Streeck fordert Selbstbeteiligung von Patienten – Merz spricht von „zweifelhaftem Europa-Rekord“
Der CDU-Politiker Hendrik Streeck fordert eine Selbstbeteiligung von Patientinnen und Patienten, um Kosten im Gesundheitswesen zu senken. „Hier kann eine moderate, sozialverträgliche Selbstbeteiligung helfen, Bagatellbesuche zu reduzieren“, sagte der Gesundheitsexperte der „Rheinischen Post“. Diese sei nicht als Härte gedacht, sondern „als Steuerung – schlank organisiert und fair“, so der Virologe.
In dem Interview mahnte er auch einen Mentalitätswandel an: „Wir müssen uns von einer unsolidarischen Vollkasko-Mentalität verabschieden. Gesundheit ist keine All-inclusive-Dienstleistung des Staates. Wer mit einer Erkältung die Notaufnahme blockiert, darf nicht erwarten, sofort die gesamte Palette an Hightech-Diagnostik zu beanspruchen.“
Deutsche gehen zu oft zum Arzt, sagt Merz
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz schaltete sich in die Debatte ein. Seiner Ansicht nach gehen die Deutschen zu oft zum Arzt. „Eine Milliarde Arztbesuche in Deutschland pro Jahr (...) sind ein zweifelhafter europäischer Rekord“, sagte er in einer Rede bei einer Veranstaltung des Verbands der Maschinenbauer. Mit im Schnitt zehn Arztbesuchen pro Kopf und Jahr erreiche das Land einen „einsamen europäischen Rekord“.
Es brauche insgesamt „bessere Anreize“ in den sozialen Sicherungssystemen wie Krankenversicherung, Rentenversicherung oder Arbeitslosengeld, „mit den Ressourcen, die wir haben, sparsamer umzugehen“, führte Merz aus.
Aus der Wirtschaft kamen zuletzt Forderungen, einen oder mehrere sogenannte Karenztage einzuführen. Im Fall einer Erkrankung eines Arbeitnehmers würde dann in den ersten Tagen kein Lohn fortgezahlt.
Es gehe auch nicht darum, Versorgung einzuschränken, sagte Streeck im Interview mit der „Rheinischen Post“ weiter, sondern „darum, die notwendigen Leistungen für alle zu sichern“, so der Mediziner, der in der Corona-Pandemie bundesweit bekannt wurde.
Eine kluge Selbstbeteiligung könne sogar einen positiven Anreiz setzen für Prävention und eine gesunde Lebensführung. Dabei verwies er auch aufs Ausland: „Während Menschen in Dänemark im Schnitt viermal und in Frankreich fünfmal pro Jahr zum Arzt gehen, suchen Deutsche im Durchschnitt zehnmal pro Jahr eine Praxis auf“, sagte Streeck. Das sei zu viel, oft unnötig und belaste das System enorm.
„Klare Leitlinien müssen zeigen, wo Behandlungen tatsächlich helfen – und wo nicht“, forderte der Bundestagsabgeordnete, der auch Drogen- und Suchtbeauftragter der Bundesregierung ist. Jede überflüssige Maßnahme gehe auf Kosten derer, die medizinische Hilfe dringend bräuchten.
Warnung vor weiter steigenden Krankenkassenbeiträgen
Die Zahlen der Krankenversicherung ließen keinen Raum für Beschönigung, sagte der Bundestagsabgeordnete, der auch Drogen- und Suchtbeauftragter der Bundesregierung ist. Allein 2024 habe das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung bei über sechs Milliarden Euro gelegen. Die Rücklagen reichten gerade noch für etwas mehr als zwei Tage Versorgung.
Zugleich stiegen die Beitragssätze kontinuierlich, aktuell bereits auf über 17 Prozent. „Ohne entschlossene Gegenmaßnahmen drohen wir die 20-Prozent-Marke zu überschreiten“, warnte der CDU-Politiker.
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