„Blutgrätsche gegen SPD“, „Habe ich noch nie erlebt“ – Heftige Kritik an Pistorius
Nach dem vorläufigen Scheitern eines Kompromisses für einen neuen Wehrdienst gibt es in der Union massiven Unmut über Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). „Ich habe es in über 30 Jahren Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag noch nie erlebt, dass ein Bundesminister in seinem eigenen Verantwortungsbereich ein wichtiges Gesetzgebungsverfahren frontal torpediert und die eigene Fraktion in Chaos stürzt“, sagte der stellvertretende Union-Fraktionsvorsitzende Norbert Röttgen (CDU) der „Süddeutschen Zeitung“.
Röttgen hatte den Kompromiss zusammen mit Siemtje Möller, Falko Droßmann (beide SPD) und Thomas Erndl (CSU) ausgehandelt, auch die Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD) unterstützten die Einigung.
Aber besonders der Plan, junge Männer für eine Musterung auszulosen und notfalls per Los zu bestimmen, wer Wehrpflicht leisten muss, wenn sich nicht genügend Freiwillige melden, war auf großen Widerstand in der SPD gestoßen.
Pistorius betonte zwar das Prinzip der Freiwilligkeit, wollte aber, dass präventiv alle jungen Männer – bis zu 300.000 pro Jahrgang – gemustert werden, damit bei einem Spannungs- oder Verteidigungsfall mit Wiedereinsetzung der allgemeinen Wehrpflicht gleich ein genaues Bild über die Tauglichkeit der Wehrpflichtigen existiert. Und weil man so weniger in juristische Probleme hineinlaufen könnte.
Gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ warf Röttgen Pistorius vor, sich „destruktiv“ verhalten zu haben. „Die SPD muss sich jetzt sortieren“, fügte der Unionspolitiker hinzu.
Die „Bild“ zitiert einen CDU-Politiker mit den Worten: „Das war eine Blutgrätsche von Pistorius gegen die SPD-Fraktionsführung.“ Pistorius sei nie an einer Einigung interessiert gewesen und habe sich „destruktiv verhalten“.
Pistorius wehrt sich
Verteidigungsminister Pistorius wehrte sich gegen die von Unionsseite gegen ihn erhobenen Vorwürfe. „Ich torpediere nicht, und ich bin auch nicht destruktiv“, sagte der Sozialdemokrat dem „Tagesspiegel“ mit Blick auf die Äußerungen Röttgens. „Ich habe nur gewisse Schwierigkeiten damit, dass zwei elementare Stellen meines Gesetzentwurfs geändert werden, bevor dieser überhaupt offiziell in den Bundestag eingebracht worden ist.“
Zum einen geht es Pistorius eigenen Angaben zufolge um „die flächendeckenden Musterungen ab 2027, die im aktuellen Kompromiss nicht enthalten sind“. Zum anderen werde viel Zeit verloren, „wenn die Truppe bei allen zur Musterung ausgelosten jungen Männern noch einmal aktiv für sich werben soll.“ Diese Bedenken habe er „nicht erst heute geltend gemacht“.
Linnemann hofft auf „Heilung in 24 Stunden“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann rechnet trotz des eskalierten Streits damit, dass das neue Wehrdienstgesetz plangemäß am Donnerstag im Bundestag beraten wird. „Wir wollen unbedingt diese Woche die erste Lesung“, sagte Linnemann am Abend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Er gehe davon aus, dass sich die Fraktionen von Union und SPD darauf verständigten.
Linnemann vertrat die Ansicht, die SPD-Fraktion habe Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei der Kompromisssuche offenkundig zu wenig mitgenommen. Aber: „Das ist nicht schlimm. Das kann man, glaube ich, innerhalb von 24 Stunden heilen.“ Jetzt gehe darum, dass man vorankomme.
Anders als erwartet hatten Union und SPD sich zuvor im Streit über die Pläne für den Wehrdienst doch nicht einigen können. Eine für den späten Nachmittag angesetzte gemeinsame Pressekonferenz wurde kurzfristig abgesagt. Offen blieb, ob damit die für Donnerstag geplante erste Lesung des Gesetzentwurfs erneut verschoben werden muss.
Die „Bild“ berichtete, das Wehrdienstgesetz werde nun auch diese Woche von der Tagesordnung genommen. Dazu hieß es aber aus dem Parlament, das sei noch nicht entschieden. Eigentlich hätte der Gesetzentwurf schon vergangene Woche im ersten Durchgang in den Bundestag kommen sollen.
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