Betrieb am Flughafen München wieder angelaufen – Tausende verbrachten Nacht in Terminals
Nach dem Stopp des Flugverkehrs wegen erneuter Drohnensichtungen am Flughafen München müssen Passagiere auch am Samstag mit Störungen rechnen. Seit 07.00 Uhr sei der Betrieb „schrittweise“ wieder aufgenommen worden, teilte Deutschlands zweitgrößter Airport auf seiner Webseite mit. Passagiere würden weiterhin gebeten, sich vor der Anfahrt zum Flughafen auf der Homepage ihrer Airline zu informieren. Am Freitag hatte der Flughafen den zweiten Abend in Folge den Flugbetrieb wegen Drohnensichtungen einstellen müssen.
Die Airlines seien dabei, „ihre Flugpläne anzupassen und Passagiere umzubuchen“, teilte eine Flughafensprecherin der Nachrichtenagentur AFP mit. Zum jetzigen Zeitpunkt lägen „keine genauen Zahlen zu Annullierungen und Verspätungen“ am Samstag vor. „Es ist den ganzen Tag über mit Verzögerungen im Betriebsablauf zu rechnen.“
Der Flugbetrieb in München war am Freitagabend wegen eines Hinweises auf Drohnensichtungen den zweiten Abend infolge eingestellt worden. Tausende Reisende sind betroffen und mussten die Nacht am Flughafen verbringen. Die Bundespolizei sprach von zwei Drohnensichtungen im Bereich der Nord- und der Südbahn. Bundespolizisten hätten sie am Freitag kurz vor 23.00 Uhr gesehen. „Die Drohnen entfernten sich sofort, noch bevor sie identifiziert werden konnten“, teilte ein Sprecher mit.
Dem Flughafenbetreiber zufolge wurden am Abend 23 ankommende Maschinen umgeleitet, 12 weitere annulliert. 46 geplante Starts hätten nicht stattfinden können, sagte der Sprecher. Davon seien 6500 Passagiere betroffen. Sie sollen nun vor Ort versorgt werden. „Es wurden Feldbetten aufgestellt, sowie Decken, Getränke und Snacks ausgereicht“, heißt es auf der Internetseite. Vor der Abfluganzeige standen in der Nacht mehrere Gruppen gestrandeter Reisenden mit ihrem Gepäck und berieten sich, wie ein dpa-Reporter berichtete. Andere legten sich auf die Sitzbänke.
Daten des Anbieters „Flightradar24“ vom Freitagabend zeigen, dass Flüge unter anderem auf die Flughäfen Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt, Wien oder Salzburg umgeleitet wurden.
Flugbetrieb bereits am Donnerstag unterbrochen
Bereits am Donnerstagabend hatten Drohnensichtungen den Flugbetrieb am Flughafen München vorübergehend lahmgelegt. Zahlreiche Flüge fielen aus oder mussten auf benachbarte Flughäfen wie Nürnberg oder Stuttgart umgeleitet werden. Rund 3000 Passagiere waren davon betroffen. Hunderte Menschen mussten die Nacht auf in den Terminals aufgestellten Feldbetten verbringen. Im Laufe des Freitags hatte es dann keine größeren Behinderungen mehr gegeben. Am frühen Morgen wurde der Flugbetrieb wieder aufgenommen. Der Betrieb normalisierte sich im Laufe des Tages – bis zum Abend.
Eine mögliche Drohnensichtung beschäftigt die Polizei auch im Landkreis Gifhorn. Wie die Polizei auf Anfrage mitteilte, hatte ein Zeuge am Donnerstagabend gegen 21 Uhr einen Drohnenüberflug in der Gemeinde Meine gemeldet. Wie viele Drohnen in der Luft gewesen sein sollen und welche Strecke die Fluggeräte warum flogen, sei noch unklar.
Die „Bild“-Zeitung hatte zuvor berichtet, dass am Donnerstag in Gifhorn drei Drohnen gesichtet worden seien. Dem Bericht zufolge waren die Flugobjekte teils im Formationsflug unterwegs und bewegten sich mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde in etwa 100 Metern Höhe.
In Gifhorn unterhält die Bundespolizei eine Fliegerstaffel, die derzeit umfassend erweitert und modernisiert wird.
Als Konsequenz aus den Drohnensichtungen will die Politik einen besseren Schutz von Flughäfen durchsetzen. „Wir brauchen schnell eine funktionierende Drohnenabwehr“, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. „Unsere Sicherheitsbehörden müssen handlungsfähiger und moderner werden.“ Eine pauschale Antwort, ob eine Drohne abgeschossen werden solle, könne nicht gegeben werden, sagte Reul. Für einen möglichen Abschuss sei entscheidend, dass die Maßnahmen „rechtlich sauber, verhältnismäßig und technisch wirksam“ seien.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will, dass die Landespolizei im Freistaat im Zweifelsfall auch Drohnen abschießen darf. „Wir wollen die rechtlichen Möglichkeiten der bayerischen Polizei deutlich erweitern, damit sie sofort und effektiv gegen Drohnen vorgehen kann. Das bedeutet auch, dass die Polizei bei akuter Gefahr Drohnen sofort abschießen darf.“
Drohnen sollen auch Thema eines Treffens von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) mit mehreren Kollegen aus europäischen Ländern heute in München sein. Am Freitag kündigte er an, die Bundeswehr solle im Zuge von Amtshilfe am Kampf gegen Drohnen beteiligt werden. Bisher ist das Sache der Polizei von Bund und Ländern. Dazu möchte Dobrindt schon bald nach eigenen Angaben einen Entwurf für ein neues Luftsicherheitsgesetz vorlegen.
Hintergründe unbekannt
Unklar ist, wer hinter den Drohnenflügen steckt und welche Motive vorliegen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stellte am Donnerstag den Vorfall in München in eine Reihe mit weiteren Drohnensichtungen in Europa. „Das war jetzt kein Einzelfall“, sagte Söder bei Welt TV. „Es ist die Sicherheitslage, in der wir stehen“, sagte er.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) schloss auch Trittbrettfahrer nicht aus. „Ich bin sicher: Nicht jede Drohne steuert der Kreml – aber jede einzelne spielt (Präsident Wladimir) Putin in die Karten“, sagte Reul. „Wer leichtfertig eine Drohne steigen lässt, sollte sich darüber im Klaren sein.“ Er rief aber zur Besonnenheit auf: „Verunsicherung zu verbreiten, ist genau das Ziel, das etwa Russland mit solchen Aktionen verfolgt.“
Luftfahrtexperten fordern eine Pflicht zum Kennzeichnen von Drohnen als Konsequenz aus den jüngsten Zwischenfällen an Flughäfen. „Wir brauchen eine komplette und verpflichtende Sichtbarkeit aller legalen Drohnen, damit sie schnell von illegalen unterschieden werden können“, sagte der Vorsitzende des Europäischen Verbands für unbemannte Luftfahrt, Gerald Wissel, der Deutschen Presse-Agentur.
Er sieht Flughäfen in Deutschland nicht vor Drohnen geschützt. Da schwer einzuschätzen sei, wohin eine Drohne fliege, müsse ein „virtueller Zaun“ an allen Flughäfen errichtet werden, damit sie nicht weiterfliegen.
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