Bundesinnenministerium setzt türkischem Moscheeverband ein Ultimatum
Das Bundesministerium hat nach einer antisemitischen Resolution islamischer Geistlicher Zweifel an der Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Moscheeverband Ditib geäußert. In Istanbul hatten sich Ende August 150 islamische Gelehrte für den „bewaffneten Widerstand“ gegen Israel, einen Boykott des Landes und einen „weltweiten Dschihad“ ausgesprochen.
Teilnehmer und Redner der Konferenz war auch der Präsident der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas. Der Diyanet untersteht auch Ditib mit ihren Hunderten Moscheegemeinden in Deutschland.
Erbas sagte laut Medienberichten auf der Konferenz: „Das zionistische Regime begeht in Gaza einen vollständigen Völkermord. Unserer Überzeugung nach ist es haram, also verboten, angesichts von Unterdrückung zu schweigen. Deshalb kann jeder etwas tun. Der Boykott der Waren der zionistischen Besatzer muss fortgesetzt werden.“
Auf Anfrage von WELT erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Sonntag: „Die Vorgänge zeigen erneut, wie problematisch die strukturelle und personelle Anbindung von Ditib an die türkische Religionsbehörde ist. Grundvoraussetzungen der Zusammenarbeit mit Ditib sind ein klares Bekenntnis zur Werteordnung des Grundgesetzes, zur Völkerverständigung, zum Existenzrecht Israels und ein ebenso klares Bekenntnis gegen Islamismus und Antisemitismus.“
Die Bundesregierung unterstützt Ditib bei der Ausbildung von Imamen. Eine entsprechende Vereinbarung hatte die ehemalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit der Diyanet und Ditib im Jahre 2023 abgeschlossen. Anders als in der Vergangenheit sollen Imame nicht mehr direkt von der Diyanet aus der Türkei entsandt werden. Stattdessen werden überwiegend türkische Studenten in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Islamkolleg Deutschland e.V. (IKD) ausgebildet. Das Innenministerium fördert die Initiative seit dem 1. März 2025 mit 465.000 Euro.
„Anders als bei entsandten Diyanet-Imamen, die nach vier Jahren in die Türkei zurückkehren und ihren Lebensmittelpunkt in der Türkei und im Diyanet haben, sollen die von DITIB angeworbenen Imame dauerhaft ihren Dienst in den DITIB-Gemeinden in Deutschland verrichten und keine dienstrechtliche Verbindung zu türkischen Regierungsstellen haben. Maßnahmen der Integration können daher nachhaltiger wirken, als dies bei Diyanet-Imamen der Fall wäre“, hieß es dazu zuletzt aus dem Ministerium.
Doch nun werden Zweifel an dem Modell offenbar lauter. Ein Sprecher erklärte: „Wir erwarten von Kooperationspartnern der Bundesregierung eine klare Distanzierung zu Organisationen und Personen, die antisemitische Narrative verbreiten sowie islamistische Bestrebungen verfolgen oder unterstützen.“ Die Zusammenarbeit mit Vereinen und Verbänden werde gemäß dem Koalitionsvertrag auch davon abhängen, „inwieweit eine Einflussnahme und Steuerung durch ausländische Regierungen erfolgt“.
Das Ziel der Beendigung der Imam-Entsendung sei nach wie vor aktuell. Doch das Innenministerium warnt Ditib: „Ob die hierzu getroffenen Maßnahmen wie die Ausbildungsinitiative weitergeführt werden, wird auch entscheidend davon abhängen, wie sich Ditib verhält und wie erfolgreich der Prozess verläuft.“
Experten zweifeln daran, dass eine formelle Loslösung der Imame von der Diyanet den politischen Einfluss der Türkei tatsächlich schwächen kann. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Skandale um Ditib gegeben: eine Spionage-Affäre, antisemitische Ausfälle und Wahlkampfveranstaltungen in Moscheen.
Zuletzt schrieb ein Funktionär eines Ditib-eigenen Unternehmens auf Facebook zum Krieg in Gaza: „Das Problem ist die zionistische Erziehung (…), die neue Netanjahus und Smotrichs (rechtsextremer Finanzminister Israels, d. Red.) hervorbringt. Sie sehnen sich danach, die göttliche Verheißung zu verwirklichen. Deshalb muss eine Entzionifiziertung stattfinden (auch in Deutschland!!)“ Weiter sprach er von einem Volk, „das jeglicher Perversion, Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit verfallen“ sei.
Auf WELT-Anfrage erklärte Ditib dazu: „Die genannte Person repräsentiert nicht den des Ditib-Bundesverbandes (sic!) und seine Aussagen geben nicht die Position oder die Haltung der Ditib wieder.“
Die Ditib habe ihre „Position zum Krieg in Gaza in vielen Statements und Pressemitteilungen mehrfach kundgetan und an dieser Haltung hat sich nichts geändert“. Man bekräftige „nochmals die Forderung hinsichtlich einer Waffenruhe und der Aufnahme von diplomatischen Bemühungen für eine Zwei-Staaten-Lösung, so wie es von vielen europäischen Ländern gefordert wird“.
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