Die ehemalige Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang hat den früheren Grünen-Vormann Robert Habeck für die Art seines Abschieds aus der Politik kritisiert. Der frühere Vizekanzler hatte seinen Rückzug in einem Zeitungsinterview angekündigt und mit beißender Kritik an politischen Gegnern verbunden – unter anderem warf er CSU-Chef Markus Söder „fetischhaftes Wurstgefresse“ vor.

Dazu sagte Lang am Donnerstag dem „Handelsblatt“: „Markus Söder inszeniert sein, um Robert Habeck zu zitieren, ‚fetischhaftes Wurstgefresse‘ ja nicht, weil er blöd ist. Er gibt damit Menschen bewusst das Gefühl, einer von ihnen zu sein.“ Hierbei stelle sich die Frage: „Ab wann erhebe ich mich über Menschen, die sich von Markus Söder legitimerweise angesprochen fühlen?“, sagte Lang. „Wir sollten das Kulturkampfspiel, insbesondere auch die kulturelle Erhöhung noch deutlicher meiden“, schlussfolgerte sie.

Auch die von Habeck vertretene Strategie der Öffnung der Partei gegenüber möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen und Parteien erklärte Lang rückblickend für falsch: „Es gibt gesellschaftliche Konflikte, die kann ich nicht wegerläutern, die muss ich austragen“, sagte die Bundestagsabgeordnete.

Sie sei zwar davon „überzeugt, dass es auch weiterhin breite Bündnisse“ brauche. Aber, so Lang: „An anderen Stellen müssen wir aber auch wieder stärker bereit sein, Konflikte auszutragen, weil eben nicht alle in der Gesellschaft dasselbe wollen. Die Gas-Lobby will weiter Milliarden mit Gas verdienen. Das ändert sich auch nicht, wenn ich ihr meine Position geduldig erkläre.“ In einer ausdifferenzierten Gesellschaft sei es nicht möglich, allen gleichzeitig die Hand zu reichen.

„Wir wollten versöhnen, Brücken bauen, als Bündnispartei in alle Richtungen anschlussfähig sein – und am Ende werden wir als die großen Polarisierer wahrgenommen“, fasste sie das Grünen-Dilemma zusammen.

Lang forderte ihre Partei auf, bei großen Fragen wieder stärker Position zu beziehen, sich dafür aber aus Kulturkampfthemen wie dem Gendern herauszuhalten. Mit Blick auf die derzeitige Aufstellung der Partei auf Bundesebene sagte sie: „Wir sind noch nicht so weit, dass wir Orientierung geben und auch als Hoffnungsträger wahrgenommen werden.“

Das Interview wurde anlässlich der Veröffentlichung ihres Buches „Der große Umbruch: Ein Gespräch über Krisen, Konflikte und Kompromisse“ geführt, das Lang gemeinsam mit dem Soziologen Steffen Mau geschrieben hat. Auch darin analysieren sie Ursachen für Polarisierung und Spaltung in der Gesellschaft.

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