sehr viele der gut 21 Millionen Altersrentner ist die gesetzliche Rente das einzige Einkommen“, fügte er hinzu. Deswegen stimme er dem Kanzler zu, dass es beim Rentenniveau keinen Unterbietungswettkampf in der Union geben dürfe.

„Glaubt jemand ernsthaft, dass wir einen Unterbietungswettkampf gewinnen? Wer bietet das niedrigste Rentenniveau an? Das kann doch wohl nicht euer Ernst sein“, hatte der CDU-Vorsitzende bei der Jungen Union am Samstag gesagt. Wenn er nachgebe, bekomme er vielleicht Lob der JU, aber Wahlen gewinne man damit „mit Sicherheit“ nicht. „Ich muss doch dafür sorgen, dass wir strukturell in der Bundesrepublik Deutschland mehrheitsfähig bleiben“, betonte Merz. Er müsse als Kanzler die Interessen zwischen verschiedenen Gruppen ausgleichen. „Ich vertrete jetzt nicht mehr die Opposition, sondern ich bin der Regierungschef und ich muss dafür sorgen, dass diese Regierung zusammenbleibt“, sagte der CDU-Chef in der ARD am Sonntagabend. Die Basis für die Verabredung mit der SPD sei der Koalitionsvertrag. Die Junge Union kritisiert, dass der Gesetzentwurf über diesen aber hinausgehe.

Die Junge Union befürchtet Mehrkosten in den folgenden Jahren von 120 Milliarden Euro. Merz wies die Berechnungen als hypothetisch zurück. Denn im Koalitionsvertrag mit der SPD verabredet worden sei, für die Zeit nach 2031 eine neue Kenngröße für das Versorgungsniveau bei der Rente festzulegen. Dies schließe dann die gesetzliche Rente, Betriebsrenten und den Ausbau kapitalgedeckter Absicherungen ein. Deshalb werde es eine völlig neue Debatte geben, worauf sich die 48 Prozent überhaupt beziehen. Bisher ist damit bei der gesetzlichen Rente der Prozentsatz des letzten Durchschnittslohns gemeint.

Ausblick auf Reformen ab 2032

Merz betonte am Sonntagabend, dass er mit der SPD besprechen wolle, in einem Begleittext zu diesem Gesetzentwurf festzuhalten, dass die Regierung eine grundlegende Rentenreform ab 2032 wolle. „Da könnte auch in der Begründung des Gesetzes noch einmal ein Hinweis darauf sein, wie das nach 2031 weitergehen sollte. Da bin ich völlig offen“, sagte der Kanzler.

Die in Umfragen teilweise führende AfD verspricht, das Rentenniveau künftig auf mehr als 70 Prozent anzuheben – auch wenn Ökonomen das für kaum finanzierbar halten.

Das Rentenpaket enthält neben der Haltelinie unter anderem die sogenannte Aktivrente, die Arbeitnehmern Anreize geben soll, freiwillig über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Dies ist der CDU besonders wichtig. Zudem gehört dazu die erneute Erhöhung der Mütterrente, auf die vor allem die CSU pocht. SPD und Union hatten ausgemacht, dass alle Aspekte des Rentenpakets gemeinsam verabschiedet werden müssen.

Kippen die jungen Abgeordneten den Gesetzentwurf zur Haltelinie, sind auch die anderen Projekte gefährdet. Söder bestand auch am Sonntag auf die Mütterrente – die der JU-Vorsitzende Johannes Winkel erneut ablehnte.

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