Der Bundeskanzler verliert immer weiter dramatisch an Wählergunst: 27 Prozent der Deutschen sind mit der Arbeit von Friedrich Merz (CDU) noch „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“. Das zeigt der Deutschlandtrend des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT vom Oktober. Merz verzeichnet damit einen Absturz um sechs Punkte. In der vorigen repräsentativen Erhebung vom September waren noch 33 Prozent der Wähler zufrieden mit Merz.

Zu den drei beliebtesten Politikern gehört Merz somit nicht mehr. Das Ranking führt weiterhin Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) an, auf ihn folgt Außenminister Johann Wadephul (CDU) und auf diesen dann Finanzminister und SPD-Vizekanzler Lars Klingbeil. Noch unbeliebter war Merz während seiner Kanzlerschaft bislang nur im Deutschlandtrend vom April 2025. Damals signalisierten 25 Prozent der Befragten Zufriedenheit mit dem Kanzler. Kurz zuvor hatte Merz das Wahlversprechen zur Aufrechterhaltung der Schuldenbremse abgeräumt.

Auch die Unzufriedenheit mit der Regierung Merz insgesamt wächst: So zeigen sich inzwischen 77 Prozent der Befragten „weniger zufrieden“ oder „gar nicht zufrieden“ mit der Arbeit der Bundesregierung.

CDU/CSU und AfD liegen in der Sonntagsfrage des Oktober-Deutschlandtrends gleichauf bei 26 Prozent, weil die Union im Vergleich zum September einen Prozentpunkt verliert und die AfD einen hinzugewinnt. Die SPD liegt weiter bei 14 Prozent, die Grünen legen einen Prozentpunkt zu auf zwölf Prozent, die Linke verharrt bei zehn Prozent. BSW und FDP scheitern weiter an der Fünf-Prozent-Hürde.

Befragt wurden die wahlberechtigten Deutschen auch zu ihrer Perspektive auf die Funktionsweise der Demokratie: Demnach ist eine Mehrheit von 56 Prozent alles in allem „weniger zufrieden“ oder „gar nicht zufrieden“ mit „der Art und Weise, wie die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert“. 42 Prozent zeigen sich „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“. Dabei sind die Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland gravierend: 45 Prozent im Westen zeigen sich insgesamt zufrieden mit der Demokratiepraxis, aber nur 31 Prozent in den ostdeutschen Bundesländern.

Mit Abstand am zufriedensten mit der Funktionsweise der Demokratie hierzulande sind die Anhänger der Grünen mit 79 Prozent. Von den befragten AfD-Anhängern sind nur neun Prozent zufrieden. Die Demokratiezufriedenheit hat somit den tiefsten Stand seit 1998 erreicht.

Ein Großteil der Befragten – ein Drittel – nannte „Rechtsextremismus“ und „Rechtspopulismus“ als „aktuell größte Gefahr für die Demokratie in Deutschland“. 20 Prozent aller Befragten nannten „Dysfunktionales Handeln von Politik, Institutionen, Verwaltung, Behörden“. Für die Befragten aus Ostdeutschland erwächst aus diesem Bereich eine größere Gefahr als durch den Rechtsextremismus. An dritter Stelle stehen in der gesamtdeutschen Befragung „außenpolitische Bedrohungen“. „Migration“ nennen noch acht Prozent der Deutschen – auch jeweils in West und Ost – als Demokratie-gefährdend.

Trotz Nachrichten über russische Drohnenüberflüge ist der Anteil derer gesunken, die sich „große“ und „sehr große Sorgen“ darüber machen, dass der Kreml weitere Länder in Europa angreifen könnte. Das sagen noch 63 Prozent der Befragten, ein Minus von zwei Punkten im Vergleich zum April. Die größten Sorgen machen sich SPD-Anhänger, die wenigsten jene der AfD. „Wenig“ oder „gar keine Sorgen“ machen sich demnach 35 Prozent.

Eine knappe Mehrheit der Deutschen fordert ein entschlossenes Vorgehen der Nato gegen russische Luftraumverletzungen. Auf die Frage, wie die Nato auf solche Vorfälle reagieren sollte, antworteten 54 Prozent: „mit Entschlossenheit“, 34 Prozent sprachen sich für „Zurückhaltung“ aus. Besonders unter den Anhängern der Unionsparteien und der Grünen ist der Wunsch nach Entschiedenheit verbreitet: Hier sprechen sich jeweils knapp 70 Prozent für eine entschlossene Antwort aus. Nur bei der AfD-Anhängerschaft plädiert eine knappe Mehrheit für Zurückhaltung.

