• Mit dem sogenannten Steueränderungsgesetz sollen Pendler und Gastronomie Steuervorteile bekommen.
  • Geplant ist eine höhere Pendlerpauschale schon ab dem ersten Kilometer, sowie eine dauerhafte Mehrwertsteuersenkung bei Speisen.
  • Ökonomen und Verbraucherschützer kritisieren unter anderem die geplante Mehrwertsteuersenkung.

Die Bundesregierung will Pendler und Restaurants entlasten. Das Kabinett hat dazu am Mittwoch dem sogenannten Steueränderungsgesetz zugestimmt. Damit soll die Pendlerpauschale ausgeweitet und die Mehrwertsteuer auf Speisen dauerhaft von 19 auf sieben Prozent gesenkt werden.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hatte den Entwurf eingebracht, die geplanten Maßnahmen gehen aber auf die CSU zurück. Beide Vorhaben stehen auch im Koalitionsvertrag. Nach der Zustimmung im Kabinett müssen noch Bundesrat und Bundestag über das Gesetz abstimmen.

Zwischen fünf und sechs Milliarden weniger Steuereinnahmen erwartet

Die geplanten Maßnahmen führen dem Entwurf zufolge im kommenden Jahr dazu, dass der Staat 4,8 Milliarden Euro weniger Steuern einnimmt. Die Ausfälle verteilen sich ähnlich stark auf Bund und Länder, die Kommunen müssen nur einen kleineren Teil übernehmen.

In den Jahren 2027 bis 2030 wird mit weniger Steuereinnahmen zwischen 5,7 bis 6,1 Milliarden Euro pro Jahr gerechnet. Die Länder kritisieren die Pläne der Bundesregierung, weil sie befürchten, einen erheblichen Teil der Steuerausfälle tragen zu müssen. Sie fordern deshalb, dass der Bund die Kosten allein übernimmt.

Pendlerpauschale soll Mobilität im ländlichen Raum fördern

Mit der erhöhten Pendlerpauschale von 38 Cent je Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsplatz soll die Mobilität vor allem im ländlichen Raum gefördert werden. Mit dem Gesetz wird der Steuervorteil künftig schon ab dem ersten Kilometer gewährt.

Bisher gilt für die ersten 20 Kilometer ein Satz von 30 Cent pro Kilometer, ab dem 21. Kilometer dann 38 Cent.

Bei Umweltverbänden stößt die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale auf Kritik. BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg sagte, davon profitierten vor allem Menschen, die sehr gut verdienten. "Dass Menschen mit geringem Einkommen nur wenig oder gar nicht von der Erhöhung profitieren, liegt daran, dass ihre Einkünfte so niedrig sind, dass sie keine Einkommensteuer zahlen und dementsprechend nichts absetzen können", so Hilgenberg.

Dauerhaft ermäßigte Mehrwertsteuer von sieben Prozent für Gastronomie

In der Gastronomie soll ab Anfang 2026 die Mehrwertsteuer für Speisen dauerhaft auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent gesenkt werden. Damit soll die Branche, die vor allem in der Corona-Pandemie massiv gelitten hatte, unterstützt werden. Getränke sind von der Regelung ausgenommen.

Ob die Betreiber die Ersparnis an ihre Gäste weitergeben, können sie selbst entscheiden. Im Gesetzentwurf heißt es, die Weitergabe an Verbraucher sei ebenso möglich wie zusätzliche Investitionen der Betriebe.

Mehr Geld für Übungsleiter und Ehrenamtliche

Mit dem Steueränderungsgesetz soll auch die sogenannte Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale angehoben werden. Das betrifft zum Beispiel Sporttrainer, Chorleiter oder ehrenamtliche Pfleger.

Geplant ist, dass die Übungsleiterpauschale von derzeit 3.000 auf 3.300 Euro im Jahr steigt und die Ehrenamtspauschale von 840 auf 960 Euro angehoben wird.

Dehoga: Einheitliche Besteuerung ist "überfällig"

Der Gaststättenverband Dehoga hält die einheitliche Besteuerung für überfällig. Verbandspräsident Guido Zöllick sagte dazu: "Seit jeher wird das Essen zum Mitnehmen, Essen zur Lieferung wie das verzehrfertige Gericht aus dem Supermarkt, von der Tankstelle, vom Bäcker oder Metzger mit sieben Prozent besteuert".

Es gehe um Steuerfairness und die Stärkung der Gastronomie, die im harten und unfairen Wettbewerb mit anderen Essensanbietern stehe. Die niedrigere Mehrwertsteuer sei deshalb überlebenswichtig.

In einer Dehoga-Umfrage hatten zuletzt drei Viertel der Betriebe angegeben, die Pläne der Regierung könnten für eine Stabilisierung ihrer betriebswirtschaftlichen Situation beitragen. "Sechs von zehn wollen Arbeitsplätze sichern oder neue schaffen. Fast ebenso viele planen, wieder zu investieren", so Zöllick.

44 Prozent wollten ihren Gästen ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Ob und inwieweit das möglich sei, hänge aber maßgeblich von der Kostenentwicklung ab – vor allem von den Personalkosten.

Kritik: Geplante Mehrwertsteuersenkung ist "Finanz-Populismus"

Ökonomen und Verbraucherschützer kritisieren die geplante Steuersenkung in der Gastronomie. Der Finanzwissenschaftler Friedrich Heinemann vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bezeichnet die Mehrwertsteuersenkung als "Finanz-Populismus."

Alle Argumente für diese Steuersenkung seien seit langem entkräftet. Sie begünstige eher reiche Haushalte, privilegiere ungerechtfertigt eine Branche und trage zur weiteren Zersplitterung der Mehrwertsteuer bei, so Heinemann. Außerdem koste sie mit rund vier Milliarden Euro im Jahr sehr viel Geld.

Kritik kommt auch von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Geschäftsführer Chris Methmann sagte dazu: "Während Kitas, Schulen und Krankenhäuser sparen müssen und Verbraucher unter hohen Lebensmittelpreisen ächzen, bekommen Fast-Food-Konzerne ein Steuergeschenk". Allein McDonald's spare durch die gesenkte Mehrwertsteuer jährlich 140 Millionen Euro.

Die Union revanchiere sich bei der Gastro-Lobby für Wahlkampfunterstützung und Parteispenden, so Methmann. Statt Pommes und Burger zu fördern, brauche es endlich eine Steuerpolitik, die gesundes Essen bezahlbar mache – etwa durch eine Steuerbefreiung für Obst und Gemüse.

Reuters, dpa, epd, MDR (akq)

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