Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) verzeichnet in seiner Stadt mit zuletzt 6,5 Prozent deutlich weniger AfD-Wähler als im Bundesschnitt. Das liegt seiner Meinung nach an seinem Umgang mit der Partei. „Tübingen ist eine bürgerlich bis grün-linke Akademikerstadt. Die meisten Bürger lehnen die AfD strikt ab. Die anderen wissen, dass ihr Bürgermeister die Themen konsequent anspricht und abarbeitet, mit denen die AfD sonst punktet. Allen voran die Einwanderungsfrage“, sagte er dem „Handelsblatt“. Den Bürgern sei es wichtig, dass er neben Klimaschutz und einer zukunftsgerichteten Politik auch für Law and Order stehe.

Im Interview betonte Palmer den Unterschied zu anderen Städten. Er würde Mittel einsetzen, wo andere Städte längst aufgegeben hätten. „Wir gehen gegen Dealer im Park vor – und ich benenne offen, dass das gambische Asylbewerber sind –, gegen Graffiti in der Unterführung und überwachen künftig den Bahnhofsplatz per Video. Und wenn wir merken, dass Zuwanderung Probleme schafft, dann gehen wir die vor Ort an.“ Ihm sei es wichtig, dass potenzielle AfD-Wähler merken, dass geltende Regeln auch durchgesetzt werden – „uns zwar sofort und mit der nötigen Härte“. Für Palmer ist die Migrationspolitik der „wesentliche Hebel“ gegen die AfD.

Im Umgang mit AfD-Politikern warnt er zudem vor dem „Opfermythos“. Diesen würde man stärken, wenn man sie von Posten fernhalte, die ihnen aufgrund von Wahlergebnisse zustehen würden. „Ich halte es etwa für merkwürdig, dass man in Baden-Württemberg das Landtagspräsidium so lange verkleinert hat, bis der Sitz für die AfD herausgefallen ist.“

„Ich halte die Ausgrenzung, vor allem auch der zehn Millionen AfD-Wähler, für einen Fehler“, sagte er. Aber: Wenn es das Wahlergebnis nicht erzwinge, sollte die AfD nicht aktiv in eine Regierung einbezogen werden. Am Ende sei klar: „Die AfD-Leute können es nicht und schaden unserem Land, ganz besonders der Wirtschaft.“

Sollte die AfD in einem Bundesland stärkste Kraft werden – wonach es etwa in aktuellen Umfragen im Osten Deutschlands aussieht –, plädiert Palmer für einen anderen Umgang: „Dann kann eine Zwangssituation entstehen, in der eine Regierungsbeteiligung möglicherweise doch opportun ist. Und dann wäre es gut, wenn man verfassungsrechtliche Schranken hochzieht. Also zum Beispiel sagt: Innen- oder andere Verfassungsministerien gehen nicht an die AfD.“

Mit Blick auf die Wählernachfrage sagte Palmer im Interview: Es sei für die Demokratie der größte Gewinn, „wenn die AfD sich von den Nazis in ihren Reihen trennt und eine rechtskonservative Partei wird, wie wir sie aus den 50er-Jahren kennen“. Es wäre für ihn dann zwar immer noch keine Partei, bei der er das Land in guten Händen sähe, aber „demokratisch wünschenswert“.

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