• Bundeskanzler Friedrich Merz fordert eine rasche Wiederaufnahme von Abschiebungen nach Syrien.
  • Außenminister Wadephul hingegen hält Rückführungen wegen der Zerstörung in Syrien nur in Ausnahmefällen für vertretbar.
  • Auch CDU-Politiker aus Sachsen-Anhalt und Thüringen plädieren dafür, zügig Strategien zur Rückkehr syrischer Flüchtlinge zu entwickeln.
  • Grüne und Linke lehnen Abschiebungen nach Syrien hingegen ab.

Bundeskanzler Friedrich Merz dringt auf eine schnelle Wiederaufnahme der Abschiebungen nach Syrien und will sich beim syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa persönlich dafür einsetzen. "Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen", sagte der CDU-Chef. Er habe Al-Scharaa nach Deutschland eingeladen, um mit ihm über das Thema zu sprechen.

Der Kanzler betonte, er setze auch darauf, dass ein großer Teil der syrischen Flüchtlinge freiwillig zurückkehren werde, um sich am Wiederaufbau ihres Landes zu beteiligen. Ohne diese Menschen sei der Wiederaufbau nicht möglich. "Und diejenigen, die sich dann in Deutschland weigern, in das Land zurück(zu)kehren, die können wir selbstverständlich auch in naher Zukunft abschieben."

Wadephul zurückhaltend gegenüber Abschiebungen

Merz reagierte mit seinen Äußerungen auf eine Aussage von Außenminister Johann Wadephul. Dieser hatte sich bei einem Besuch in Syrien zurückhaltend über eine mögliche Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus Deutschland geäußert hatte. Der CDU-Politiker hatte angezweifelt, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren werde. "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben", sagte der Minister zu einem Besuch in Harasta, einer schwer verwüsteten Vorstadt von Damaskus.

Mit Blick auf die Abschiebung syrischer Straftäter hatte der CDU-Politiker von "ganz wenigen Ausnahmefällen" gesprochen, die "natürlich" auch durch eine Rückführung nach Syrien zu lösen seien.

Rechtsprofessor: Abschiebungen in zerstörte Länder möglich

Der Hallesche Rechtsprofessor Winfried Kluth hat klargestellt, dass Abschiebungen grundsätzlich auch in zerstörte Länder möglich sind. Kluth sagte MDR AKTUELL, vor Ort müsse ein würdiges Existenzminimum gesichert sein. In Syrien sei die Lage jedoch nicht einheitlich. Daher müsse man prüfen, in welchen Teilen des Landes das möglich wäre.

Wadephuls Aussagen stünden juristisch gesehen Rückführungen pauschal nicht im Wege. Der Außenminister habe seinem Verständnis nach seinem Entsetzen Ausdruck verschafft, sagte Kluth. Die Bundesregierung habe bislang nicht angekündigt, im großen Stil abzuschieben, sondern zunächst mal den Fortbestand der Anerkennungen zu prüfen. Bis das alles abgearbeitet sei, vergingen Monate oder auch ein Jahr. Dann habe sich auch die Lage vor Ort wieder geändert.

Das ganze Interview mit Rechtsprofessor Winfried Kluth zum Nachhören:

Regierung bereitet Rückführungen nach Syrien vor

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte, dass die Regierung an Abschiebungen nach Syrien festhalten wolle. "Wir sind dabei, Rückführungen nach Syrien vorzubereiten", sagte er zum Auftakt einer Kommunaltagung in Mannheim. Der Auftrag dafür ergebe sich aus dem Koalitionsvertrag.

Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärte gegenüber ntv, dass Straftäter konsequent abgeschoben werden müssten und auch Kriegsflüchtlinge beziehungsweise ehemalige Kriegsflüchtlinge künftig – soweit möglich – nach Syrien zurückkehren sollten. Der Generalsekretär sagte weiter, er habe am Sonntag mit Wadephul telefoniert, "und wir sind uns da völlig einig, dass wir diesen Weg jetzt gehen". 

In Deutschland leben rund eine Million Syrer. Im Koalitionsvertrag heißt es: "Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben – beginnend mit Straftätern und Gefährdern." Dies schließt auch die Abschiebung der übrigen Migranten aus den Ländern nicht aus.

Schulze fordert schnelle Rückkehr

Sachsen-Anhalts CDU-Chef und Wirtschaftsminister Sven Schulze kann Wadephuls Aussagen nach eigenen Worten nicht nachvollziehen. Es müsse an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen gearbeitet werden. Er erklärte, Fluchtgrund sei der Bürgerkrieg gewesen. Ein in Teilen zerstörtes Land und schlechtere Lebensbedingungen als in Deutschland seien kein Grund, nicht an einer Rückkehr zu arbeiten.

Auch aus Sicht von Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt sollen syrische Flüchtlinge systematisch in ihre Heimat zurückkehren. Nach dem Ende des Bürgerkriegs müsse es auch darum gehen, dass die Menschen vor Ort ihre Heimat wieder aufbauten, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Grüne und Linke lehnen Abschiebungen nach Syrien ab

Zuspruch bekam Wadephul hingegen aus der SPD. Generalsekretär Tim Klüssendorf bezeichnete Wadephuls Äußerungen als "sehr ausgewogen", "weil es erkennen lassen hat, dass die Dinge nicht so einfach gelagert sind, wie sie manchmal dargestellt werden". Grundsätzlich seien aber die Verabredungen im Koalitionsvertrag umzusetzen.

Grüne und Linke sprachen sich dagegen klar gegen Abschiebungen nach Syrien aus. Es sei "beunruhigend", wie seine eigenen Parteikollegen Wadephul widersprächen, "obwohl er ja vor Ort ist und sich das selber angeschaut hat", sagte Grünen-Chefin Franziska Brantner. Linken-Chef Jan van Aken betonte: "Es hilft manchmal, direkt in die Region zu fahren." Syrien sei "ein komplett zerstörtes Land". AfD-Chefin Alice Weidel hingegen warf der CDU eine "Abschiebungsverweigerung" vor, die "neue Gefahren schafft, anstatt sie zu verhindern".

MDR/AFP/Reuters/dpa (lik, jst)

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