Anders ist das Bild in Sachen Antisemitismus – hier fordern die Deutschen zunehmend ein weniger entschlossenes Handeln. Die Frage dazu im Deutschlandtrend lautet: „Sind die Anstrengungen in Deutschland zur Bekämpfung von Antisemitismus Ihrer Meinung nach ausreichend, gehen sie zu weit oder nicht weit genug?“ Der Anteil derer, die sagen: „nicht weit genug“, ist laut Deutschlandtrend um 16 Punkte auf 40 Prozent gesunken. Und 35 Prozent sagen: Die Anstrengungen seien ausreichend. Das sind zwölf Prozentpunkte mehr als im November 2023, der hier direkt nach dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 als Vergleichspunkt dient. Angriffe auf Juden und antisemitische Propaganda in Deutschland haben seither deutlich zugenommen.

Am deutlichsten fordern Anhänger von Grünen und Linken mehr Anstrengungen gegen Antisemitismus ein: 55 Prozent der befragten Grünen-Anhänger und 52 der befragten Linke-Anhänger sagen, diese reichten nicht weit genug. Fast niemand dagegen sagt, es werde zu viel für die Sicherheit von Juden getan – außer unter Anhängern der AfD: 19 Prozent der befragten AfD-Anhänger sagen, die deutschen Anstrengungen zur Bekämpfung von Antisemitismus seien „zu weit gehend“.

Infratest Dimap fragte auch nach Israel. 55 Prozent der Befragten sagen demnach zwar, Deutschland solle den Vorstoß der EU-Kommission, bestehende Handels- und Zollerleichterungen mit Israel auszusetzen, unterstützen. Bei Anhängern aller Parteien gibt es mehr Befürworter als Gegner der Sanktionspläne. Für den Ausschluss israelischer Sportler oder Künstler von Veranstaltungen ist indes nur eine Minderheit von 24 Prozent aller Befragten; dagegen sind 65 Prozent. In keiner Partei überwiegen Ausschluss-Befürworter.

Eine Mehrheit von 63 Prozent ist der Meinung, die militärische Reaktion Israels auf die Terror-Anschläge vom 7. Oktober 2023 sei „zu weit gehend“. Nur 15 Prozent aller Deutschen finden Israels Reaktion angemessen. Das meiste Verständnis für Israel haben Anhänger von AfD und CDU/CSU. Eine knappe Mehrheit der Deutschen ist zudem der Meinung, Deutschland solle einen Staat „Palästina“ anerkennen. Die Frage dazu lautet: „Innerhalb der EU gibt es eine Diskussion über die formale Anerkennung Palästinas als eigenständiger Staat. Wie sollte sich Deutschland positionieren?“ 55 Prozent antworteten mit „anerkennen“, 20 Prozent mit „nicht anerkennen“.

Über 50 Prozent der befragten Anhänger von Linkspartei, SPD, Grünen und CDU/CSU sind für die Ankerkennung eines palästinensischen Staates. Bei der AfD sind 43 Prozent der befragten Anhänger dafür. AfD- und Unions-Anhänger sind in dieser Frage im Gegensatz zu SPD-, Linken- und Grünen-Anhänger gespalten: bei beiden Parteien sind etwa 30 Prozent der Anhängerschaften gegen eine Anerkennung.

Zum 35. Jahrestag des Zusammengehens von Bundesrepublik und DDR fragte Infratest Dimap zudem nach dem „erreichten Stand der deutschen Wiedervereinigung“. In Westdeutschland sind 64 Prozent „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“, in Ostdeutschland nur 50 Prozent. Am unzufriedensten sind die Anhänger der Linkspartei (43 Prozent), kurz gefolgt von denen der AfD (42 Prozent). Den größten Verbesserungsbedarf sehen die Befragten aus Ost und West in Sachen Lohn- und Vermögensgleichheit.

Zur Methodik: Für den Deutschlandtrend hat Infratest Dimap zwischen dem 29. September und 1. Oktober 1306 wahlberechtigte Bürger in 779 Telefon- und 527 Online-Interviews befragt. Die Fehlertoleranz liegt zwischen zwei und drei Prozentpunkten.

Jan Alexander Casper berichtet für WELT über die Grünen und gesellschaftspolitische Themen.

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