SPD-Landrat führt Arbeitspflicht für junge Bürgergeld-Empfänger ein
Im thüringischen Landkreis Nordhausen startet am Montag ein bundesweit beachtetes Pilotprojekt: Unter 25-Jährige, die Bürgergeld beziehen und keine Ausbildung haben oder diese abgebrochen haben, sollen künftig einer Arbeitspflicht unterliegen. Bis zu 40 Stunden pro Woche werden sie in Werkstätten gemeinnütziger Vereine, im Bauhof oder bei der Pflege von Grünanlagen eingesetzt – für einen Stundenlohn von 1,20 Euro. Das Programm ist vorerst auf drei Monate angelegt. Zuerst berichtete die „Bild“-Zeitung darüber.
Landrat Matthias Jendricke (SPD) verteidigt das Vorhaben im Gespräch mit WELT: „Wir dürfen die unter 25-Jährigen nicht aufgeben. Wir müssen ihnen Druck machen. Eine Ausbildung aussuchen – und wenn sie das nicht machen, dann werden sie in eine Ein-Euro-Maßnahme gesteckt.“
Fehlende Motivation bei vielen Teilnehmern
Das Jobcenter hat 220 Personen identifiziert, die für das Programm infrage kommen. 60 davon gelten als „dringendste Fälle“ – junge Menschen ohne Arbeit, die beim Träger Horizont untergebracht werden sollten. „Von den 60, die wir rausgefiltert haben, sind bei dem entsprechenden Termin vorletzte Woche nicht mal ganz 30 gekommen“, berichtet Jendricke. „Heute hätten 30 Leute um sieben Uhr morgens stehen müssen – acht waren nur da.“
Die Teilnehmer des Projekts erhalten weiterhin Bürgergeld. Wer sich jedoch weigert, muss mit Abzügen rechnen. „Bei Verweigerung wird um zehn Prozent gekürzt. Leider dürfen wir nicht mehr kürzen“, sagt Jendricke.
Er kritisiert, dass viele Eltern zu wenig Verantwortung übernehmen. „In dem Alter wäre es gut, wenn Eltern Druck machen. Andernfalls muss der Staat Druck ausüben. Deswegen ist der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit zu verzeichnen.“
Kritik an der eigenen Partei
Jendricke spart auch mit Blick auf seine eigene Partei nicht mit Kritik. „Wir machen bei den jungen Leuten alles falsch“, sagt er über die Regierungskoalition im Bund von Union und SPD. „Wir geben denen Geld fürs Zuhausebleiben, wir bezahlen ihnen auch noch eine Wohnung. Wir machen ihnen das Nest schön, sodass sie sich von der beruflichen Welt entfernen.“
Bei älteren Bürgergeld-Empfängern sei das System teilweise nachvollziehbar, meint der Landrat. „Aber wir züchten eine Generation von Faulenzern – deswegen brauchen wir diese Sanktionen. Unsere Zahlen zeigen das deutlich. Am Ende führen solche Sozialhilfekarrieren oft in Suchterkrankungen.“
An die Parteispitze in Berlin richtet er einen klaren Appell: „Ich appelliere an die Berliner Politik – Sanktionen sind längst überfällig.“
Nach drei Monaten will Jendricke Bilanz ziehen. „Es sollte erstmal der Aktivierung dienen“, erklärt er. Ob die Maßnahme dauerhaft eingeführt wird, hängt davon ab, wie viele junge Menschen wieder in Ausbildung oder Beschäftigung gebracht werden können.
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