Der CDU-Gesundheitspolitiker Hendrik Streeck hat seine Aussagen über die medizinische Versorgung von Hochbetagten präzisiert. „Es geht nicht ums Sparen, sondern darum, Menschen etwas zu ersparen: Wie wir sie in ihren letzten Lebensphasen verantwortungsvoll begleiten – statt sie aus falschen Anreizen zu überversorgen“, schrieb der Bonner Virologe am Samstag in einem Gastbeitrag für den Bonner „General-Anzeiger“ und die „Rheinische Post“.

Streeck, der auch Drogenbeauftragter der Bundesregierung ist, hatte in der Sendung „Meinungsfreiheit“ bei WELT TV hinterfragt, ob sehr alte Menschen sehr teure Medikamente erhalten sollten. „Es gibt einfach Phasen im Leben, wo man bestimmte Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte“, sagte er.

Dabei verwies der Mediziner beispielhaft auf eine teure Krebstherapie bei einer 100-Jährigen und auf Erfahrungen, die er in der letzten Lebensphase seines Vaters gemacht habe. Streecks Aussagen hatten für Empörung gesorgt. Die Bundesregierung hatte sich davon am Freitag distanziert.

In seinem Gastbeitrag schrieb der CDU-Politiker jetzt, das Gesundheitssystem in Deutschland funktioniere immer noch zu sehr nach dem Maßstab, dass Lebensverlängerung immer das höchste Ziel sei. „Doch wer je erlebt hat, wie ein hochbetagter Mensch auf einer Intensivstation um sein Leben ringt, weiß: Nicht alles, was medizinisch möglich ist, ist auch menschlich vertretbar.“

In Deutschland würden ältere, hochfragile Menschen nicht selten „tot operiert“ - nicht aus Böswilligkeit, sondern weil das System falsche Anreize setze, erläuterte der Mediziner. Entscheidend müssten aber der Wunsch des Patienten, seine Würde und sein Frieden sein. „Manchmal ist die größere Fürsorge, nicht alles zu tun, was man kann.“

Neuausrichtung des Gesundheitssystems

Streeck sprach sich für eine andere Ausrichtung des Gesundheitssystems aus. „Wir müssen Gesundheit vergüten, statt Krankheit. Wir müssen Pflegekräfte, Hausärzte und Angehörige stärken, damit Behandlung zu Hause möglich ist. Und wir müssen in Strukturen investieren, die Würde ermöglichen – statt in Eingriffe, die Erlöse bringen, aber keine Lebenszeit.“

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte die Äußerungen. Während Streeck über eine Begrenzung medizinischer Leistungen für ältere Menschen diskutiere, schlage das CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium eine Krankenhausreform vor, in der Schmerztherapie, Sterbebegleitung oder Hospizdienste völlig vernachlässigt würden, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur in Dortmund.

„Anstatt mit privaten Erfahrungen über den Leidensweg seines Vaters zu argumentieren, könnte Streeck als einflussreicher Gesundheitspolitiker dafür sorgen, dass Schmerztherapie, Sterbebegleitung oder Hospizdienste in den Leistungsgruppen der Krankenhäuser verankert würden“, sagte Brysch. Dann würden sie ausreichend honoriert und gestärkt. Die Politik müsse die Voraussetzungen dafür schaffen, dass „das Gesundheitssystem den schwerstkranken Patienten eine würdige Alternative anbieten kann.“

Kritik von Kirchen

Unterdessen forderte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki mit Blick auf die Äußerungen Streecks besonderen Schutz für ältere und schwächere Menschen. „Sollte eine ernstgemeinte Diskussion darüber entbrennen, ob nachgewiesen wirksame Behandlungsmethoden und Medikationen nur noch mit Altersgrenze zum Einsatz kommen, dann wird das hoffentlich auf breites Unverständnis und Ablehnung treffen“, sagte der Erzbischof der „Kölnischen Rundschau“. „Ältere und schwächere Menschen verdienen unseren besonderen Schutz – einschließlich einer flächendeckenden und verlässlich finanzierten Hospiz- und Palliativversorgung.“

Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, kritisierte Streeck. „Es ist ethisch nicht vertretbar, den Zugang zur besten medizinischen Versorgung an das Alter zu knüpfen“, sagte er der Zeitung: „Ich halte solche Überlegungen für altersdiskriminierend und brandgefährlich. Denn es öffnet Tür und Tor für völlige Willkür.“

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