Warum wären Frauen in Deutschland von der Wehrpflicht ausgenommen?
Bei der Bundeswehr machen Frauen derzeit mehr als 13 Prozent der Soldaten aus. Sollte es in Deutschland wieder eine Wehrpflicht geben, dürfte dieser Anteil jedoch sinken. Denn für Frauen bliebe es in diesem Fall beim freiwilligen Dienst an der Waffe, nur Männer würden verpflichtet.
Das sorgt hierzulande für teils hitzige Debatten. Wer Gleichberechtigung fordert, muss auch die Wehrpflicht für Frauen gutheißen, sagen die einen. Andere halten dagegen und argumentieren, dass Frauen dafür in anderen Bereichen noch immer nicht gleichberechtigt sind – und die Verteidigung des Landes daher ausschließlich den Männern obliegen sollte.
Damit stellt sich unweigerlich die Frage: Warum sind Frauen überhaupt von der Wehrpflicht ausgenommen? Dafür gibt es rechtliche und historische Gründe.
Wozu Frauen bei der Bundeswehr verpflichtet werden dürften
Die allgemeine Wehrpflicht wurde in Deutschland 2011 ausgesetzt. Für eine Wiedereinführung bräuchte es keine Verfassungsänderung. Bei einem verpflichtenden Militärdienst für Frauen sieht das anders aus. Denn in Artikel 12a des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist festgelegt: Nur Männer dürfen ab dem 18. Lebensjahr im Verteidigungsfall oder im Rahmen einer Wehrpflicht zum Militärdienst verpflichtet werden.

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Zwar dürfen Frauen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren im Verteidigungsfall zu "zivilen Dienstleistungen" – etwa im Sanitäts- und Heilwesen – herangezogen werden. Sie dürfen aber "auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden", heißt es weiter. Das Grundgesetz trat 1949 in Kraft, als noch ein traditionelleres Rollenbild verbreitet war.

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Lange waren Frauen sogar vom freiwilligen Dienst an der Waffe ausgeschlossen, erst seit 2001 ist dieser für sie möglich. Ein Jahr zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Verbot wegen eines Verstoßes gegen die Europäische Gleichbehandlungsrichtlinie gekippt.
Verfassungsrechtliche Ausnahme
Ein Wehrpflichtiger zog 2006 vor Gericht, weil er eine Ungleichbehandlung darin sah, dass nur Männer zur Bundeswehr müssen. Das widerspreche dem Grundgesetz, behauptete er (nach Art. 3 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 GG). Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage ab und argumentierte unter anderem mit "größeren Belastungen" für Frauen im familiären Bereich: Die Wehrpflicht auf Männer zu beschränken, stehe zudem in keinem Widerspruch mit dem Diskriminierungsverbot in Artikel 14 der EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention), zu der sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hat.
"Die Wehrpflicht allein für Männer ist eine verfassungsrechtliche Bereichsausnahme zu den besonderen Gleichheitssätzen", erklärt Kathrin Groh, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität der Bundeswehr München im Verfassungsblog. Die Gleichberechtigung und Wehrpflicht stehen im Grundgesetz auf derselben Ebene, daher ist diese spezifische Ausnahme erlaubt. "Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht", so Groh.

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Weiter erklärt die Professorin, dass jedoch eine geschlechtsneutrale Wehrpflicht auf Verfassungsebene als Ausnahme zum Gleichbehandlungsauftrag zulässig sei. "Ob das gesellschaftspolitisch klug und durchsetzbar wäre, steht auf einem anderen Blatt." Norwegen hat die Regelung als erstes Natoland im Jahr 2015 eingeführt. Auch in Israel gibt es eine allgemeine Wehrpflicht für Frauen und Männer (eine Übersicht der Wehrpflicht in verschiedenen Ländern finden Sie hier).
In Deutschland gibt es derzeit keine Pläne, das Grundgesetz zu ändern, um einen verpflichtenden Militärdienst für Frauen zu ermöglichen. Das erklärte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion – und verweist auf das Grundgesetz. Es dürfte also bis auf Weiteres dabei bleiben, dass der Militärdienst für Frauen freiwillig ist.
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