Eine Stunde Talkshow, geballte Expertise – und dennoch kommt kaum Dynamik in den Abend bei "Caren Miosga". Nur bei einem Thema kommt Spannung auf.

Dass es am Sonntagabend bei "Caren Miosga” etwas eintönig werden könnte, ließ sich bereits erahnen, als die Gästeliste bekanntgegeben wurde. Neben dem Bundestagsvizepräsidenten Omid Nouripour (Grüne) sitzen Anna Sauerbrey, außenpolitische Koordinatorin bei "Die Zeit”, der Politikwissenschaftler Peter R. Neumann und die deutsch-israelische Unternehmerin Jenny Havemann am Tisch. Die Frage des Abends: "Nahost und Ukraine: Wie wirksam ist die Methode Trump?". 

Als "Meisterleistung von Donald Trump" bezeichnet Miosga, dass die Hamas die noch lebenden israelischen Geiseln freigegeben hat. Doch ein Einspieler der Redaktion macht deutlich, wie fragil dieser Friedensplan tatsächlich ist. Noch am Morgen vor der Sendung wurde die Waffenruhe im Gazastreifen gebrochen: Die Hamas soll israelische Soldaten angegriffen haben, woraufhin Israel mit Luftangriffen reagiert habe. 

Dabei sei auch eine Produktionsfirma getroffen worden, die seit Jahrzehnten mit dem ZDF zusammenarbeite, sagt Grünen-Außenexperte Nouripour. "Das hat mit Verhältnismäßigkeit nicht mehr viel zu tun."

Politikwissenschaftler Peter Neumann sieht die Ursache des Bruchs der Waffenruhe in einem "Konstruktionsfehler" des Friedensplans. Es sei absehbar gewesen, dass durch den Rückzug der Armee ein "Vakuum" entstehen würde – und damit die Frage: "Wer sorgt für Recht und Ordnung?" Das Problem mit Trumps Methode, so Neumann, liege darin, dass es sich um einen "schnellen Deal", aber eben nicht um eine nachhaltige Lösung handele.

Caren Miosga verzichtet auf eine Sologespräch

Anstelle des klassischen Solo-Gesprächs zu Beginn versammelt Caren Miosga diesmal alle Gäste von Anfang an um sich. Sie stellt ihre Fragen reihum, die Gäste antworten artig. Ein lebendiger Schlagabtausch bleibt allerdings aus – die Einschätzungen ähneln sich zu sehr, um Spannung ins Gespräch zu bringen.

UNRWA-Bericht Zahl der unterernährten Kinder im Gazastreifen seit März verdreifacht

Erst nach rund einer halben Stunde entsteht der erste Streitpunkt. Thema ist die internationale Hilfe für die Menschen im Gazastreifen. Die politische Bloggerin Jenny Havemann, die seit 2010 in Israel lebt, warnt: "Die UNO ist aus meiner Sicht mit der Hamas zusammen eine Kriegspartei." Sie verweist auf die UNRWA, das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten. Dessen Mitarbeiter hätten nach dem 7. Oktober 2023 in Chatgruppen "gejubelt" und sogar an dem Anschlag teilgenommen, sagt Havemann – und geht noch einen Schritt weiter: "Die UNRWA muss aus meiner Sicht aufgelöst werden." Miosga hakt ungläubig nach, Havemann wiederholt ihren Vorschlag. Statt weiter zu bohren, gibt Miosga die Frage an Grünen-Politiker Nouripour weiter – fast so, als hoffe auch sie, dass die Runde dadurch etwas Leben gewinnt. 

Dieser stimmt Havemann in Teilen zu: "Es ist richtig, dass sehr viele UNRWA-Mitarbeiter in Gaza sehr eng mit der Hamas zusammengearbeitet haben." Der Auflösung des Hilfswerks widerspricht er jedoch. Gleichzeitig betont er, man müsse "dringend Druck machen”, um die Rolle des Hilfswerks in Gaza zu verändern, und fordert Aufklärungsarbeit, um zu untersuchen, was bisher falsch gelaufen sei.

Wer gedacht hat, dass dies der Startschuss für eine lebendige Diskussion sein würde, wird enttäuscht. Schnell kehrt das Gespräch wieder in den vertrauten Rhythmus der ersten Hälfte zurück: Miosga fragt, die Gäste antworten. Politische Auseinandersetzungen bleiben rar.

Hoffnung auf eine Einigung in der Ukraine

Spannend wird das Gespräch dennoch, als die Frage aufkommt, ob Trumps Hauruck-Diplomatie auch bei Putin Wirkung zeigen könnte. In den kommenden zwei Wochen sollen sich die beiden ein zweites Mal treffen, um über Frieden in der Ukraine zu verhandeln.

Journalistin Sauerbrey zeigt sich vorsichtig optimistisch. Anders als zuvor werde das Treffen von US-Außenminister Marco Rubio vorbereitet – nicht vom Sonderbeauftragten Steve Witkoff, der in früheren Verhandlungen mit Putin "sehr viele Missverständnisse" verursacht habe, so Sauerbrey.

Selenskyj im Weißen Haus Trump auf Friedenskurs: Nach Gaza ist vor der Ukraine

Das Urteil des Politikwissenschaftlers Neumann fällt hingegen negativer aus. "Ich glaube, Donald Trump hat grundsätzlich keine große Sympathie für die Ukraine." Er betont, dass Trump sich zwar gut mit Putin, nicht aber mit Selenskyj verstehe: "Er sieht Wladimir Putin als ebenbürtig, als Anführer einer Großmacht – das sieht er in Selenskyj nicht." Neumann sagt, es sei "ein bisschen naiv", zu glauben, die Europäer könnten Trump von ihrer Position überzeugen.

Zurück bleibt der Zuschauer mit einigen interessanten Analysen, aber nur wenigen unterschiedlichen Standpunkten. Es tut gut, einmal eine Stunde Talkshow zu schauen, ohne dass das Gespräch in politische Grabenkämpfe abgleitet. Doch etwas Reibung hätte der Runde durchaus gutgetan. Nun richtet sich der Blick nach Budapest, wo das Treffen der beiden Großmächte stattfinden soll. Dort wird sich zeigen, ob Trump erneut eine "Meisterleistung" vollbringen kann.

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